Der Kfz-Versicherungsmarkt in Deutschland ist im Vergleich zu anderen Versicherungssparten einer der größten. Laut Statista gab es Ende 2022 rund 43,27 Millionen private Kfz in Deutschland. Die Zahl zeigt, dass Markt groß und der Bedarf an Kfz-Versicherungen entsprechend hoch ist. Alles in allem tummeln sich derzeit rund 80 Kfz-Versicherer im Markt und buhlen hier um die Gunst der Millionen Kunden.
Viele Wettbewerber und ein hoher Preisdruck sorgen dafür, dass die Margen in der Kfz-Versicherung nicht in den Himmel wachsen. 2021 lag die Combined Ratio in der Kfz-Versicherung bei 94,8 Prozent. Bemerkenswert ist aber, dass trotz der massiven Schäden durch die Ahrflut im Juli 2021 immer noch Geld verdient wird.
Kurze Customer Lifetime, intensive Beratung
Und auch wenn die Customer Lifetime Value in der Kfz-Versicherungssparte eher kurz und die Beratung wegen der Tarifvielfalt und vielen Daten meist sehr intensiv ist, der Kfz-Versicherungsmarkt ist einer der wichtigsten und größten Versicherungsmärkte in Deutschland mit dementsprechend hohem Angebot. Was auch daran liegen dürfte, dass die Kfz-Versicherung nach wie vor ein Türöffner für den Vertrieb ist und Cross-Selling-Potenzial bietet. Doch was macht einen guten Versicherer aus? Genau hier setzte die Analyse des jungen Brancheninstituts Fralytics aus Schwalbach nahe dem Finanzzentrum Frankfurt an.
„Für Kunden ohne Versicherungs-Know-how sind die Produkte der Kfz-Versicherer häufig nur schwer voneinander zu differenzieren. Möchten sich diese Kunden dennoch selbst um die Versicherungsangelegenheit kümmern, gibt es häufig nicht viele Gründe, warum sie sich für oder gegen ein Unternehmen entscheiden.
Neben dem Produktpreis sind der Service und eine gut sortierte Informationsquelle in einer Form einer verständlichen Antragsstrecke zwei wichtige Faktoren für den Verbraucher“, erklärt Adrian Waltenberger, einer der Geschäftsführer des Analysehauses Fralytics. „Insbesondere durch guten Kundenservice und eine verständliche Online Antragsstrecke lassen sich auf Versichererseite einige Aufwände aber minimieren“, so Waltenberger weiter.
Fralytics testet den Status Quo der Branche
Gerade für den Neuabschluss, aber auch für Rückfragen sind Schnelligkeit und die Qualität der Antworten mittlerweile entscheidend. „Die Messlatte wurde hier von E-Commerce-Riesen wie Amazon sehr hoch gelegt und die Kunden haben sich an unkomplizierte Service-Cycles gewöhnt. Mit einer Reaktionszeit von sieben Tagen kommt heute ein Unternehmen nicht mehr weit“, ergänzt Johannes Bunk, CEO und Co-Founder von Fralytics.
Vor dem Hintergrund hat das Brancheninstitut für seine umfassende Kfz-Service und -Antragsstudie insgesamt 79 Gesellschaften getestet und analysiert. „Dies deckt einen Großteil der Anbieter von KFZ Versicherungen in Deutschland ab und beschränkt sich auf Unternehmen mit deutscher Niederlassung. Nicht in den endgültigen Mystery-Test aufgenommen wurden dann allerdings Unternehmen wie Nexible, die in dieser Sparte kein Neugeschäft mehr generieren“, sagt Bunk.
Zwei Ebenen im Fokus – Algorithmus und Mensch
Die Branchenanalyse hat Fralytics wurde in zwei Ebenen unterteilt: Eine technologische und eine menschliche. Zunächst wurden die Webseiten der Kfz-Versicherungen unter die Lupe genommen. „Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Usability der Website. Nur wer den ersten Test, also Schritt Eins besteht, qualifiziert sich für Schritt Zwei – den Mystery-Test“, erklärt Bunk den Untersuchungsansatz von Fralytics.
Laut Bunk ist das Mystery-Shopping der zweite und wichtigere Schritt. Und der wird in mehreren Stufen durchgeführt. „An dieser Stelle trennt sich die Spreu vom Weizen, denn jetzt ist die Performance der realen Kontaktpunkte richtungsweisend für das Ergebnis. Die Analysten prüfen ganz genau, wie die Service-Rückmeldungen auf gestellte Test-Anfragen ausfallen, mit klarem Schwerpunkt auf Reaktionsschnelligkeit und Antwortqualität“, sagt der Experte.
Der Fokus liegt dabei auf rein objektiven Aspekten, subjektive Faktoren wie Empathie werden nicht berücksichtigt. „Hieraus ergibt sich ein belegbares und unter Wettbewerbern sehr gut vergleichbares Bild des jeweiligen Serviceangebots“, sagt Bunk.
