Der Vertrieb muss sich entsprechend umstellen, doch behält er eine vergleichbare Produktpalette. Wenn eine Gruppe jedoch entscheidet, kein Lebensversicherungsgeschäft mehr zur schreiben, dann sind die Konsequenzen für den Vertrieb ungleich gravierender.
Von allen Optionen zieht der oben erwähnte externe Run-Off die größte Aufmerksamkeit auf sich, denn ein Bestand wird in fremde Hände gegeben. Gerade die aktuellen Fälle ziehen das allgemeine Interesse auf sich. Doch ist die Kritik von Medien und Verbraucherschützern gerechtfertigt? Professionelle Abwickler argumentieren, dass sie dank modernerer IT und kleineren Strukturen deutlich effizienter arbeiten. So entstehen Kostenüberschüsse, die auch den Versicherungsnehmern ausgezahlt werden können.
Kunden sind Nutznießer
Außerdem wird die Kapitalanlage ertragsorientierter gestaltet, sodass die Kunden auch davon profitieren, da diese Überschüsse zum großen Teil an sie weitergegeben werden. Die Nutznießer des externen Run-Offs sind also neben den Versicherern und den Plattformen vor allem auch die Kunden: Sie behalten die Sicherheit ihrer Garantien und haben darüber hinaus noch Chancen auf höhere Überschüsse – alles Tatsachen, die die Versicherer noch zu selten kommunizieren.
Während der externe Run-off die Gemüter immer weiter erhitzt, rückt ein weiteres Modell immer mehr ins Blickfeld: Das Geschäft bleibt rechtlich in den Büchern des Versicherers, doch wirtschaftlich wird es durch Auslagerung des Betriebs übertragen. Hierbei übernimmt der Versicherer die Vertragsverwaltung für andere Versicherer, ergänzt um eine Rückversicherungslösung, die einen Transfer aller Risiken inklusive der Kapitalmarktrisiken abdeckt. Die Vereinbarung zwischen dem Versicherungsnehmer und seinem ursprünglichen Versicherer bleibt damit erhalten – und dennoch kann durch Outsourcing eine Effizienzsteigerung erzielt werden.
Interessen der Versicherungsnehmer im Fokus
Und ganz gleich welches der Modelle am Ende verfolgt wird: Die Interessen des Versicherungsnehmers bleiben im Fokus. Um diese zu wahren, bedarf es in Zeiten von Niedrigzins, Kostendruck und zunehmender Zwänge durch Regulierung einer effizienten Strategie für das Bestands-Management. Und daher werden wir auch in Zukunft noch weitere Transaktionen sehen, in denen sich einzelne Versicherer von Lebensversicherungsbeständen oder Teilen der Bestände trennen werden.
Autor Michael Klüttgens ist Head of Insurance Consulting and Technology bei Willis Towers Watson
Foto: Willis Towers Watson