Roß: Wir haben die komplette Breite in der Arbeitskraftabsicherung: von der Grundfähigkeit, über die Dread-Disease bis hin zu dem Premium-BU-Produkt. Damit lässt sich immer ein adäquates Produkt finden. Um den Preis zu senken, wären kürzere Laufzeiten bis zum 62. oder 63. Lebensjahr eine Alternative. Wenn zuvor genug Kapital angespart wurde. Ein Wort noch zu den jungen Kunden: Richtig ist, der Gesundheitszustand ist der Beste, der Einstiegspreis in der Regel der Günstigste und es gibt gute Optionstarife, wo man mit einer Grundfähigkeitsversicherung einsteigt und später dann in eine Berufsunfähigkeitsversicherung für Schüler wechseln kann. Doch ich möchte nicht Heerscharen von Vermittlern auf diese Zielgruppe ansetzen. Grundsätzlich gilt es, jedem Kunden ein Angebot für eine ordentliche Beratung zu machen und das Risikobewusstsein zu schärfen. Dann gibt es eine valide Entscheidungsgrundlage. Wenn der Kunde am Ende dann zum Entschluss kommt, auf eine Absicherung zu verzichten, würde ich dafür plädieren, das zu dokumentieren.
Ludwig: Spannenderweise registrieren wir signifikant viele Berechnungen bei den genannten Gruppen. Die Makler nehmen sie als Zielgruppe wahr. Weil hier die gesundheitliche Prüfung eine andere ist als bei einem Mitvierziger mit Bandscheibenvorfall. Einsteigertarife sind für Schüler oder Studenten mit kleinem Budget ideal. Jemanden, der im Berufsleben steht, sollte aber keinen niedrigeren Anfangsbeitrag wählen. Entweder er kann sich eine BU leisten oder nicht. Bei der Rentenhöhe sollte aber in keinem Fall gespart werden. Ein 500-Euro-BU-Vertrag bringt im Zweifel nichts, weil er auf die Grundsicherung angerechnet wird. In dem Fall wäre eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung, eine Grundfähigkeitsversicherung oder eine Dread-Disease die bessere Alternative. Die erwähnten Nachversicherungsgarantien sollte man unbedingt beachten. Damit hat man die Chance, die Rente nach oben anzupassen, wenn das Einkommen steigt.
Canada Life bietet die BU, Dread-Disease und Grundfähigkeitsversicherungen an, Zurich die BU, die EU, die Dread-Disease, die GFV und die Existenzversicherung; Swiss Life hat die BU, die GFV und die EU für bestimmte Berufsgruppen. Lassen Sie uns bitte auflösen, welches Produkt für wen passend ist?
Roß: Beratung ist der Schlüssel. Wie sieht die aktuelle Lebens- und Versicherungssituation aus? Dann die Fragestellung, was hilft im Worst-Case? Braucht es eine Einmalzahlung oder eine laufendende Rente? Das alles ist hochindividuell. Und genauso hochindividuell ist auch die Absicherung. Die Grundfähigkeit bietet die Möglichkeit, ganz bestimmte Fähigkeiten abzusichern. Das sind oftmals Fähigkeiten, die ich im handwerklichen Bereich benötige. In der Regel ist das Thema Psyche dort nicht integriert. Das wiederum spielt aber in den gesamten akademischen Berufsbildern eine wichtigere Rolle. Hier wäre ich tendenziell eher bei einer BU-Versicherung. Aber ich warne davor, dieses Raster pauschal über alle Berufsgruppen zu legen. Denn über allem schwebt der Gesundheitszustand. Je nachdem, wie es um den steht, sind wir ganz schnell auf einer anderen Ebene. Wie oft haben wir den Fall, dass der Kunde mental den Vertrag abgeschlossen hat und der Versicherer entscheidet, dass der Kunde nicht versicherbar ist. Wenn ich flexibler in derartige Gespräche gehe, habe ich nach hinten heraus als Berater viel mehr Optionen. Lebenssituation, finanzielle Lage, gesundheitlicher Zustand gehören an den Anfang der Beratung. Und darauf aufbauend sollte dann das oder die Produkte ausgewählt werden.
