Sowohl Industrie- als auch Schwellenländer kämpfen gegen die Kostenexplosion im Gesundheitswesen.
Gastkommentar: Vasilios Tsimiklis, Sectoral Asset Management
In Europa, wo viele Länder seit der Krise wirtschaftlich auf der Stelle treten, sind die damit verbundenen Herausforderungen besonders eklatant. Europäische Regierungen sind quer durch die Bank dazu gezwungen, den Nutzen ihrer Ausgaben für Gesundheit zu erhöhen. Mehrere Maßnahmen sind dazu notwendig. Eine davon ist der vermehrte Einsatz von Generika.
Bislang gibt es in Europa keine erkennbare länderübergreifende Koordination, die Gesundheitskosten über den vermehrten Gebrauch von Nachahmermedikamenten besser in den Griff zu kriegen. Während sich die Nutzungsquote in Deutschland und Großbritannien bereits auf 80 Prozent beläuft, fällt sie in Frankreich, der Schweiz oder Italien mit 25, 21 und 16 Prozent wesentlich niedriger aus – bedingt durch unterschiedliche Regulierungen und eine unterschiedlich hohe Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung.
Dabei ist das mit Generika verbundene Einsparpotenzial enorm. Deren Preise betragen oftmals nur den Bruchteil dessen, was Markenprodukte kosten,– und dies bei gleichem medizinischen Nutzen. Die auf das Gesundheitswesen spezialisierte Beratungsgesellschaft IMS Midas schätzt daher auch, dass Generika in den nächsten Jahren die stärksten Wachstumstreiber im weltweiten Vertrieb darstellen werden. Im Zeitraum 2013 bis 2018 werden laut IMS Generika den teureren Markenmedikamenten in Europa den Rang ablaufen: Bei den medizinischen Ausgaben wird dann bereits fast jeder zweite Euro, nämlich 46 Prozent, an Generikaproduzenten fließen und nur noch 37 Prozent an Markenhersteller.
Enormes Einsparpotenzial für Regierungen
In Frankreich und Italien beispielsweise können durch Nachahmerprodukte Kosten in Höhe von rund 4,1 bzw. 3,2 Milliarden Euro pro Jahr eingespart werden. Für die Franzosen würde dies bedeuten, dass sie ihr jährliches Gesundheitsdefizit – immerhin rund 5,4 Milliarden Euro– um 75 Prozent ausgleichen könnten. Auch die Schweiz hätte jährlich fast 410 Millionen Euro mehr in der Kasse, wenn die Nutzungsrate dort ähnlich hoch wie in Deutschland ausfiele.
Doch der ausbleibende Erfolg bisheriger politischer Anstrengungen dieser Länder spricht dafür, dass Aufklärung über Generika allein nicht ausreichen wird, sondern drastischere Maßnahmen hermüssen: Anreize und strengere Gesetze mit den entsprechenden Konsequenzen, die Apotheker und Ärzte dazu verpflichten, verstärkt Generika zu nutzen. Bei anstehenden Gesundheitsreformen in ganz Europa dürften somit Regelungen zu erwarten sein, die den Einsatz von Generika begünstigen werden – was auf Unternehmensebene wiederum entsprechendes Renditepotenzial für Investoren freizusetzen verspricht.
Autor Vasilios Tsimiklis arbeitet als Volkswirt und Analyst bei Sectoral Asset Management.