Viele Anleger haben im dritten Quartal 2011 die Risiken in ihren Portfolios massiv reduziert, wodurch besonders Schwellenländeraktien unter Druck kamen. Eine Kaufgelegenheit, denn zukünftig sollten Titel aus den Emerging Markets weltweit wieder am besten performen.
Gastkommentar: Philipp Bärtschi, Bank Sarasin & Cie
Zusätzlich sorgte die Angst vor einer harten Landung in China für einen großen Ausverkauf von Schwellenländeraktien. Die jüngsten Wirtschaftsdaten zeigen jedoch, dass sich die Weltwirtschaft stabilisiert hat und eine weiche Landung in den Schwellenländern bald geschafft ist. Sowohl in China als auch in den übrigen wichtigen Schwellenländern wie Brasilien, Russland, Indien und Korea ist das Geschäftsklima im Oktober gestiegen. Wenn sich die Kehrtwende bestätigt, dürfte dies in den nächsten Monaten zu einer deutlichen Outperformance von Schwellenländeraktien führen.
Kaufgelegenheit: weiche Landung und tiefe Zinsen beflügeln Aktien
Seit 2010 versuchten die Zentralbanken in den Schwellenländern mit Zinserhöhungen das Wachstum zu dämpfen, um eine Überhitzung zu vermeiden. Die Wachstumsverlangsamung in den letzten Quartalen war somit das Resultat einer restriktiven Geldpolitik. Nun scheint sich aber eine Wende abzuzeichnen. So hat Brasilien im letzten Monat bereits zum zweiten Mal die Zinsen gesenkt.
In Indien hat die Zentralbank zwar im Oktober die Zinsen noch einmal erhöht, aber bereits signalisiert, dass damit das Ende des Zinszyklus erreicht sei. In China wird zwar noch nicht von einer Zinssenkung gesprochen, doch es gibt Anzeichen, dass die Zentralbank die Wirtschaft wieder mit mehr Liquidität versorgt. Die in den kommenden Tagen veröffentlichen Inflationsdaten dürften zeigen, dass der Zenit überschritten ist und somit Raum für eine expansivere Geldpolitik besteht.
Renditepotenzial 30 Prozent
Neben der Stabilisierung der Frühindikatoren und der Wende in der Geldpolitik spricht auch die aktuelle Positionierung der Anleger für eine Outperformance der Schwellenländer. Die jüngste Umfrage von Bank of America Merrill Lynch unter globalen Vermögensverwaltern zeigt, dass die Positionen in Schwellenländeraktien zu Beginn des vierten Quartals 2011 deutlich reduziert wurden. Die aktuelle Netto-Übergewichtung von neun Prozent liegt deutlich unter dem langjährigen Schnitt von 27 Prozent. Dies bedeutet, dass bei einem Anstieg des Risikoappetits der Anleger die Geldflüsse in Schwellenländer wieder deutlich zunehmen dürften.
Aufgrund des Spardrucks in den Industrieländern ist es wohl unbestritten, dass die Schwellenländer auch in den nächsten Jahren deutlich stärker wachsen werden als die Industrieländer. Das dritte Quartal 2011 hat jedoch einmal mehr gezeigt, dass auch Schwellenländeraktien bei einem Anstieg der Risikoaversion nicht vor Rückschlägen gefeit sind. Im Gegenteil: Sie verlieren oft überproportional an Wert. Die Rückschläge in den letzten Jahren zeigten aber auch, dass daraus gute Kaufgelegenheiten entstehen. Die Bank Sarasin sieht daher für die nächsten zwölf Monate ein Renditepotenzial von 30 Prozent und bevorzugt China vor Indien und Russland.
Der Autor Philipp Bärtschi ist Chefstratege bei der Bank Sarasin & Cie AG.
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