Schick (IVD): „Man muss das Problem bei der Wurzel packen“

Enteignung, Mietendeckel und Wohnungsnot – diese drei Themen stehen am Immobilienmarkt im Fokus. Cash.Online nimmt dies zum Anlass und fragt bei Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbandes (IVD) nach.

Was hält der IVD generell vom Mietendeckel?

Auf Bundes- als auch auf Landesebene wird eine weitere Begrenzung der Mieten diskutiert. Konkrete Pläne gibt es derzeit aber nur im Land Berlin. Dort hat am 18. Juni 2019 der Berliner Senat Eckpunkte zur Einführung eines Mietendeckels beschlossen.

Wir lehnen Mietendeckel prinzipiell ab, weil sie in jeder Hinsicht kontraproduktiv sind. Mit einem Mietendeckel wird der Wohnungsmangel nur verwaltet. Die eigentliche Ursache für steigende Mietpreise, dass nämlich mehr Nachfrage nach Mietwohnungen besteht als auf dem Markt angeboten werden, wird dadurch nicht beseitigt.

In Berlin beispielsweise fehlen derzeit rund 132.000 Wohnungen. Der Mietendeckel wird den Mangel an Wohnungen weiter drastisch verschärfen, denn seitens der Wohnungswirtschaft wird die Investitionsbereitschaft in Bestand und Neubau sinken.

Im Wohnungsbestand wird die Substanz dem Verfall preisgegeben, was die Zahl der verfügbaren Mietwohnungen mittelfristig reduzieren wird. Bereits jetzt meldet das Berliner Bauhandwerk rückläufige Zahlen und Auftragsstornierungen.

Darüber hinaus wird der Mietendeckel auch das Erreichen klimapolitischer Ziele torpedieren. Denn sowohl energetische Modernisierungsmaßnahmen im Bestand als auch der Neubau energieeffizienter Wohnungen werden zurückgefahren.

Mietendeckel sind auch juristisch äußerst fragwürdig. Bundesländer wie Berlin fehlt die notwendige Gesetzgebungskompetenz. Das Mietpreisrecht ist nämlich Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung zwischen Bund und Ländern.

Einige Vermieter haben bekannt gegeben, dass Sie die Mieten vor Inkrafttreten nicht anheben werden. Welche Gründe sprechen aus Ihrer Sicht dafür und welche sprechen dagegen?

Aus der Frage klingt heraus, dass Vermieter nur dem Ziel der höchstmöglichen Mieten folgen und sich rechtfertigen müssten, wenn sie dieser Maxime nicht folgen. Das stimmt nicht. Viele Vermieter sind daran interessiert, ihre Bestandsmieter zu halten.

Sie erhöhen die Mieten nur im Rahmen der anfallenden Kosten, nicht aus Gründen der Gewinnmitnahme. Außerdem haben auch viele Vermieter starke Zweifel an der Verfassungskonformität von Mietendeckeln. Deshalb besteht für sie auch kein Handlungsdruck.

Der Mietendeckel besitzt das Ziel, dem stetig sinkenden Wohnraum bei zugleich steigenden Mieten in Ballungsgebieten gerecht zu verteilen. Kann eine Festschreibung von Mieten dabei helfen oder führt dies dazu, dass die ohnehin schon aus den Ballungsräumen verdrängten nun weiter an die Ränder gedrängt werden?

Wir erwarten, dass der Berliner Mietendeckel die Ungerechtigkeit auf dem Mietwohnungsmarkt noch verschärfen wird. Denn wenn die Zahl verfügbarer Wohnungen sinkt, wird sich der Konkurrenzdruck um die wenigen freien Wohnungen weiter verschärfen.

Da Vermieter meist den solventesten Interessenten den Zuschlag erteilen, werden die Haushalte mit dem geringsten Einkommen das Nachsehen haben.

Welche Maßnahmen würden Sie anstelle des Mietendeckels lieber ergreifen? Anders gefragt: Welche Alternativen gibt es aus Ihrer Sicht zum Mietendeckel, die ggf. wirksamer das Problem bekämpfen?

Man muss das Problem bei der Wurzel packen. Dass bedeutet, den Nachfrageüberhang auf den Mietwohnungsmärkten der Ballungsräume durch verstärkten Neubau auszugleichen. Wir brauchen mehr Neubau in allen Preiskategorien, vor allem auch beim bezahlbaren Wohnen.

Die Politik kann und muss dabei unterstützen, indem Genehmigungsverfahren beschleunigt, Bauvorschriften und -normen entschlackt, Nachverdichtung erleichtert und mehr Bauland mobilisiert werden.

Auch sollten sowohl die Grunderwerbsteuer als auch die Mehrwertsteuer auf Bauleistungen reduziert werden. Die Politik sollte auch prüfen, inwieweit der Wohnungsbau in den nachgefragten Segmenten stimuliert werden kann. Denn der größte Mangel besteht im Segment für Ein- und Zweiraumwohnungen.

Schließlich sollten Bund und Länder endlich Abstand nehmen von immer neuen regulatorischen Eingriffen auf dem Wohnungsmarkt. Verschärfung der Mietpreisbremse, Mietendeckel auf Länder- und Bundesebene, Vorkaufsrechte und Enteignungen – das alles verunsichert Investoren zunehmend.

Foto: Shutterstock

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