Schnee und Eis auf dem Balkon: Wer bei versäumter Räumung für Schäden haftet

Tim Wistokat
Foto: von Poll Immobilien GmbH
Tim Wistokat

Der Winter steht vor der Tür und mit den kalten Temperaturen zieht es die Menschen zurück in ihre warmen Häuser und Wohnungen. Der Balkon spielt – wenig verwunderlich – in der kalten Jahreszeit eine eher untergeordnete Rolle. Pflanzen, Sonnenliegen und Co. sind bereits winterfest verpackt. Was kann also auf dem Balkon schon passieren?

Aber gerade wenn es schneit und friert und Wasserabläufe eines Balkons nicht regelmäßig von Schnee und Eis befreit werden, kann es zu Wasserschäden am Gebäude kommen. In solch einem Fall können Vermieter allerdings erwirken, dass der Mieter für die Schäden aufgrund der versäumten Räumung haften muss. Das hat das Amtsgericht Neukölln am 5. Oktober 2011 (Az: 13 C 197/11) entschieden.

„Ist streitig, ob der Vermieter oder der Mieter für Beschädigungen an Mieträumen verantwortlich ist, muss nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2004 (Az: XII ZR 71/01) zunächst der Vermieter sämtliche Anhaltspunkte entkräften, die in seiner Zuständigkeit liegen könnten. Hat er dies getan, ist es nun Sache des Mieters zu beweisen, dass der Schaden nicht aus seinem Verantwortungsbereich stammt. Dabei reicht es nicht aus, die Vorwürfe lediglich zu bestreiten. Der Mieter muss konkrete Beweise dafür liefern, dass die Schadensursache nicht in seiner Verantwortung liegt. Diese Aufteilung der Darlegungs- und Beweislast gilt entsprechend auch dann, wenn der Schaden außerhalb der vermieteten Wohnung eingetreten sowie eine anderweitig vermietete Wohnung ebenfalls betroffen ist. Darüber hinaus muss Uneinigkeit darüber bestehen, ob die Schadensursache aus dem Verantwortungsbereich des Mieters stammt, dessen Wohnung nicht vom Schaden betroffen ist“, erklärt Dr. Tim Wistokat, LL.M., Rechtsanwalt und Head of Legal Department bei von Poll Immobilien.

Im verhandelten Fall vermietete der Kläger der beklagten Mieterin eine Wohnung im Obergeschoss. Die Mieterin informierte den Vermieter darüber, dass sie für die Dauer ihres Mutterschutzes in den nächsten acht Wochen nicht in der Wohnung sein und dass eine Freundin in dieser Zeit auf die Wohnung aufpassen werde. In dieser Zeit teilte der Bewohner der darunterliegenden Wohnung dem Vermieter mit, dass vom Balkon der Obergeschoss-Mieterin Wasser in sein Wohnzimmer dringen würde, aber die Nachbarin nicht erreichbar wäre. Schlussendlich alarmierte er die Feuerwehr, die sich mittels einer Drehleiter Zugang zum Balkon verschaffte, um einen Wasserablauf von Eis zu befreien. Der vereiste Abfluss habe dazu geführt, dass geschmolzener Schnee unter die Balkontür zunächst in das Wohnzimmer der Beklagten eingedrungen sei und daraufhin in der Wohnung darunter die Decken und Wände des Wohn- und Schlafzimmers durchfeuchtet habe. Die beklagte Mieterin beantragte die Klage abzuweisen und verwies auf diverse bauliche Mängel am gesamten Mietobjekt sowie einen möglichen Wasserrohrbruch, wodurch der Wasserschaden im Gebäude entstanden sein soll. Die Klägerin verlangte von der Mieterin die Zahlung der Schadensbeseitigungs- und Reparaturkosten sowie des Mietausfalls aufgrund der Mietminderung des Mieters mit dem Wasserschaden zuzüglich Zinsen seit Klageerhebung. Der Gesamtschaden belief sich auf 3.095,19 Euro.

Vorwürfe nicht hinlänglich entkräftet

Das Amtsgericht Neukölln hat zu Gunsten des Vermieters entschieden. Der Kläger hat gemäß der Paragraphen 280 Absatz 1 und 281 Bundesgesetzbuch einen Anspruch auf Erstattung, der ihm durch den Wasserschaden entstandenen Kosten. Die Mieterin konnte nicht entkräften, dass der Wassereintritt nicht auf einem durch Vereisung blockierten Abfluss am Balkon beruhte und somit außerhalb ihres Verantwortungsbereichs liegt. Daher entschied das Amtsgericht, dass die Beklagte die Vorwürfe des Vermieters nicht hinlänglich entkräften konnte und somit auch für die Beschädigungen am Gebäude die Verantwortung trage.

„Letztendlich geht es dem Gericht hier um eine Beweisfrage. Daher ist es wichtig, dass Vermieter in einem Fall wie diesem die entstandenen Schäden, die zugrundeliegenden Ursachen sowie die anfallenden Kosten für die Instandsetzung genauestens dokumentieren. Diese Aspekte sind von erheblicher Bedeutung, damit Vermieter jegliche Verantwortung ihrerseits zurückweisen können und eine Aussicht auf die gesamte oder anteilige Erstattung der Schadenssumme besteht“, erläutert Wistokat. „Kann der Eigentümer einer vermieteten Immobilie jedoch nicht beweisen, dass die Ursachen für Beschädigungen am Gebäude außerhalb seiner Verantwortung liegen, gerät der Mieter gar nicht erst in die Beweispflicht. In diesem Fall müssten die Kosten zur Behebung der Schäden höchstwahrscheinlich vom Vermieter selbst getragen werden.“

Fazit: Das Amtsgericht Neukölln hat entschieden, dass der Eigentümer der vermieteten Wohnungen einen Anspruch auf die vollumfängliche Erstattung des Feuchtigkeitsschadens hat, der durch den vereisten Balkonzufluss entstanden ist. Darüber hinaus hat das Gericht festgestellt, dass die angeklagte Mieterin nicht hinlänglich beweisen konnte, dass die Ursache für den Wassereintritt vom Balkon außerhalb ihres Verantwortungsbereichs liegt.

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