Wir stehen am Beginn einer neuen Weltordnung. Was sind die treibenden Faktoren aus Ihrer Sicht und welche Schwellenländer sind dafür augenscheinlich am besten gewappnet?
Garcia: Die globale Ordnung befindet sich im Wandel und zwei zentrale Faktoren dürften die kommenden zehn Jahre maßgeblich prägen: Erstens die technologische Dominanz durch Künstliche Intelligenz (KI). Länder wie China, Taiwan und Südkorea sind hier besonders gut positioniert, da sie über starke Halbleiterindustrien, führende Technologieunternehmen und staatliche Innovationsförderung verfügen. Zweitens der demografische Wandel, der langfristig Wachstumspotenziale verschiebt. Schwellenländer mit einer jungen, wachsenden Bevölkerung wie Indien, Indonesien und die Philippinen profitieren von einem zunehmenden Arbeitskräfteangebot, steigendem Konsum und strukturellen Reformen. Diese Kombination aus Technologieführerschaft und demografischem Vorteil wird entscheidend dafür sein, welche Volkswirtschaften in der neuen Weltordnung dominieren. Wir sind der Auffassung, dass Asien sehr stark von diesen Trends profitieren wird.
Wie ist der Berenberg Emerging Asia Focus Fund darauf vorbereitet?
Garcia: Der Fonds ist gezielt darauf ausgerichtet, um von diesen strukturellen Entwicklungen profitieren zu können. Einerseits investieren wir entlang der gesamten KI-Wertschöpfungskette – von Halbleitern und Speicherchips über Test- und Fertigungsprozesse bis hin zu Softwarelösungen, die künstliche Intelligenz ermöglichen. Andererseits setzen wir auf den boomenden Konsumsektor in Asien, der von einer wachsenden Mittelschicht und steigender Kaufkraft profitiert. Hier fokussieren wir uns auf Luxusgüter, Gesundheitsdienstleistungen, Schönheitsprodukte und die Automobilbranche. Diese strategische Kombination erlaubt es uns, durch aktive Einzeltitelselektion von langfristigen Wachstumstrends zu profitieren und gezielt Chancen in den dynamischsten Volkswirtschaften Asiens zu nutzen.
Wie sieht der Investmentprozess des Fonds aus und was unterscheidet ihn von anderen Schwellenländerfonds? Wie erfolgreich war er damit?
Garcia: Der Berenberg Emerging Asia Focus Fund verfolgt einen Bottom-up-getriebenen Qualitätsansatz, der sich von vielen traditionellen Schwellenländerfonds unterscheidet. Unser Fokus liegt auf hochwertigen Geschäftsmodellen in Asien – Unternehmen, die über strukturelle Wettbewerbsvorteile verfügen und dadurch nachhaltig überdurchschnittliche Profitabilität erzielen. Mithilfe eines systematischen Screenings analysieren wir ein Universum von über 1.500 Unternehmen und selektieren daraus 40 bis 45 Titel mit der besten Kombination aus Wachstum, Rentabilität und langfristigem Potenzial.
Unser aktiver Ansatz zahlt sich aus: Seit der Fondsauflage im Dezember 2022 konnten wir unsere Benchmark übertreffen und gehören im Wettbewerbsvergleich zum Top-Quartil. Dies bestätigt unsere Strategie, auf Qualität und strukturelles Wachstum zu setzen, anstatt kurzfristigen Marktzyklen hinterherzulaufen.
Schauen wir auf die beiden Schwergewichte China und Indien. Während das Reich der Mitte noch immer darum kämpft, wirtschaftlich wieder Boden unter die Füße zu bekommen, läuft der Aktienmarkt in Indien seit Jahren rund. Was ist von den beiden Ländern im Jahr 2025 zu erwarten und welche Rolle spielen sie für den Berenberg Emerging Asia Focus Fund?
Garcia: Wir sehen in beiden Ländern Potenzial, allerdings mit unterschiedlichen Dynamiken. Indien bleibt die spannendste strukturelle Wachstumsstory in Asien – getragen von einer jungen Bevölkerung, zunehmender Industrialisierung und Digitalisierung. Niedrige Verschuldungsgrade der Unternehmen und die zunehmende Durchdringung verschiedener Konsumsektoren unterstützen den strukturell positiven Trend. Für 2025 sind wir jedoch positiver auf China gestimmt. Trotz geopolitischer Unsicherheiten bieten sich hier selektive Investmentchancen, da viele chinesische Unternehmen mit starken Fundamentaldaten überzeugen: höhere Kapitalrenditen, starke Free-Cashflow-Rendite, steigende Dividenden, verstärkte Aktienrückkäufe und eine geringere Verschuldung. Zudem ist der chinesische Markt historisch günstig bewertet und in globalen Portfolios unterrepräsentiert. Besonders interessant ist die beschleunigte KI-Anwendung durch DeepSeek sowie die zunehmende Technologie-Lokalisierung.
