Ulrike Kastens, Analystin für den Euroraum bei Sal. Oppenheim, ist positiv für die Konjunktur in Deutschland gestimmt.
Seit der Finanzkrise hat sich die Stimmung der deutschen Konsumenten nahezu kontinuierlich verbessert und das GfK-Konsumklima kletterte auf mehr als zehn Punkte. Ein guter Arbeitsmarkt und steigende Einkommen ließen vor allem die Anschaffungsneigung ansteigen.
Zuletzt konnte sich der Optimismus zwar nicht mehr weiter fortsetzen, an unserer positiven Einschätzung des privaten Konsums hat sich aber nichts geändert: Er wird weiter eine solide Säule für die Konjunktur bilden, zumal von der außenwirtschaftlichen Entwicklung doch ein kräftigerer Gegenwind drohen könnte. Bis jetzt sind die deutschen Unternehmen optimistisch gestimmt, was auch an der Zunahme der Exporte in die EWU-Länder liegt. Die Risiken haben aber durch die Schwellenländerproblematik zugenommen.
Sorgen um Schwellenländer nehmen zu
Unter den großen Industrieländern in der EWU hat Deutschland die stärkste Abhängigkeit vom Export, der knapp 40 Prozent des BIP ausmacht. Frankreich, Italien und Spanien schneiden dabei deutlich schlechter ab. Außerdem hat die Bedeutung des Intrahandels innerhalb der EWU in den letzten Jahren zugunsten der restlichen Welt abgenommen.
War Letzteres in den vergangenen Jahren eine Quelle des Wachstums, entwickelt es sich nun zum Bumerang. Zwar erwarten wir keine Rezession in den gesamten Schwellenländern. Die Prognosen dürften aber in den kommenden Wochen deutlich nach unten korrigiert werden. Da sie jedoch mit ihren eigenen strukturellen Problemen zu kämpfen haben werden, sind die Absatzchancen für deutsche Unternehmen deutlich begrenzter als in der Vergangenheit.
Ausblick bleibt optimistisch
Trotz der zunehmenden Risiken sind die Chancen für eine weitere wirtschaftliche Erholung weiterhin gut. Auch zukünftig wird der Staat mit steigenden Steuereinnahmen rechnen können. Eine besondere Herausforderung stellen die Kosten für die nach Deutschland kommenden Flüchtlinge dar: Nach aktuellen Berechnungen plant die Bundesregierung Mehrausgaben für die geschätzten 800.000 Flüchtlinge in Höhe von sechs Milliarden Euro.
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Dies entspricht etwa 0,2 Prozent des BIP. Da an anderer Stelle keine Einsparungen geplant sind, erhöht sich die gesamtwirtschaftliche Nachfrage um diesen Betrag. Insgesamt ist Zuwanderung zwar positiv für die deutsche Volkswirtschaft. Aktuell sind die Prognosen über die noch anlaufenden Kosten aber sehr unsicher. Gleiches gilt für die Anerkennung der Flüchtlinge als Asylsuchende.
Foto: Sal. Oppenheim