„Die aktuellen Entwicklungen bei den Banken sind keine allgemeine Sektorkrise, sondern eine Vertrauenskrise auf Basis von drei Säulen – dem Fehlverhalten weniger, dem Kommunikationsverhalten vieler und der Motivation einiger, die aus Marktverwerfungen Kapital schlagen wollen“, urteilt der Investmentexperte.
„In den USA haben Notenbank und Politik außerordentlich schnell reagiert und faktisch eine fallweise Garantie für Kundeneinlagen ausgesprochen“, erklärt der Experte. Er bezweifelt allerdings, ob dies ein genereller Weg für die Zukunft sein könnte. Nach den Kommunikationsfehlern in der Schweiz zeige sich auch die europäische Politik wenig selbstbewusst bis hilflos, als es um vertrauensschaffende Aussagen im Hinblick auf das heimische Bankensystem ging. Zwar könne man jetzt durchatmen, aber ein weiterer, die Situation verschärfender Fall, hält Böckelmann für durchaus möglich: „Hier haben auch die Medien eine besondere Verantwortung, nicht mit Alarmismus zu reagieren. Fakt ist, dass bislang kein Steuergeld verwendet wurde, um Aktionäre oder Anleihengläubiger von Banken zu retten – im Gegenteil – bislang steht einzig das Systemvertrauen über die Sicherung der Kundengelder im Fokus und das ist absolut richtig.“ Eine Vertiefung der Vertrauenskrise sei unbedingt zu verhindern, denn diese könnte tatsächlich zu einer Banken- und Systemkrise führen. Der Wirkungsmechanismus sei klar – sinkendes Vertrauen der Bankkunden, aber auch der Banken untereinander, führe zu einem Abzug von Geldern und somit einer reduzierteren Kreditvergabe bis hin zum sogenannten Credit Crunch. Die fehlende Geldversorgung der Wirtschaft könne zu Rezession und in der Folge zu Kreditausfällen bei Banken führen. Der Fondsmanager hält die Besorgnis der Bankaufsichtsbehörden angesichts dieser Wirkungskette zwar für nachvollziehbar, sie sei aber angesichts des ohnehin angeschlagenen Vertrauens wenig hilfreich: „Vielmehr sollten mit Selbstbewusstsein die Verbesserungen seit der letzten Finanzkrise herausgestellt werden sowie denkbare Ad-hoc-Maßnahmen“.
Kommt nun die Rezession?
„Aus heutiger Sicht erscheint ein Soft Landing der US-Wirtschaft ebenso wahrscheinlich wie eine scharfe, aber kurze Rezession“, so der Fondsmanager. Eine unangenehme Rezession in Europa scheine unvermeidlich, zu behäbig reagiere die Politik bei offensichtlich erforderlichen Maßnahmen. Böckelmann dazu: „Verantwortliche handeln wie im Lied von Pippi Langstrumpf besungen: ‚Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt‘. Politische Entscheidungen gerade zur Energie- und Rohstoffversorgung sind mit den Grundgesetzen von Mathematik und Physik kaum noch vereinbar. In der EU droht die reale Krise, eine kalkulierte Wohlstandsvernichtung infolge einer politischen Agenda. Dabei wären die Chancen immens, wäre man wirklich bereit, verlorenen Dekaden mit Pragmatismus, Bürokratieabbau und Innovation zu begegnen.“
Auch scheine man sich zu sehr auf die europäische Zentralbank zu verlassen, die in den letzten Jahren der Politik immer wieder Zeit erkauft hat. Aber diesmal sei die Lage angesichts der Rückkehr der Inflation und eines historisch hohen Schuldenberges eine andere. „In seltener Deutlichkeit hat die EZB-Präsidentin Lagarde daher dafür geworben, dass die Politik endlich handeln müsse“, sagt Böckelmann. Positiver sei die Lage in den Schwellenländern einzuschätzen: „Diese sind zwar im industriellen Bereich auch eng mit den USA und Europa verbunden, die Zielsetzung regionaler Politik ist es aber vor allem, den heimischen Konsum und die heimische Wirtschaft anzuregen, insgesamt unabhängiger zu werden.“ Politische Unsicherheiten beiseitegeschoben, erscheine vor allem Asien als Hort wirtschaftlicher Stabilität, insbesondere nach der Rückkehr Chinas nach dem langen Corona-Lockdown.