Vorstandsvorsitzender Ulrich Mitzlaff präsentierte auf der Bilanzpressekonferenz Details zum geplanten Zusammenschluss mit der Stuttgarter Lebensversicherung, der ab dem 1. Juli mit dem ersten konkreten Schritt in einen Gleichordnungskonzern überführt wird. „Wir sprechen dann nicht mehr vom ‚möglichen‘ Zusammenschluss“, so Mitzlaff, „sondern wir haben ihn begonnen – es ist wie eine Verlobung. Die Eheschließung erfolgt später.“
Das unter dem Projektnamen „Vereint stärker“ laufende Vorhaben ist nach Angaben Mitzlaffs „voll im Zeitplan“. In 15 sogenannten Workstreams werde derzeit intensiv an operativen, rechtlichen, vertrieblichen und strategischen Fragestellungen gearbeitet.
Eine Herausforderung bleibt aktuell noch das Kartellrecht: „Momentan bremst uns, dass wir vieles noch nicht dürfen, was wir gerne machen würden. Zum 1. Juli werden diese Fesseln aber weitgehend gelockert“, so Mitzlaff. Eine kartellrechtliche Unbedenklichkeitserklärung liege bereits vor, sodass ein langwieriges Fusionsprüfverfahren der Phase 2 entfallen könne.
Due Dilligence – Mitzlaff: „Keine „Red Flags“
Die zuvor durchgeführten Due-Diligence-Prüfungen – rechtlich, steuerlich, finanziell und aktuarisch – verliefen laut Mitzlaff erfreulich unaufgeregt: „Auf keiner Seite gibt es Red Flags, also schwerwiegende Risiken. Einige wenige gelbe Hinweise wurden aus anwaltlicher Vorsicht so klassifiziert.“ Insgesamt sei das Projekt getragen von einem starken Vertrauensverhältnis und hoher Motivation auf beiden Seiten: „Wir wachsen sehr schnell zusammen, auch kulturell. Es macht allen Beteiligten sehr viel Spaß.“
Zum 1. Juli erfolgt die Gründung eines Gleichordnungskonzerns, in dem die SDK und die Stuttgarter Lebensversicherung als gleichrangige Gesellschaften verbunden sind. Mitzlaff vergleicht das Modell mit einer Verlobung: „Die Eheringe kommen etwa 15 Monate später.“ Ein zentraler Bestandteil: Die Personalunion der Vorstände. Die SDK wird künftig von einem sechsköpfigen Vorstand geführt, ebenso die Stuttgarter – dort vorübergehend mit sieben Personen.
„Natürlich heißt das auch, dass keiner von uns seine Ressorts so weiterführen kann wie bisher“, betonte Mitzlaff. Umso bemerkenswerter sei, dass ein einvernehmlicher Zuschnitt der Ressorts gefunden worden sei: „Bei sechs Alphatieren ist das nicht selbstverständlich. Aber wir haben einen belastbaren Konsens erarbeitet – ohne Eitelkeiten, ohne Befindlichkeiten.“ Zur finalen Ressortverteilung wollte sich der Vorstand auch auf Nachfrage nicht äußern, sie werde im Anschluss an die Hauptversammlungen im Juni veröffentlicht.
Zur Führungsstruktur sagte Mitzlaff: „Im Holding- und Vereinsbereich setzen wir auf ein Co-CEO-Modell. Ich bleibe Vorstandsvorsitzender der SDK, Dr. Guido Bader bei der Stuttgarter. Wir vertreten uns gegenseitig.“ Es sei klar, dass dieser ungewöhnliche Schritt mit Skepsis betrachtet werde – auch intern: „Es gibt erste Wetten, wie lange das gut geht. Aber wir sind fest davon überzeugt, dass wir das können.“ Zur Unterstützung wird das Führungsduo von einer externen Beraterin begleitet. „Wir arbeiten intensiv an gemeinsamen Spielregeln und Entscheidungsprozessen. Dass wir uns in strategischen Grundfragen einig sind, ist dafür eine starke Basis.“
Mit der Fusion ist langfristig auch eine tiefgreifende Umstrukturierung der SDK geplant. Zielbild ist eine Konzernstruktur mit zwei Spartengesellschaften – Kranken und Leben – in der Rechtsform der Aktiengesellschaft, geführt unter einem gemeinsamen Dachverein. Hintergrund: Nach geltendem Versicherungsaufsichtsgesetz können nur Aktiengesellschaften oder Vereine als Rechtsform dienen. Vereine jedoch dürfen nicht von Obergesellschaften geführt werden, weshalb die Umwandlung notwendig ist. Handelbare Aktien wird es nicht geben: „Die Aktien werden vom Dachverein gehalten und sind nicht veräußerbar. Die Mitgliedervertretung bleibt das oberste Gremium“, versicherte Mitzlaff.