Wie beeinflussen geopolitische Spannungen zwischen den USA und China, die Anlagestrategie des Fonds?
Garcia: Unser Investmentansatz stellt Unternehmen und ihre Geschäftsmodelle in den Vordergrund – nicht kurzfristige geopolitische Entwicklungen. Wir vermeiden extreme Länderwetten und passen unsere Ländergewichtungen taktisch an, um Risiken zu steuern. Gleichzeitig achten wir auf eine breite Diversifikation innerhalb der einzelnen Märkte, um Abhängigkeiten zu reduzieren. Ein Bereich, der unabhängig von potenziellen Handelszöllen stark wächst, ist die Technologie-Lokalisierung in China. Da China seine Abhängigkeit von ausländischer Technologie reduziert, profitieren lokale Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von Halbleitern bis hin zu Softwarelösungen. Dies eröffnet attraktive Investmentchancen, selbst in einem herausfordernden geopolitischen Umfeld.
Wie beurteilen Sie das aktuelle Wachstumspotenzial asiatischer Schwellenländer im Vergleich zu etablierten Märkten, auch vor dem Hintergrund einer weniger berechenbaren Politik der USA?
Garcia: Asiatische Schwellenländer bieten weiterhin überdurchschnittliches Wachstumspotenzial, gestützt durch eine junge Bevölkerung, steigende Produktivität und technologische Fortschritte. Länder wie Indien, Indonesien und die Philippinen profitieren zudem von einer Verlagerung globaler Lieferketten infolge der Handelskonflikte zwischen den USA und China. Zwar kann die restriktive US-Zinspolitik kurzfristig Kapitalabflüsse auslösen, doch attraktive Bewertungen und starkes Gewinnwachstum bieten langfristige Chancen. Die US-Politik bleibt ein Unsicherheitsfaktor – eine protektionistische Wende könnte Risiken schaffen, aber auch neue Märkte und alternative Produktionsstandorte begünstigen.
Welche kurzfristigen und langfristigen Trends sehen Sie für Schwellenländer in Asien?
Garcia: Die kurzfristigen Trends in asiatischen Schwellenländern werden stark von der makroökonomischen Stabilisierung und einer möglichen Zinswende in den USA geprägt. Eine Lockerung der Geldpolitik könnte Kapitalflüsse zurück in die Region lenken und insbesondere Technologie- und Konsumwerte beflügeln. Gleichzeitig bleibt der Handelskonflikt zwischen den USA und China ein Unsicherheitsfaktor, der aber die Neuordnung der globalen Lieferketten beschleunigt – mit positiven Auswirkungen für andere asiatische Länder. Ein weiterer wichtiger Treiber ist die beschleunigte KI-Adoption, die zu steigenden Investitionen in Rechenzentren, Halbleiter und Cloud-Dienste führt. Vor allem China investiert massiv in seine digitale Infrastruktur, um von diesem Trend zu profitieren. Die langfristigen Trends werden durch strukturelle Faktoren bestimmt. Die Demografie spielt dabei eine entscheidende Rolle, da Länder mit einer jungen Bevölkerung wie Indien, Indonesien und die Philippinen langfristig von steigender Kaufkraft und Urbanisierung profitieren. Gleichzeitig gewinnt die technologische Unabhängigkeit in Ländern wie China, Indien und Südkorea immer mehr an Bedeutung.
Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung der asiatischen Märkte bezüglich Innovation und Digitalisierung?
Garcia: Die Digitalisierung und der Durchbruch von KI-Technologien sind zentrale Wachstumstreiber für asiatische Märkte. Investitionen in Technologie, digitale Dienstleistungen und AI-gestützte Innovationen profitieren von langfristigen strukturellen Trends und bieten überdurchschnittliches Wachstumspotenzial. China forciert seine technologische Eigenständigkeit mit Investitionen in Halbleiter, Automatisierung und künstliche Intelligenz. Indien und Südostasien erleben eine digitale Revolution, getrieben durch die wachsende Internetdurchdringung und die zunehmende Nutzung mobiler Zahlungssysteme. Taiwan und Südkorea bleiben führend in der Produktion von Hochleistungshalbleitern und AI-Hardware, die essenziell für Cloud-Computing und Datenzentren sind.
Das Interview wurde vor der Verhängung umfangreicher Zölle durch US-Präsident Donald Trump geführt.
Interview: Frank O. Milewski, Cash.