Wie ist das Geschäft in diesem Jahr bis dato gelaufen?
Hein: 2021 verläuft für die Bank aus Sicht der Baufinanzierung sehr gut, natürlich mit allen Einschränkungen im Rahmen der Pandemie, die es gibt. Unsere Vermittler zu besuchen, war im ersten Halbjahr nicht möglich, seit Ende Juni sind wir aber wieder unterwegs. Unsere Vermittler nehmen das gerne an, und es schlägt sich auch in den Geschäftszahlen nieder. In den Monaten Juli und August gab es etwas weniger Geschäft, aber auf hohem Niveau. Grund dafür war sicher die Urlaubszeit und die Möglichkeit für die Menschen, auch wieder zu verreisen. Mittlerweile stabilisiert sich die Nachfrage aber schon wieder.
Annabrunner: Wenn ich auf die Privatkundenbank Deutschland schaue, sind wir mit der Baufinanzierung im Partnergeschäft über alle Marken sehr zufrieden. Der August war in der Tat insgesamt im Markt schwächer. Offensichtlich waren nicht nur viele Kollegen der Bank, sondern auch der Vertrieb und die Kunden im Urlaub. Der Fokus liegt bei uns ganz klar auf der Erreichung unserer ambitionierten Wachstumsziele. Dies gilt nicht nur für die Volumina, sondern natürlich auch margenseitig. Und das sieht bislang gut aus, sowohl für die DSL Bank und die Marke Deutsche Bank als auch für die BHW Bausparkasse. Keine unserer Marken bleibt hinter den Erwartungen zurück, sondern liegt sogar an der einen oder anderen Stelle weit darüber. Trotz Pandemie hält wieder ein Stück weit mehr Normalität Einzug.
Lorenz: Im Gegensatz zum Sommer 2020 merkte man im Jahr 2021 tatsächlich, da schließe ich mich meinen beiden Vorrednern an, dass das Ende des offiziellen Lockdowns zu einer Reduzierung der Nachfrage von Immobilienfinanzierungen geführt hat. Das hat sich wieder stabilisiert und wir sehen ganz normale Zahlen, die sogar weit besser ausfallen als im Vorsommer. Grundsätzlich sind wir, was unsere sehr sportlichen Ziele angeht, auf Kurs. Unsere Aufgaben sind in diesem Jahr in der Tat etwas anspruchsvoller und es stellt sich die Frage: liegt es an den Zielen, oder liegt es am Markt? Das vermag ich noch nicht einzuschätzen, da wir uns im starken Wachstumsmodus befinden und die Zahlen durchweg positiv sind. Wir merken aber insbesondere, dass trotz 2.000 geschlossener Bankfilialen in 2020 die Suche nach geeigneten Beratern für unsere Geschäftsstellen anspruchsvoll bleibt. Insgesamt ist 2021 noch ein wenig herausfordernder als 2020.
Wie hat sich die Nachfrage nach Produkten verändert?
Hein: Wir sehen erst einmal keine große Veränderung zum Vorjahr. Lediglich die Zinsbindungen werden tendenziell länger, sowohl in der Prolongation und in den Anschlussfinanzierungen, als auch im Neugeschäft. Schließlich weiß niemand, ob größere Zinserhöhungen kommen. Deshalb testen wir aktuell auch die Kundenresonanz auf 25- und 30-jährige Laufzeiten, verbunden mit der Frage, ob es gelingt, damit auch neue Kunden zu gewinnen. Es wird spannend sein zu sehen, ob das ein Konstrukt ist, das Kunden auch mit der entsprechenden Marge für die Bank so akzeptieren.
Annabrunner: Bei der Produktnachfrage hat sich in der Tat nichts verändert. Wir hatten in 2020 eine Konstellation, die wir auch heute vorfinden. Die Nachfrage nach längeren Laufzeiten nimmt tendenziell zu. Diese Entwicklung haben wir aber auch schon 2019 gesehen. Bereits damals gab es einen sehr hohen Anteil an längeren Laufzeiten; was sich im Übrigen durch alle Marken zieht. Die Kunden erwarten perspektivisch wohl offenbar auch einen Zinsanstieg.
Lorenz: Um auf das Thema Laufzeiten noch einmal einzugehen: Das befruchtet sich natürlich auch selbst. Die langen Laufzeiten sind preislich sehr attraktiv für Kunden und auch die Vermittler beraten natürlich verstärkt dahingehend. Möglichst lange Zinsbindungen einzugehen, ist eine gute Möglichkeit für Verbraucher, sich Sicherheit einzukaufen. Und das ist es, was die meisten Kunden interessiert.