Der geplante Zeitrahmen sieht die vollständige Umsetzung bis Herbst 2026 vor. Bereits zum Sommer 2025 soll mit der Verschmelzung der Süddeutschen Lebensversicherung AG auf die Stuttgarter Lebensversicherung AG der erste konkrete Transaktionsschritt erfolgen. Auch im Sachversicherungsbereich sind Schritte vorgesehen, dort über eine Vermögensübertragung gemäß Umwandlungsgesetz.
Mitzlaff zeigte sich abschließend zuversichtlich: „Wir sehen die Chancen, die in diesem Zusammenschluss liegen – sei es in der Marktbearbeitung, in der Vertriebsstruktur oder in der Hebung von Synergien. Und wir haben den Willen und das Vertrauen, diesen Weg gemeinsam zu gehen.“
Zur Namensgebung der künftigen Holding stellte Mitzlaff klar: „Wir sind sehr weit, der Name steht im Prinzip fest – aber eine Entscheidung erfolgt erst nach allen Gremienbeschlüssen und BaFin-Genehmigungen.“ Klar sei: Die Marken SDK und Stuttgarter bleiben weiterhin zentral. Mit dieser differenzierten Positionierung zeigt sich, dass die SDK im Vertrieb auf drei Säulen setzt – Makler, Banken und direkte Kundenbeziehung – und die jeweiligen Kanäle differenziert weiterentwickeln will.
Bilanz: Planungen um 24 Millionen übertroffen
Über die Bilanzzahlen zeigte sich SDK-Vorstandschef mehr als erfreut: „Wir sind sehr froh, dass wir ein sehr, sehr positives Geschäftsergebnis berichten können“, erklärte Mitzlaff. Mit einem Jahresergebnis von 88,3 Millionen Euro übertraf die SDK ihre eigene Planung um satte 24 Millionen Euro. Die RfB-Zuführung fiel dadurch um 15 Millionen Euro höher aus als ursprünglich kalkuliert. „Das ist also ein warmer Regen für die Mitglieder“, so Mitzlaff.
Die Beitragseinnahmen stiegen auf über eine Milliarde Euro – ein Meilenstein, der die SDK laut Mitzlaff nun „zum 13. privaten Krankenversicherer in Deutschland mit einer Milliarde Beitragseinnahmen“ macht. Auch im Vertrieb zeigte sich ein starker Trend: Erstmals lieferten Makler und Kooperationen mit 51 Prozent mehr Neugeschäft als Ausschließlichkeit und Bankvertrieb. „Ein historisches Ergebnis“, betonte Mitzlaff, das die wachsende Bedeutung unabhängiger Vermittler für die SDK unterstreiche.
Besonders erfolgreich lief die Ärztekampagne, mit der sich die Zahl neu versicherter vollversicherter Ärzte verdoppelte. Auch in der Vollversicherung gab es Bewegung: Zwar ging der Gesamtbestand leicht zurück, doch erstmals seit zehn Jahren verzeichnete die SDK bei der Kernzielgruppe – nicht beihilfeberechtigte Erwachsene – wieder ein Plus. „Ob das eine Trendwende ist, ist noch zu früh zu sagen, aber es ist zumindest ein Lichtblick“, so Mitzlaff weiter.
Die Leistungsausgaben stiegen um rund 45 Millionen Euro, was unter anderem auf eine höhere Nutzung durch ältere Versicherte und die niedrigschwellige Abrechnung via App zurückzuführen sei. Gleichzeitig blieb die SDK bei den Verwaltungskosten im Plan – trotz gezielter Investitionen in IT und Prozesse.
Für 2025 gibt sich Mitzlaff vorsichtig: „Wir erwarten ein Ergebnis zwischen 65 und 70 Millionen Euro – die Leistungsausgaben entwickeln sich branchenweit dynamisch.“ Die Kapitalanlagen legten weiter zu und erreichen nun 8,35 Milliarden Euro. Auch die betriebliche Krankenversicherung wächst, mit inzwischen über 188.000 versicherten Personen.