Wettbewerbsfaktor Antragsstrecke
Für die Kfz-Versicherung spielt das Internet eine entscheidende Rolle – nicht nur als Informationskanal, sondern auch als direkter Abschlussweg. Laut GDV erfolgten 2021 rund 24 Prozent aller Kfz-Haftpflichtabschlüsse direkt über Vergleichsseiten oder Anbieter-Homepages. Vor dem Hintergrund bietetet nahezu jeder Kfz-Versicherer inzwischen eine Online Antragsstrecke zum Abschluss einer Kfz-Versicherung an. Doch wie sind die Antragsstrecken im Branchenvergleich ausgestaltet? Welche Strecken funktionieren gut und welche nicht?
Hier hat Fralytics im Rahmen seiner Studie genau hingeschaut: „Die Mystery Shopper sind mit unterschiedlichen Rechengrundlagen durch die Antragsstrecken gegangen. Dabei haben Sie sich im Kern drei Kriterien angeschaut, um einen Direktvergleich aufzustellen: Performance – also funktioniert die Antragsstrecke schnell, fehlerfrei und zuverlässig? Usability – ist die Nutzung der Antragsstrecke intuitiv und verständlich? Und funktionieren das Design und der Abschluss auf allen Endgeräten?“, erläutert Adrian Waltenberger.
Deutliches Verbesserungspotenzial im Kundenservice
Was in der Fralytics-Studie überrascht ist, dass die gesamte Branche der Kfz-Versicherer in Ihrem Reaktionsverhalten ein deutliches Verbesserungspotential zeigt. So erhielten die Mystery Shopper von nur 64 Prozent der Anbieter eine Antwort. Ganze 36 Prozent antworteten nicht. Durch Nichtreaktion oder schlechte Antwortqualität fielen insgesamt 49 Prozent der Anbieter im Test mit der Wertung “mangelhaft” durch.
„In unseren Augen ist guter Service dadurch geprägt, dem Kunden schnell und unkompliziert zu helfen. Interne Prozesse sind dem Kunden egal. Viele, gerade Direktversicherer, können das ganz gut. Aber auch Maklerversicherer sollten in der Lage sein, auf Nachfragen zu ihren Produkten eine Antwort zu geben, ohne vorab den zuständigen Vertrieb zu ermitteln“, erklärt Waltenberger.
Von 79 Kfz-Versicherern bieten 48 eigene Antragsstrecken
Ein deutlich positiveres Ergebnis zeigte sich hingegen beim Härtetest der Antragsstrecken. So ergab die Untersuchung, dass von 79 Kfz-Versicherungen insgesamt 48 eine eigene Antragsstrecke mit Preisrechner anbieten. Davon sind 79 Prozent für mobile Geräte optimiert und 73 Prozent glänzen zusätzlich mit guter Usability. 50 Prozent der Strecken stechen zudem durch eine hervorragende Performance heraus.
„Auch wenn wir uns wahrscheinlich alle wünschen würden, dass der Kauf einer Versicherung so unkompliziert funktioniert, wie eine Buchbestellung auf Amazon, darf man nicht vergessen, die Konzeptionierung einer Versicherungs-Antragsstrecke nicht so trivial ist“, sagt Waltenberger.
Klar sei aber auch, dass fehlerhafte Antragsstrecken für den Nutzer ärgerlich seien und man im Zweifel dadurch Kunden verliere. Um zu überprüfen, wie gut die Seiten im Belastungstest auf funktionieren, hat Fralytics die Test Enginge an dieser Stelle mit mobilen Daten arbeiten lassen. „Warum? Weil der Härtetest ohne WLAN die besten Ergebnisse zur Performance-Messung liefert“, ergänzt Johannes Bunk. Insgesamt konnten den Härtetest 24 Antragsstrecken einen Testsieg erreichen.
Strecken, die hier besonders positiv aufgefallen sind, waren beispielsweise von der ADAC Versicherung, der Admiral Direkt, Alte Leipziger, der Bayerischen oder der Signal Iduna. „Hier sind die technische Performance und Usability auf einem äußerst guten Level“, sagt Bunk. Leider zeigten sich bei dem Test aber auch negative Ausreißer. So war bei einem Testkandidaten zwar die Performance gut, allerdings waren einige Texte auf den mobilen Endgeräten nicht lesbar. „Das ist natürlich ein No-Go, denn alle Informationen müssen auf allen Endgeräten erfassbar sein“, sagt Bunk. Zudem seien bei einigen Anbieter die Ladezeiten für die Strecken lang.
„Wir sind uns einig, dass Antragsstrecken mit Preisberechnung für Kfz-Versicherer mittlerweile ein Must-have sind. Schlecht ist allerdings, wenn die Performance und Usability nicht stimmt. Das Kundenerlebnis ist ein wichtiger Faktor, ob eine Police zustande kommt oder auch nicht“, lautet das Fazit von Fralytics-Geschäftsführer Waltenberger.
Seite 2: Hier geht es zu den Ergebnissen der Service-Studie und Antragsstrecken-Tests