Die langen Laufzeiten sind preislich sehr attraktiv für Kunden und auch die Vermittler beraten natürlich verstärkt dahingehend
Welche Rolle spielen derzeit eigentlich Produkte wie Wohn Riester und Kinderbaugeld in der Baufinanzierung?
Annabrunner: Wenn ein Kunde bei uns finanzieren möchte, fragen wir natürlich nicht nach seiner finalen Triebfeder. Wir prüfen seinen Antrag und dabei beziehen wir jede mögliche Förderung ein. Erst das eröffnet einigen Haushalten dann überhaupt die Möglichkeit für eine Finanzierung und den Schritt ins Eigentum. Einzig und allein die staatliche Förderung kann es natürlich auch nicht richten. Die individuellen Rahmenbedingungen des Kunden und seines beruflichen und finanziellen Umfeldes müssen passen. Und da liegen die Hürden mit Blick auf die Gesamtkosten einer Finanzierung und die gestiegenen Kaufpreise für eine Durchschnittsfamilie oder den Normalverdiener wirklich nicht niedrig. Jede staatliche Unterstützung, egal in welcher Form, ist da sehr willkommen.
Hein: Wir wissen auch nicht, inwieweit eine Förderung der finale Trigger für eine Baufinanzierung war. Aber es ist schon feststellbar, dass sich natürlich mit Einführung der Förderung auch Menschen mit Immobilien beschäftigt haben, die es zuvor vermutlich nicht getan hätten. Ob es etwas für den Einzelnen gebracht hat, ob er sich nicht auch vorher mit dem Thema hätte auseinandersetzen können, kann ich nicht final beurteilen. Es war ein Trigger sicherlich, aber am Ende – und das ist, glaube ich, dann auch nochmal ein Thema in der Finanzierung – hat es natürlich weitere zusätzliche Nachfrage nach Immobilien gebracht, ohne dass das entsprechende Angebot vorhanden gewesen wäre. Und das hat dann auch wiederum dazu geführt, dass es noch weitere Preissteigerungen gab. Nicht alleine, aber es war sicherlich ein nicht unbedeutender weiterer Faktor, der die Preisentwicklung beeinflusst hat. Was wir aber viel eher brauchen, ist mehr Angebot.
Lorenz: Da kann ich mich anschließen. Die Höhe staatlicher Förderbeträge sind zu gering, um zu einem erheblichen Mehrabsatz zu führen. Außerdem sind diese bereits vielfach in den Objekten eingepreist. Wir wünschen uns, dass die mittlerweile abenteuerlich hohen Erwerbsnebenkosten endlich zurückgeführt werden. Diese sind mittlerweile so hoch, dass der durchschnittliche Verbraucher bis zu zehn Jahre sparen muss, um sie zu decken. Darüber müssen Staat und Politik dringend und ernsthaft nachdenken.
Hein: Die Nebenkosten müssen auch in Euro runter. Das schaffen wir aber nur, wenn das Angebot sich vergrößert, denn dann würden sich auch die Preise in eine andere Richtung bewegen. Dabei haben wir in Deutschland einen enormen Nachholbedarf, speziell mit Blick auf die Situation in Asien und dem Tempo, in dem dort Baugebiete freigegeben werden. Dadurch, dass vielmehr im Homeoffice gearbeitet wird, ließen sich auch Baugebiete in etwas weiter von Ballungszentren entfernten Regionen schaffen, mit dann auch wieder günstigeren Preisen.
Lorenz: Das kann in der Tat sinnvoll sein, wenn die Trends der Stadtflucht und zur größeren Wohnung nachhaltig sind. Wer vorher eine Dreizimmerwohnung hatte, sucht jetzt eine Vierzimmerwohnung, weil er zusätzlich ein Büro oder auch zwei einrichten will, wenn beide Partner im Homeoffice arbeiten. Setzen sich diese Entwicklungen durch, dann bietet sich natürlich eine Chance, um auch außerhalb der Stadt Wohnungen und Häuser zu bauen, die das Angebot merklich vergrößern – mit einem positiven Impact auf die Preisentwicklung.
