Im Juni müssen sich die Schweizer entscheiden, ob sie ihr bisheriges Geldsystem beibehalten oder ein Experiment wagen. Der Verein Monetäre Modernisierung setzt sich dafür ein, dass das Vollgeld eingeführt wird. Damit würden die Kompetenzen der Geschäftsbanken stark eingeschränkt.
Die Schweizer können über eine fundamentale Änderung ihres Banken- und Geldsystems abstimmen. Die Bundesregierung in Bern hat am Mittwoch die Volksabstimmung über die sogenannte Vollgeld-Initiative für den 10. Juni zugelassen. Diese will, dass künftig alle Franken Geld der Nationalbank sind.
Im gängigen Finanzsystem existiert nur ein kleiner Teil des Geldes tatsächlich in Form von Münzen und Geldscheinen. Buchgeld entsteht zum Beispiel, wenn Banken Kredite vergeben. So lassen sich größere Zahlungen schnell von Konto zu Konto verrechnen. Buchgeld ist lediglich eine Forderung des Kontoinhabers an seine Bank, die entsprechende Summe ist nicht durch Bargeld gedeckt.
Eingeschränkte Kreditvergabe
Zugleich soll das im Banken- und Kreditsystem übliche elektronische Buchgeld eingeschränkt werden. „Die wichtigste positive Auswirkung ist, dass die Guthaben auf Zahlungskonten genauso sicher wie Bargeld werden. Deshalb ist der Staat nicht länger gezwungen, in Schieflage geratene Banken zu retten“, schreiben die Initiatoren.
Finanzexperten sehen den Vorstoß äußerst kritisch. Die Kreditvergabe, die im Wesentlichen auf Buchgeld beruhe, würde massiv erschwert. Außerdem könne der Wert des Franken leiden. Regierung und Parlament haben sich eindeutig gegen die Initiative ausgesprochen und sie als riskantes Experiment bewertet.
Eine wichtige Aufgabe von Banken ist die Fristen- und Liquiditätstransformation: Einlagen können von Kontoinhabern täglich abgehoben werden, sind also kurzfristig, dennoch vergeben Banken langfristige Kredite. Das ist möglich, weil Kunden nur einen kleinen Teil ihres Kapitals abheben. Vollgeld würde den Spielraum der Banken einschränken und Kredite verteuern.
Vertrauen in Banken oder Staat?
Die Schweizer Nationalbank befürchtet nach Berichten der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ), dass das Kreditgeschäft zentralisiert wird.Die Nationalbank würde durch Vollgeld selber in die Rolle des Kreditgebers gedrängt und immer mehr Aufgaben der privaten Geldinstitute übernehmen müssen. Sie warnte vor falschen Anreizen, politischer Einflussnahme und fehlendem Wettbewerb.
Die Schweiz wäre die erste moderne Volkswirtschaft, die zu einem Vollgeldsystem wechseln würde. Hinter dem Volksbegehren steht der Verein Monetäre Modernisierung. (dpa-AFX/kl)
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