Vertrieb: „Wir wollen über alle Produkte hinweg gewinnen“
Vertriebsvorstand Olaf Engemann hat im Rahmen der Bilanzpressekonferenz den strategischen Ausbau des Vertriebs als zentrale Stoßrichtung im Zusammenschluss mit der Stuttgarter bezeichnet. „Einer der Treiber dieser Fusion ist das Thema Wachstum – wir wollen Marktanteile über alle Produkte hinweg gewinnen“, betonte Engemann. Der Vertrieb stehe dabei vor einer Neuausrichtung: Sowohl Ausschließlichkeit als auch Maklervertrieb sollen um neue Produktwelten erweitert werden.
Die Ausschließlichkeitsorganisation der SDK, bislang auf die Krankenversicherung fokussiert, werde künftig auch Leben- und Unfallprodukte vertreiben. Umgekehrt erhalte der Maklervertrieb der SDK Zugang zu den Altersvorsorgeprodukten der Stuttgarter. „Das bedeutet für beide Seiten eine erhebliche Erweiterung des Portfolios“, so Engemann. Besonders deutlich wird dies in der Verzahnung von betrieblicher Kranken- und Altersversorgung: „Wir bringen hier das Beste aus beiden Welten zusammen.“
Erstmals habe im Geschäftsjahr 2024 der Bereich Makler und Kooperationen die Ausschließlichkeit überholt. Auf Nachfrage erläuterte Engemann, dass dies unter anderem auf neue Partnerschaften zurückgehe – etwa mit Zickner, einem Spezialisten für Versorgungssysteme im Bereich Expatriates, sowie auf das SDK-eigene Konzept „Versorgung für Wirtschaft und Industrie (VGW)“.
Die Frage, ob der geringere Beitrag des Bankenvertriebs eine Folge des Zusammenschlusses sei, verneinte der Vertriebsvorstand: „Das ist kein Rückzug, sondern Ergebnis von Vorjahreseffekten.“ 2023 habe man unter anderem durch Bestandsmaßnahmen besondere Erfolge verzeichnet, die sich nicht einfach wiederholen ließen. Gleichwohl setze die SDK weiterhin auf die Zusammenarbeit mit Banken – insbesondere mit Volks- und Raiffeisenbanken. In den letzten Monaten seien sogar neue Bankpartner hinzugewonnen worden. Mitzlaff ergänzte: „Das Narrativ vom Rückzug aus dem genossenschaftlichen Verbund entspricht nicht der Realität. Im Gegenteil – die Kooperationen werden intensiver.“
Auch die Frage, ob – wie etwa bei der Alten Leipziger – auch bei der SDK geplant sei, die Ausschließlichkeit in ein Mehrfachagentenmodell zu überführen, verneinte Engemann: „Aktuell nicht.“
Auf die Frage zur Stimmung unter Makler nach Bekanntwerden der Fusion verwies Engemann auf positive Rückmeldungen: „Schon auf der DKM kamen Makler auf uns zu – Stuttgart-orientiert, aber mit großem Interesse an der betrieblichen Krankenversicherung. Daraus sind bereits erste Geschäfte entstanden.“ Die Resonanz sei ermutigend: „Da ist Zuversicht spürbar – da wächst etwas zusammen, das zusammengehört.“
Mit Blick auf die Direktansprache betonte der Vorstand, dass die SDK weiter auf Intermediäre setze, aber zunehmend auch eigene Kundenkontakte nutze – etwa durch ein zentrales Betreuungsteam für unbetreute Bestände. „Dort erleben wir eine ganz andere Tiefe in der Kundenbindung“, so Engemann. Unterstützt werde dies durch digitale Werkzeuge wie Kundenportale und Apps, über die künftig nicht nur Leistungsabrechnungen, sondern auch gezielte Bedarfsimpulse erfolgen sollen.
Abschließend stellte Engemann den neuen Markenauftritt der SDK vor, der auf „Realbilder und hohe Emotionalität“ setzt – passend zur strategischen Ausrichtung auf Kundennähe. Auch die Arbeitgebermarke wurde neu positioniert: „Mit ‚Sagt Ja zur SDK‘ sprechen wir gezielt junge Talente an – nicht mehr nur Fachkräfte, sondern Arbeitskräfte insgesamt.“ Ziel sei es, Begeisterung zu schaffen – bei Kunden, Partnern und Mitarbeitenden.