Annabrunner: Fakt ist aber auch, 15 Quadratmeter mehr Wohnfläche für ein Arbeitszimmer bedeuten tendenziell einen noch höheren Kaufpreis. Und ob das im Umland einer Großstadt wirklich so viel günstiger ist als im Zentrum, hängt von vielen Faktoren ab. Die Pandemie hat natürlich das Verhältnis der Menschen zu ihrem Wohnraum verändert. Aus unseren Umfragen wissen wir, dass Eigentümer bislang weit entspannter durch die Pandemie gekommen sind als Mieter. Aber eines ist natürlich vollkommen richtig: Wir werden perspektivisch zunehmend hybride Arbeitsplätze bekommen, die mehrheitlich in den ländlichen Regionen zu finden sein werden.
Die gestiegenen Kaufpreise für Immobilien treiben auch die Nebenkosten hoch. Das macht es Käufern natürlich nicht einfacher
Trotz niedriger Bauzinsen und gestiegener Einkommen hat die Höhe der Baudarlehen einen neuen Rekordwert mit deutlich mehr als 300.000 Euro erreicht – ein plus von 41 Prozent gegenüber 2010. Wie sehr belasten die Rahmenbedingungen, insbesondere auch mit Blick auf die enorm gestiegenen Nebenkosten die Bereitschaft und vor allem auch die Möglichkeiten, eine eigene Immobilie zu finanzieren, wo ist die Schmerzgrenze?
Annabrunner: Die Grenze ist nicht der Kaufpreis, die Grenze ist die monatliche Belastung. Ich bin überzeugt, dass der Vertrieb immer mehr darauf fokussieren wird, in der monatlichen Rate noch einmal sehr stark zu differenzieren zwischen echtem Zins und der Tilgung. Grundlage ist dabei die Korrelation zwischen Einkommen und monatlicher Belastung aus der Rate. Die gestiegenen Kaufpreise treiben auch die Nebenkosten hoch. Das macht es Käufern natürlich nicht einfacher: Addieren Sie einfach mal die zehn Prozent Nebenkosten auf die 300.000 in Ihrem Beispiel. Die 30.000 Euro müssten Sie dann zusätzlich auf Ihrem Konto liegen haben. Und dieses Geld wird für Kosten fällig, die keinerlei Mehrwert schaffen, was für klassische Sparer sehr ärgerlich ist. Dort werden wir an Grenzen kommen, die wir dann nicht über monatliche Belastungen lösen können. Wenn sich an den aktuellen Rahmenbedingungen nichts ändert, wird der prozentuale Anteil der Deutschen, die sich eine eigene Immobilie kaufen können, nicht steigen. Im Gegenteil: Er wird eher rückläufig sein, weil viele Menschen erst gar nicht die Chance erhalten, Wohneigentum zu erwerben. Diejenigen, die kaufen können, tun das dagegen gar nicht selten auch noch zum zweiten, dritten oder vierten Mal.
Womit wir dann wieder bei dem Thema Eigentumsbildung sind, das durch dieses Szenario wieder ad absurdum geführt wird.
Lorenz: Die aktuelle Bundesregierung hatte ursprünglich den Bau von 1,5 Millionen neuer Wohnungen geplant. Aktuell ist jedoch rund die Hälfte nicht vorhanden oder fertiggestellt. Das treibt den Markt, zumal der Deutsche andere Assetklassen bekanntermaßen scheut. Ausländische Investoren, die stark investieren, fungieren dann als Brandbeschleuniger bei der Immobilienpreisentwicklung. Das geht so lange, bis es keiner mehr bezahlen kann. Wir sehen, dass die Wachstumszahlen etwas nachlassen, aber es ist immer noch Luft nach oben.
Hein: Eine Obergrenze, lässt sich nicht definieren. Dafür hat Deutschland viel zu unterschiedliche Immobilienregionen. Es wird sich eher – und da bin ich bei Herrn Annabrunner – in der Kreditwürdigkeit ausdrücken: Wie hoch bin ich bereit, den Teil meines Einkommens in Wohnen zu investieren? Oder auch: Wie bereit bin ich, aber auch wie akzeptiert das der Finanzierungspartner? Darüber hinaus ist die Prosperität der jeweiligen Region und seine Perspektive entscheidend. Schließlich will ich nicht heute investieren und morgen geht der Wert nach unten, weil die Region an sich an Attraktivität verliert. Also das ist sicherlich ein weiterer Aspekt, den es zu berücksichtigen gilt.
