Das vergangene Jahr war für Schwellenländeranleihen extrem herausfordernd. Belastend wirkt vor allem der Mix aus stark steigenden Zinsen, hoher Inflation und starkem US-Dollar. Zudem gab es makroökonomischen Gegenwind durch die pandemiebedingte Wachstumsabschwächung in China und den Ukraine-Krieg. Hinsichtlich der Spreads haben sich die Auslandsschulden als Anlageklasse angesichts der Turbulenzen vergleichsweise gut entwickelt.
Mit Blick auf die künftige Entwicklung sind wir vorsichtig optimistisch. Neben den Bewertungen, die nicht so überzeugend aussehen, sprechen auch technische Faktoren wie die geringe Positionierung in der Anlageklasse und die negative Nettoemissionen für Emerging Markets-Anleihen. Zudem beginnt sich das Tempo der Teuerung in den aufstrebenden Märkten allmählich zu verlangsamen. Im derzeitigen Umfeld stellen Schwellenländerbonds in einem globalen Rentenportfolio ein wichtiges Diversifizierungsinstrument dar. Um diesem Paradigmenwechsel zu begegnen, bedarf es eines selektiven Vorgehens.
Derzeit sind wir in Bezug auf Ägypten sehr vorsichtig. Positiv präsentiert sich hingegen die Lage in den lateinamerikanischen Staaten Chile, Peru und Panama, die in Bezug auf ihre Fundamentaldaten sehr solide und weniger stark von dem Konflikt in der Ukraine betroffen sind. Gleichzeitig gibt es auf dem Kontinent Länder wie Argentinien und Ecuador, deren Bonitätskennzahlen viel niedriger sind und deren Spreads über 1000 liegen.
Ecuador bietet gleichwohl eine Sonderstory. Wir gehen davon aus, dass das erhöhte politische Risiko in dem Land an der Westküste Südamerikas durch gute Fundamentaldaten und sehr interessante Bewertungen mehr als ausgeglichen wird. Ecuador wurde im Zuge der zunehmenden politischen Unsicherheiten übermäßig abgestraft und kann, da sich die wirtschaftlichen Rahmendaten nicht massiv verschlechtert haben, kurzfristig Chancen bieten, auch wenn es ein sehr riskanter Kredit bleibt. Die Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das drohende Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten keine Konsequenzen nach sich zieht.
Golfstaaten in strategisch günstiger Position
Eine ganze Region, die vom aktuellen wirtschaftlichen und politischen Umfeld profitieren kann, sind die Mitgliedsstaaten des Golfkooperationsrats (GCC). Staaten wie Saudi-Arabien, Katar und Oman sind besser in der Lage, eine potenzielle Verschlechterung der Wirtschaftslage zu verkraften, da sie über beträchtliche Vermögen verfügen und nur wenig auf die weltweiten Zinssätze reagieren. Zudem sind sie dank ihrer enormen Öl- und Gasvorkommen Nutznießer der Energieknappheit und befinden sich in einer strategischen Position, die sowohl Handelsbeziehungen mit Russland, als auch mit dem Westen einschließt.
Autor Emanuele Del Monte ist Senior Portfolio Manager bei Eurizon.