Lerch: Die Art der Absicherung hängt auch mit der Lebenssituation zusammen. Welche Vorerkrankungen gibt es? In welchem Umfeld bewegt sich der Kunde? Pauschal die Absicherung nur am Preis und Beruf festzumachen, ist zu kurz gesprungen. Der Kunde muss letztlich beurteilen können, ob er sich die Absicherung leisten kann. Man sollte eine Analyse durchführen und darauf dann das Produkt abstellen. Wenn der Kunde für eine BU-Monatsrente von 1.000 Euro 200 Euro Beitrag zahlen kann und möchte, muss das akzeptiert werden. Vielleicht ist hier auch eine Staffelung besser. Bei der Absicherung eines Hauskaufs ist für mich die Dread-Disease eine Option.
Ludwig: Eine richtige Arbeitskraftabsicherung haben wir nur mit der BU oder EU. Die anderen Produkte sind Ausschnittsdeckungen. Nur die BU und EU stellen eine Verknüpfung zur Möglichkeit, Erwerbseinkommen zu erzielen, her. Eine Grundfähigkeiten-Rente kann ich bekommen, obwohl ich noch arbeiten kann. Genauso kann ich komplett berufsunfähig sein und trotzdem keine Rente aus der Grundfähigkeitsversicherung erhalten. Wir haben hier nur eine Ausschnittsdeckung. Wohingegen wir bei der BU und EU die Verknüpfung haben. Dennoch: Ich habe lieber eine ordentliche GFV als eine schlechte BU oder EU-Versicherung, die im Zweifel noch viel zu niedrig angesetzt ist.
Hammer: Wir sind sehr froh, dass die Palette mittlerweile deutlich weiter gefächert ist als vor ein paar Jahren, als es nur die BU gab. Für uns und die Beraterinnen und Berater ist das Motto, möglichst wenig Menschen unversorgt zurücklassen zu müssen. Denn mit der BU werden wir nicht jeden versorgen können. Wichtig ist, dass in Beratungen immer wieder die elementare Bedeutung der Arbeitskraftabsicherung und der finanziellen Folgen thematisiert werden. Mit welchem Konzept die Absicherung am Ende dargestellt wird, das entscheidet der Kunde. Eine ergebnisoffene Beratung durchzuführen ist unserer Meinung nach daher auch am erfolgversprechendsten. Man sollte da auch nie in Schwarz oder Weiß denken. Viele Vermittler kombinieren mittlerweile die Absicherungsmodelle. Anstatt nur BU oder nur die GFV zu wählen, werden ganz individuell zwei Modelle maßgeschneidert miteinander verknüpft. Als Versicherer haben wir den Vorteil, dass wir hier diverse Lösungen anbieten können.
Eine Umfrage zeigt, 88 Prozent aller Kunden kennen zwar die BU, aber nur 22 Prozent die Grundfähigkeiten. Ein weiteres Problem ist, dass es beim Thema Grundfähigkeitsversicherung die Angebotsvielfalt die Vergleichbarkeit erschwert. Wäre mehr Homogenität nicht förderlich im Sinne der Transparenz?
Lerch: Wem nutzt diese Homogenität. Wir haben die Grundfähigkeit quasi erfunden und sind im Jahr 2000 damit auf den deutschen Markt gekommen. Das Produkt, das vollkommen aus dem Rahmen fällt und nicht vergleichbar ist, war für uns der Türöffner. Es wäre natürlich einfacher, wenn man Leistungskataloge gegenüberstellen könnte. Es ist ja letztlich die große Crux, warum die BU heute so aussieht, wie sie aussieht. Dazu haben ja die Ratings geführt. Wenn das gleiche Schicksal der Grundfähigkeit blüht, sehen die Produkte am Ende gleich aus.
Roß: Ich bin um jeden froh, der neu in die Branche kommt, uns aufwühlt, animiert. Gerade der Wettbewerb sorgt dafür, dass die Produkte sukzessive immer besser werden. Ich kann verstehen, dass man nach Vergleichsmöglichkeiten sucht, um es auch gegenüber dem Kunden besser darlegen zu können. Aber dafür gibt es Rating-Institute. Sie bringen Transparenz in den Markt. Es bleibt aber auch ein Stück weit Arbeit des Beraters. Wenn wir nur noch gleiche Produkte haben, die sich allenfalls preislich differenzieren, braucht es keine Berater mehr. Wir wollen die Flexibilität und Breite der verschieden Produkte und Lösungen. Wir wollen den Wettbewerb. Und wir wollen die Beratung beim Kunden, weil die Arbeitskraftabsicherung ein individuelles Thema ist.