Sprechen wir einmal über die Themen Zinsen und Inflation. Kommt auf die Inflation jetzt auch ein Anstieg der Baufinanzierungszinsen? Einige Experten sehen bereits 1,25 Prozent oder noch mehr, was auf das derzeitige Niveau bezogen eine Versechsfachung wäre. Ist das aus Ihrer Sicht realistisch oder ein Schreckgespenst?
Hein: Von diesen Extrempositionen halte ich nichts, weil sie in der Regel nie eingetreten sind. Grundsätzlich glaube ich aber schon, dass wir einen leichten Anstieg sehen werden, insbesondere, wenn die EZB die Anleiheankäufe etwas zurückfährt und in Amerika vielleicht die Fed wieder stärker an der Zinsschraube dreht. Aber ich glaube nicht, dass wir in der nächsten Zeit einen starken Anstieg sehen werden. Denn das würde die Staaten in Europa, die noch stark verschuldet sind, sehr belasten.
Die hohe Inflation wird sich regulieren, denn auch die europäische Geldpolitik hat gar kein Interesse daran
Annabrunner: Die Staatsanleihen waren insgesamt in den letzten Wochen ein bisschen rückläufig. Ich denke auch, dass dieser Trend nicht so lange anhalten wird. Wenn man insgesamt auf die Inflation in der Eurozone und auch in den USA blickt, dann wird automatisch ein bisschen Druck auf unsere Staatsanleihen entstehen, mit höheren Zinsen als Folge. Ein Grund zur Panik ist das zwar nicht, bedeutet aber dennoch: Auch 0,5, oder 0,8 Prozent höhere Zinsen könnten bei der aktuellen Preissituation und dem Preisniveau dazu führen, dass einige Menschen nicht mehr die Möglichkeit haben, am Kauf- oder Finanzierungsgeschehen teilzunehmen. Wir haben allerdings als Konzern in den letzten Jahren bereits immer auch mit einer fiktiven, entsprechend höheren Annuität gerechnet. Darum können wir auch heute davon ausgehen, dass nach wie vor ein großer Teil unserer heutigen Kunden ihre Vorhaben auch perspektivisch finanzieren können.
Lorenz: Beim Thema Inflation sehe ich einen temporären Peak. Das aktuelle Lieferkettenproblem führte zu einem Nachfrageüberhang, der auch höhere Rohstoffpreise und Energiekosten zur Folge hatte. Die hohe Inflation wird sich regulieren, denn auch die europäische Geldpolitik hat kein Interesse daran – Zinssteigerungen sind gar nicht machbar. Und seien wir mal ehrlich: Bei einem der letzten Roundtables haben wir über Minuszinsen gesprochen. Und wenn wir jetzt darüber reden, dass Zinsen mittelfristig vielleicht um 0,2, oder 0,3 Prozentpunkte steigen könnten, dann wird das für alle Beteiligten verkraftbar sein.
Vorhin war schon einmal die Nachfrage kurz Thema und dass diese nach wie vor deutlich höher liegt als das Angebot. Die Situation könnte sich zukünftig noch weiter zuspitzen. Nach einer aktuellen Umfrage unter den 14 bis 19-Jährigen wollen 90 Prozent mit 30 Jahren bereits in den eigenen vier Wänden leben. Inwieweit ist das realistisch angesichts immer unsicherer werdenden Berufs- und Vermögensperspektiven?
Lorenz: So individuell, wie Menschen in diesem Alter vielleicht in ihrem Lebenswandel sind, so konservativ sind sie beim Thema Finanzen. Doch bevor das eigene Häuschen gekauft wird, neigt man heute eher zur Kapitalanlage. Dies auch aufgrund der Tatsache, dass bei jüngeren Generationen eine hohe Mobilität gefordert ist, sei es ein Auslandssemester oder der Jobwechsel in eine andere Stadt. Ich nehme zumindest wahr, dass früh darüber gesprochen wird: Vielen Jüngeren gefällt der Gedanke, mit Immobilien ein passives Einkommen zu generieren.
Steigen die Bauzinsen um bis zu 0,8 Prozent könnten einige Menschen eine Immobilie nicht mehr finanzieren
Hein: Ich sehe es etwas anders. Es mag sein, dass dieser Wunsch da ist, vor allem, wenn es die Eltern vorleben. Aber ich glaube, in dem Alter schon zu sagen, dass man mit 30 in den eigenen vier Wände sein will, ist wenig realistisch, weil bis dahin noch viele andere Dinge im Leben passieren können, die diesen Wunsch zurücktreten lassen. Natürlich sehen wir auch das Thema Vererben. Wenn man dadurch als junger Mensch in den Immobilienbereich reinschnuppert, dann mag die Kapitalanlage am Ende auch wieder eine Alternative sein. Aber in der breiten Masse halte ich das für schwierig, nicht, dass es nicht finanzierbar wäre, da gibt es sicherlich Modelle. Aber ich glaube einfach, unter dem Blickwinkel der eigenen Priorität und was ich in den Vordergrund stelle, dann wird das meines Erachtens nicht als Erstes die Immobilie sein.
