Vor einem Jahr brach beim Deutschen Ring der Konflikt um die – je nach Perspektive der Streitparteien – „Zerschlagung“ oder „Umstrukturierung“ des Versicherers aus. Anlässlich des Jubiläums starten die Mitarbeiter eine neue Aktion. Die Bâloise bleibt hart.
Die Auseinandersetzung zwischen den Angestellten des Deutschen Rings und dem Schweizer Versicherungskonzern Bâloise ist um ein Kapitel reicher: Der Betriebsrat des Hamburger Unternehmens bringt nun bekannte Gesichter aus „Politik, Wirtschaft und Kultur“ in Stellung, die sich für den Standort Hamburg starkmachen.
Ring-Betriebsrat mobilisiert Prominente
An der Protestaktion „100 Prominente gegen sinnlosen Stellenabbau“ beteiligen sich unter anderem die ehemaligen Bürgermeister der Hansestadt, Ortwin Runde und Henning Voscherau. „Es darf nicht sein, dass Arbeitsplätze nicht aus wirtschaftlicher Notwendigkeit, sondern aufgrund fahrlässiger Unternehmensführung gestrichen werden müssen und Menschen anschließend auf der Straße stehen“, klagt Helga Reichow, Betriebsratsvorsitzende der Ring-Gruppe.
Ein Schuh, den man sich bei der Bâloise, die das Ziel verfolgt, den Konzern neu aufzustellen, nicht anziehen will: „Zu einer Entflechtung von Deutscher Ring Sachversicherungs-AG (Deutscher Ring Sach) und Deutscher Ring Lebensversicherungs-AG (Deutscher Ring Leben) einerseits und dem Deutscher Ring Krankenversicherungsverein a.G. (Deutscher Ring Kranken) andererseits gibt es keine Alternative“, heißt es aus Basel.
Bâloise hält an Plänen fest
Nicht etwa aufgrund von „Managementfehlern“, wie vom Betriebsrat moniert, sondern weil „der derzeitige Zustand gegen das Versicherungsaufsichtsrecht und seit dem Zusammenschluss von Signal Iduna und Deutscher Ring Kranken auch gegen das Wettbewerbsrecht“ verstoße, da die Signal Iduna ein unmittelbarer Wettbewerber von Deutscher Ring Sach und Leben ist.
Um den Überblick nicht zu verlieren: Die Bâloise ist Konzernmutter der Ring-Gesellschaften Sach und Leben. Der Krankenversicherer der Ring-Gruppe agiert dagegen als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit unabhängig von den Schweizern, denen in Deutschland ebenfalls die Basler-Versicherungen aus Bad Homburg gehören.
Ein Jahr Zwist und keine Lösung in Sicht
Die Vorgeschichte: Vor einem Jahr beschloss die Bâloise ihre Beteiligungen hierzulande neu auszurichten. Die Töchter sollten stärker vernetzt und am Basler-Sitz in Bad Homburg zentralisiert werden.
Nach ersten Widerständen aus Hamburg griffen die Schweizer auch im personellen Bereich durch: Ring-Vorstandschef Wolfgang Fauter wurde durch Basler-Chef Frank Grund abgelöst – zumindest bei den Bâloise-Gesellschaften Sach und Leben. Der Krankenverein stellte sich quer und hielt an Fauter und seinem Führungsteam fest. Ring-Kranken-Aufsichtsratschef Dr. Dietmar Jllert kritisierte die Bâloise scharf. Der Auftakt einer Dauerfehde.
Was folgte, war zunächst eine Auseinandersetzung um die Anschubfinanzierung für den Finanzberater Formaxx und das Vertriebs-Beteiligungsportfolio der Gruppe, die unter anderem in einer einstweiligen Verfügung gegen Sach- und Leben-Chef Grund gipfelte, die später allerdings wieder aufgehoben wurde. Der Rechtsstreit um die komplizierten Eigentumsverhältnisse bei den Beteiligungen der eng miteinander verzahnten Gesellschaften dauert weiter an. Betroffen davon ist unter anderem die Kölner OVB.
Anfang 2009 trat dann mit der Signal Iduna ein Schwergewicht an die Seite der Ring-Kranken. Die Versicherungsvereine schlossen sich zu einem Gleichordnungskonzern zusammen, zudem bot die Signal der Bâloise an, Ring-Sach und -Leben zu übernehmen. Eine Offerte, die in Basel auf keinerlei Anklang stieß. Als wären die Fronten nicht schon verhärtet genug, erwarb die Signal zunächst einen 3,88-prozentigen Aktienanteil an der Bâloise und erhöhte diesen später auf 5,18 Prozent.
Kurz und knapp: Zwei historisch eng miteinander verflochtene Unternehmen sind inzwischen quasi als Wettbewerber über Vertriebs- und Verwaltungsstrukturen miteinander verbunden. Ein Zustand, der allen Beteiligten missfällt. Zwischen Bâloise und Signal hat es den Schweizern zufolge bereits Verhandlungen über die Zukunft des Rings gegeben – passiert ist bislang allerdings wenig.
Signal-Iduna-Angebot stößt auf wenig Gegenliebe
Den Mitarbeitern brennt das Thema verständlicherweise auf den Nägeln, nicht zuletzt weil die Bâloise bis 2012 etwa 230 von rund 1.800 Vollzeitstellen abbauen will. Mit Initiativen wie der Web-Präsenz www.verbaselt.com versuchen die Angestellten ihre Anliegen in der Öffentlichkeit zu halten. Dennoch wurde es zuletzt eher ruhig in der Angelegenheit, sodass der Jahrestag des Beginns der Schlammschlacht gelegen kommt, um sich zurück ins Gedächtnis zu rufen.
Die Bâloise betonte heute erneut, dass nicht geplant sei, sich von den Deutschen-Ring-Töchtern zu trennen. Gegenüber der Belegschaft geben sich die Schweizer indes verständnisvoll: „Wir sind uns bewusst, dass die lange Phase der Unsicherheit für die Mitarbeiter schwierig ist. Unsere Vorschläge zur konkreten Ausgestaltung der Entflechtung liegen seit langem auf dem Tisch“, so Martin Strobel, der Konzernleitungsvorsitzende.
Es gehe jetzt darum, die Entflechtung gemeinsam rasch umzusetzen. Dabei stehe die Bâloise zum Standort Hamburg und wolle diesen, wie schon mehrmals bekräftigt, zum Kompetenzzentrum für das deutsche Lebensversicherungsgeschäft ausbauen. (hb)
Fotos: Shutterstock; Bâloise, Deutscher Ring