Die Entscheidung des BGH zum Versteegen-Urteil macht nachdenklich. Sie reduziert das gesetzliche Leitbild des Maklers auf die Vorschriften der Paragrafen 59 ff. VVG. Diese regeln aber nur die Tätigkeit des Maklers bei der Anbahnung des Versicherungsvertrages. Ein Kommentar von Jürgen Evers, Kanzlei Blanke Meier Evers Rechtsanwälte
Die vertrags- und risikobegleitenden Pflichten des Maklers aus dem Maklervertrag mit dem Kunden sind gesetzlich nicht geregelt. Sie sind richterrechtlich ausgeformt. Dabei kann der gesetzliche Rahmen der Vorschriften der Paragrafen 93, 98 HGB aber nicht völlig unbeachtet bleiben. Denn wird der Makler unbeschadet des Doppelrechtsverhältnisses, in dem er sich befindet, auf einen ausschließlichen Interessenwahrer des Kunden reduziert, so wird er zum bloßen Einkaufsvertreter des Kunden.
Es kann keineswegs davon ausgegangen werden, Makler benötigten keine Kenntnisse des Haftpflichtrechts
Dies bedeutet für den „Makler“ im Streitfall, dass er nach Paragraf 84 HGB als Handelsvertreter zu qualifizieren wäre, weil er auf Dauer von dem Textilreinigungsunternehmer mit der Beschaffung von Versicherungsschutz betraut worden ist. Dann aber darf er nicht mehr – auch nicht mehr im Bereich der Schadenregulierung – als unparteiischer Mittler oder ehrlicher Makler zwischen Kunde und Versicherer agieren. Entgegen der Entscheidung kann auch keineswegs davon ausgegangen werden, Makler benötigten keine Kenntnisse des Haftpflichtrechts. Diese werden sowohl im Rahmen der für die Erlaubnis zur Ausübung der Tätigkeit vorgeschriebenen Sachkundeprüfung verlangt. Und sie sind auch zur Taxierung der Deckungssumme unumgänglich.
Interessenkonflikte können nicht um jeden Preis vermieden werden
Auch die Risiken von Interessenkonflikten rechtfertigen das Verbot der Schadenregulierung in der Haftpflichtversicherung nicht. Zum einen muss der Haftpflichtversicherer die Interessen des Textilunternehmers wahrnehmen, indem er begründete Ansprüche befriedigt und unbegründete abwehrt. Zum anderen kommt dem Makler bei der Schadenregulierung eine wichtige Funktion als unparteiischer Mittler zu. Denn er überwacht damit zugleich den Regulierungsvorgang. Wird er vom Versicherer angewiesen, einen Schaden unvollständig zu regulieren, ist er nicht gehindert, beide Parteien darauf aufmerksam zu machen, dass und aus welchen Gründen er die vorgenommene Regulierung als unvollständig ansieht.
Makler ist nicht Organ der Rechtspflege
Vor allem aber muss klar sein, dass Interessenkonflikte nicht um jeden Preis vermieden werden können. Der Makler ist Gewerbetreibender. Als solcher verfolgt er eigene Erwerbsinteressen. Er ist nicht Organ der Rechtspflege. Würde man alle Interessenkonflikte vermeiden wollen, müsste man auch die courtagefinanzierte Vermittlung von Versicherungen verbieten.
Autor ist Rechtsanwalt Jürgen Evers, Kanzlei Blanke Meier Evers Rechtsanwälte.
Lesen Sie hier, wie der BGH zu seiner Entscheidung kam und diese begründete.
Foto: Kanzlei Blanke Meier Evers