Annabrunner: Man müsste erstmal die Definition der „eigenen vier Wände“ klären. Das kann ja als Einsteigermodell zunächst auch ein kleines Appartement sein. Ich glaube, dass die persönliche Sozialisation der Menschen dabei ganz wesentlich ist. Wie ist man aufgewachsen? War das eigene Haus die Normalität, oder waren die Eltern Mieter? Diejenigen, die aus Angst vor der Zukunft stets alle Eventualitäten berücksichtigen wollen, werden am Ende des Tages immer Mieter bleiben. Andere haben den Mut zu sagen: „Komm, ich pack das an und kaufe eine Immobilie für meine heutigen Bedürfnisse und nicht unbedingt für die Ewigkeit“. Aber noch viel wichtiger ist die veränderte Anspruchslage dieser Käuferschicht an uns Banken. Wie gehen diese Menschen mit dem Thema Immobilie um, wie wollen sie kaufen und finanzieren? Ist das wirklich so elitär und kompliziert, wie es ihr Vater ihnen immer erzählt hat? Oder ist es doch so einfach, wie sie es jetzt digital erleben können? Und was hat das für Auswirkungen auf ihr Einkaufsverhalten und die Erwartungen an die Banken?
Stichwort Erwartungshaltung. Immer mehr Baufi-Kunden stammen aus der Generation Y. Wie tickt die neue Generation der Baufi-Kunden und wie gehen Baufinanzierer auf die veränderten Bedürfnisse ein?
Lorenz: Dass Immobilien generell eine gute Kapitalanlage sind, hat jeder verstanden. Insofern ist der Wunsch nach einer eigenen Immobilie eben bei rund 80 Prozent der Deutschen vorhanden. Die Frage ist die Darreichungsform. Die Generation, die jetzt kommt, will es transparent, schnell und verständlich. Wenn Sie in den sozialen Medien unterwegs sind, wird das sehr intensiv diskutiert. Viele Startups entstehen auch aus diesem Gedanken heraus: Das muss doch einfacher gehen! Und die Baufinanzierung ist in großen Teilen unnötig kompliziert, wenn wir mal ganz ehrlich sind. 20 bis 30 Prozent der Finanzierungen sind eigentlich ganz einfach und könnten in einer Stunde entschieden sein. Und da müssen wir hin.
Der jungen Generation geht es vor allem um die Themen Schnelligkeit, Verfügbarkeit und Flexibilität
Hein: In der Tat geht es dieser Generation besonders um die Themen Schnelligkeit, Verfügbarkeit und Flexibilität. Und wenn ich über Verfügbarkeit rede, dann heißt das natürlich, digital muss vieles passieren und am besten muss es 24/7 abschließbar sein. Das sind die Herausforderungen, die auf die Banken zukommen werden. Deswegen entwickeln viele Banken, so wie auch wir, eine eigene digitale Strecke. Darüber hinaus muss sich eine Flexibilität im Produkt widerspiegeln. Die Thematik Umzug, beruflich bedingter Umzug, alles das muss eine flexible Baufinanzierung für diese Generation leisten. Hinzu kommt die Flexibilität bei Rückzahlungen oder auch in Sondertilgungsmöglichkeiten etc.
Annabrunner: Ich glaube auch, dass der entscheidende Trigger die Form der Kommunikation ist. Das heißt, die heutige Wirtschaftskommunikation ist nicht die Kommunikation der Generation X, die Sie gerade beschrieben haben. Es besteht sogar oft ein großes Unverständnis, warum bestimmte Medien von uns Banken teilweise nicht akzeptiert werden. Insofern haben wir natürlich versucht, uns auf die DSGVO-konformen Lösungen zurückzuziehen. Wir bespielen also die uns „erlaubten Medien“. Das sind dann aber nicht zwingend immer diejenigen, die unsere Kunden wollen und/oder erwarten oder gerne selber funktional nutzen. Zum einen hat sich also die Bereitschaft, Informationen auszutauschen, deutlich verändert. Das gilt auch für die Beratung. Dabei ist das Produkt an sich gar nicht so entscheidend wie die deutlich zunehmende Bedeutung der digitalen Medien. Ich freue mich aber, dass gerade im Partnergeschäft nach wie vor die persönliche Beratung gesucht wird. Das heißt, die klassische persönliche Beratung am Schreibtisch oder beim Kunden zuhause, telefonisch, per Videochat… alle denkbaren Varianten werden genutzt. Devise: Es muss einfach sein, es muss smart sein, es muss verfügbar sein.
