Doch die Deutschen waren nicht nur beim Kaufen von Schiffsfonds und der Containerflotte Spitze, sondern auch bei der entsprechenden Kreditvergabe: Die HSH Nordbank AG war einst der größte Schiffsfinanzierer der Welt, der Hunderten von Schiffsfonds überhaupt erst zur Taufe verholfen hat.
Heute steckt die Bank selbst in massiven Schwierigkeiten und ist nur ein Schatten früherer Größe. Die Verluste der bis vor kurzem landeseigenen und nun verkauften Bank wurden auf den Steuerzahler übertragen.
Desaster können sich jederzeit wiederholen
All die Versäumnisse, Schiebungen und Delikte sind nie gebührend aufgeklärt worden – weder juristisch noch politisch. Heute nun ist der Markt von Schiffsfonds praktisch tot.
Viele Mechanismen, die ich in dem Buch beschreibe, sind jedoch bis heute gültig – solche Desaster können sich jederzeit wiederholen und sie tun es leider auch. Denn bei vielen Anlagemodellen stehen Investoren nur zum Zeitpunkt des Verkaufs im Mittelpunkt des Interesses.
Heute gibt es andere Finanzprodukte, mit denen Investoren und vor allem auch Privatinvestoren Schiffbruch erleiden: Für Containerschiffe braucht man schließlich Container.
Parallelen von P&R und Schiffsfonds
Auch dafür wurde ein spezielles Finanzvehikel aufgelegt, allen voran durch den größten Anbieter P&R, der im März Insolvenz angemeldet hat. Auf der Kippe steht die abenteuerliche Summe von 3,5 Milliarden Euro für rund 1,7 Millionen Container.
Zehn Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise bangen erneut zehntausende Anleger um ihr Geld. Und die Parallelen sind frappierend: P&R und Schiffsfonds gemein sind die relativ einfachen Verkaufsdarstellungen dem Anleger gegenüber, die obendrein weit von den tatsächlichen Erlösen entfernt sind.
Zudem wurden dem Anleger Schiffsfonds ausdrücklich als „Sachwertinvestment“ verkauft wurde. Dieses Etikett sollte wichtige Attribute wie Substanzkraft, Sicherheit oder Inflationsschutz wiederspiegeln. Doch tatsächlich hat die Finanzierungskonstruktion daraus meist ein reines Finanzinvestment gemacht.
Ermittlungen noch in vollem Gange
Der Substanzwert, das Schiff also, lag von Anbeginn als Sicherheit bei den Banken. Der Anleger hat letztlich und völlig unbewusst in die Chance von Zahlungsströmen investiert – und dabei verloren. Im Falle von P&R sieht es scheinbar – nach den bisher vorliegenden Informationen – ähnlich aus.
Aus Sicht des Anlegers ist offenbar auch dort kein Sachwertinvestment erfolgt, sondern es sind bestenfalls Finanzforderungen gegen Unternehmen verkauft worden – die eben auch in die Insolvenz gehen können. Wo also Sachwertinvestment drauf stand, war alles andere als ein Sachwert drin.
Die Ermittlungen und Recherchen in punkto P&R sind noch in vollem Gange, der Nebel hat sich noch nicht gelichtet. Doch auch hier steht zu befürchten, dass die Initiatoren kein ehrliches Interesse am Erfolg der Produkte hatten, sondern nur auf ihren Vorteil bedacht waren. Näheres werden bald die Erkenntnisse des Insolvenzverwalters zeigen.
Autor Niels Andersen ist ein auf Kapitalmarktrecht spezialisierter Berliner Rechtsanwalt. Nähere Informationen zu seinem Buch finden Sie hier.
Foto: APS Financial Law
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