Kartellrecht bremst technische Fusion
IT-Vorstand Ralf Oestereich nutze die Bilanzpressekonferenz, um einen ersten Ausblick auf die technische Integration mit der Stuttgarter Lebensversicherung zu gegeben – und betonte, dass viele Arbeiten aktuell noch durch kartellrechtliche Vorgaben gebremst werden. „Da scharren eigentlich alle schon mit den Hufen“, so Oestereich. „Technologien und Prozesse gemeinsam zu gestalten, ist eine große Chance – aber derzeit dürfen wir uns das gegenseitig noch nicht anschauen.“
Der offizielle Startschuss soll laut Osterreich am 1. Juli mit der Gründung des Gleichordnungskonzerns fallen. Bis dahin wurden vor allem technische Grundlagen geschaffen. „Ganz profane Themen wie neuer Briefkopf und gemeinsame Absenderangaben haben die Teams gut vorbereitet“, so Oestereich. Die wirklich spannenden Projekte in der Technologie beginnen danach. „Dann kommt der Fahrplan für das, was wir in der Technologie und in Prozessen neu gestalten können und müssen.“
Zu Investitionshöhen wollte Oestereich noch keine Angaben machen. „Wir stehen ganz am Anfang. Ich durfte die IT-Strategie der Stuttgarter noch gar nicht lesen.“ Klar sei aber: „Wir werden die Kerntransformationen in beiden Sparten mit unveränderter Kraft fortsetzen.“ Die SDK arbeite weiter am Aufbau einer neuen IT-Plattform im Krankenbereich – unabhängig vom Zusammenschluss. „Da legen wir nicht alles auf Eis, sondern treiben die Digitalisierung konsequent voran.“ Detailliertere Informationen stellte Oestereich für Ende 2025 in Aussicht.
Die Digitalisierung sei für die SDK kein Selbstzwecki, sondern ein Mittel, um Servicequalität, Kundennähe und interne Effizienz spürbar zu verbessern, so Oestereich. „Wir wollen nicht der Digitale sein, der nur anonym agiert. Unser Ziel ist es, Mitarbeitenden Zeit zu verschaffen, um mit unseren Mitgliedern persönlich in Kontakt zu bleiben“, erklärte Oestereich.
Ein wesentliches Element dieser Strategie ist die Einführung der neuen Plattform „SDK KVneo“. Diese cloudbasierte Lösung soll das Krankenversicherungsgeschäft technologisch auf eine neue Basis stellen. Entwickelt wird sie von einem interdisziplinären, dedizierten Team, das losgelöst vom Tagesgeschäft „wie im Start-up“ arbeitet. „Wir haben uns bewusst gegen klassische Projektstrukturen entschieden. Stattdessen setzen wir auf schlanke Prozesse, schnelle Entscheidungen und hohe Eigenverantwortung – mit dem Ziel, 2025 eine moderne Plattform zunächst für das BKV-Geschäft bereitzustellen.“
Schlüsselthema für die Zukunftsfähigkeit
Bereits umgesetzt wurde der digitale Rückkanal in der Leistungsbearbeitung: Versicherte erhalten ihre Leistungsabrechnungen auf Wunsch direkt in der App – ein vielfach geäußerter Kundenwunsch. Alternativ bleibt der Versand in Papierform möglich. „Das klingt unspektakulär, ist aber ein echter Meilenstein in der Kundenkommunikation“, so Oestereich. Parallel arbeitet die SDK an verständlicheren Leistungsabrechnungen, die in enger Abstimmung mit Kundinnen und Kunden weiterentwickelt werden.
Ein weiteres strategisches Ziel sei es, prozesse mengenunabhängiger zu gestalten. „Wir kennen das aus der Branche: Alte IT-Systeme führen dazu, dass bei steigender Zahl von Anträgen auch der Aufwand für Mitarbeitende wächst. Das wollen wir durch moderne Automatisierung – etwa Dunkelverarbeitung – durchbrechen.“
Abschließend verwies Oestereich auf das hohe Engagement im Bereich Cybersecurity und Resilienz. „Wir investieren kontinuierlich in die Absicherung unserer Systeme – nicht nur wegen regulatorischer Anforderungen wie DORA, sondern weil es für uns eine zentrale Vertrauensfrage ist.“ Angesichts wachsender Cyberbedrohungen, auch durch KI, sei die Widerstandsfähigkeit der IT-Infrastruktur ein Schlüsselthema für die Zukunftsfähigkeit der SDK.