Kommen wir zum Schluss noch zum Trendthema Nachhaltigkeit. Welche Rolle spielt die grüne Baufinanzierung derzeit?
Hein: Sie spielt auf jeden Fall eine Rolle. Aktuell läuft in unserem Direktgeschäft ein Test mit der KfW, bei dem Kunden Energietipps gegeben werden, nach dem Motto: Was kann er beim Kauf einer Immobilie noch an der Immobilie selbst tun, um dort eine bessere Energieeffizienz zu bekommen, das Haus langfristig wertstabil zu halten und zusätzlich etwas gegen den CO2-Ausstoß zu tun. In der Baufinanzierung selbst arbeiten wir in dieser Richtung auch an einem neuen Produkt. Schlussendlich wird auch die Regulatorik dafür sorgen, dass das Thema vorangetrieben wird, etwa dass man auch in der Refinanzierung entsprechend günstiger an Konditionen kommt. Aber es ist natürlich auch ein Eigenantrieb der Bank da, die natürlich ihren Beitrag zur CO2-Reduzierung leisten will. Deshalb muss man natürlich auch mit Produkten, Prozessen und Angeboten in Richtung Kunde präsent sein. Das wird ein ganz wichtiger Baustein werden.
Annabrunner: Eine echte konsequente Einbeziehung der ESG-Kriterien in der Baufinanzierung ist noch Zukunftsmusik. Das Thema hat für uns aber trotzdem höchste Priorität. Das zeigt sich beispielsweise bei einem Baudarlehen, das wir in der Marke DSL Bank anbieten, bei dem bestimmte förderfähige Komponenten mit einem Zinsabschlag belegt werden. Oder auch bei einem Klimadarlehen aus der Produktwelt der BHW Bausparkasse, das wir ab Mitte Oktober anbieten werden. Der klassische grüne Aspekt, der aber auch eine wirtschaftliche Komponente hat, wird alle Banken in Zukunft sehr beschäftigen. Bedarf besteht ohne Ende, aber die konsequente Einbeziehung von ESG sieht für mich noch anders aus.
Lorenz: Wir freuen uns über jedes grüne Darlehensangebot, weil es unseren Job einfacher macht. Die Nachfrage ist kundenindividuell und hängt davon ab, wie stark er sich mit dem Thema im Vorwege befasst hat. Wir wissen, dass die meisten Kunden, die sich das erste Mal sich mit dem Thema Baufinanzierung befassen, wenig Vorbildung zu dem Thema haben und insofern sehr stark darauf angewiesen sind, dass auch wir diesen Aspekt thematisieren. Der erfahrene Kunde hingegen fragt solche Produkte konkret nach. Mit der nächsten Käufergenerationen wird es immer selbstverständlicher sein, dass wir grüne Produkte im Angebot haben. Denn wenn wir das Angebot nicht bedienen, ruft das andere Spieler auf den Plan. Es gibt ausreichend Geld im Markt und es gibt eben auch Fondsgesellschaften, die über grüne Produkte nachdenken, um diesen Markt bedienen zu können.
Hein: Das werden die Banken schon aus Eigeninteresse tun und nicht nur aus dem Kundenbedarf heraus, sondern auch aus dem Bedarf heraus, dass man natürlich dort auch in der Refinanzierung, etc. entsprechende Vorteile generieren kann. Also da bin ich schon überzeugt, zumindest in einer gewissen Größenordnung der Banken. Ich weiß nicht, ob das für jede kleine Bank, für jede regionale Bank dort so infrage kommt, aber zumindest die großen Banken werden es.
Annabrunner: Da bin ich zu 100 Prozent dabei. Wir haben uns als Konzern auch ganz klar zu ESG-Zielen verpflichtet und das auch gegenüber dem Kapitalmarkt kommuniziert. Insofern werden wir alles daransetzen, diese Ziele nicht nur zu erreichen, sondern zu übertreffen.