Signa-Insolvenz und die Folgen für Galeria: „Der Sanierungsplan kann nicht aufgehen“

Abgestürztes Kartenhaus. Fallende Karten isoliert auf weiß, Clipping-Pfad enthalten
Bildagentur PantherMedia / Eshma
Das Kartenhaus des Immobilien-Milliardärs Benko bricht zusammen. Die Folgen sind derzeit noch gar abzusehen.

Durch die Insolvenz von Rene Benkos Signa Holding wird nun auch die Signa Retail Selection abgewickelt. Das Schweizer Unternehmen verwaltet bislang die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof. Damit dürfte nun auch die Warenhauskette wieder zum Verkauf stehen. Derweil meldete auch SportScheck Insolvenz an.

Beim Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof haben sich Unternehmensvertreter zunächst zurückhaltend zur Insolvenz der Signa Holding GmbH geäußert. „Die Situation hat im Moment nicht
unmittelbar negative Auswirkungen auf Galeria. Wir werden den Ausgang dieses geordneten Verfahrens in Ruhe abwarten“, hieß es am Mittwoch in Firmenkreisen. Jürgen Ettl, Gesamtbetriebsratsvorsitzender von Galeria, wollte sich auf Anfrage zunächst nicht äußern.

Die Gewerkschaft Verdi nimmt die Galeria-Führung in die Pflicht. „Wenn die Signa GmbH ihre finanzielle Unterstützung nicht wie zugesagt leisten kann, muss das Galeria-Management vorbereitet sein“, sagte Corinna Groß, Bundesfachgruppenleiterin Einzelhandel bei Verdi. „Die immer neuen Hiobsbotschaften bei Signa sorgen bei den Beschäftigten von Galeria für Unruhe. Sie wollen Jobsicherheit und
eine planbare Perspektive.“

Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung

Die Signa Holding GmbH des österreichischen Immobilien- und Handelsunternehmers René Benko hat am Mittwoch ein Insolvenzverfahren angekündigt. Die Holding werde beim Handelsgericht Wien die Eröffnung eines Sanierungsverfahrens in Eigenverwaltung beantragen, teilte die Signa-Gruppe mit.

Die Immobilien- und Handelsgruppe besteht aus einem komplexen Firmengeflecht mit mehreren Hundert Einzelfirmen. Dazu zählt auch Galeria Karstadt Kaufhof. Deutschlands letzter großer
Warenhauskonzern hatte Ende 2022 zum zweiten Mal Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen. Im März 2023 hatte die Gläubigerversammlung dem Insolvenzplan zugestimmt und den Weg für die Sanierung frei gemacht. Signa hatte dafür 200 Millionen Euro zugesagt, die in mehreren Tranchen bis 2025 fließen sollen, die ersten 50 Millionen dem Vernehmen nach im Februar.

Handelsexperte rechnet mit drastischen Folgen

Johannes Berentzen, Chef der Handelsberatung BBE, erwartet drastische Auswirkungen für den Konzern. „Der Sanierungsplan kann auf der Ertragsseite nicht aufgehen, weil Investitionen ausbleiben“,
sagte er. Kaufhäuser hätten zwar eine Chance, Galeria in der jetzigen Form aber keine Zukunft. „Ausgenommen, es fände sich ein Investor mit Handelskompetenz, der das gesamte Netz übernimmt, das Konzept deutlich verändert und viele 100 Millionen Euro in die Modernisierung der Flächen investiert“, sagte Berentzen.

Der rechtskräftige Sanierungsplan für Galeria sah die Schließung von rund einem Drittel der 129 Filialen vor. Ein Teil der Standorte wurde in diesem Jahr bereits geschlossen, knapp 20 weitere schließen
ihre Türen im Januar 2024. Betroffen sind unter anderem Filialen in Berlin, Bielefeld, Darmstadt, Heidelberg, Stuttgart und Wuppertal. Nach Unternehmensangaben bleiben am Ende noch 92 Filialen übrig.

Auch Shoppingcenter-Betreiber ECE betroffen

„Sorgen um Galeria“ macht sich Alexander Otto, Chef des Shoppingcenter-Betreibers ECE. „Ob es Galeria gelingt, wieder auf die Beine zu kommen, hängt auch von der Unterstützung des Eigentümers ab.Fällt der jetzt aus, wird es nicht einfacher“, sagte Otto der „Wirtschaftswoche“. Galeria ist in fünf der deutschlandweit rund 100 ECE-Shoppingcenter vertreten.

Mit der Signa-Insolvenz beschäftigt sich auch die Bundesregierung. „Mögliche Auswirkungen müssen jetzt erst mal geprüft werden“, sagte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums. Galeria
Kaufhof Karstadt hatte 2021 und 2022 staatliche Unterstützung erhalten. Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) griff dem Unternehmen mit insgesamt 680 Millionen Euro unter die Arme.

Signa Retail will Geschäfte abwickeln – auch Galeria Kaufhof

Die Insolvenz der Signa Holding des österreichischen Milliardärs René Benko hinterlässt Spuren im
deutschen Einzelhandel. Am Donnerstag hat der zum Unternehmensgeflecht gehörende Sportartikelhändler SportScheck angekündigt, Insolvenz zu beantragen. Die Beschäftigten der
Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof müssen seit Mittwochabend mit dem Verkauf ihres Unternehmens rechnen. Zuvor war bekannt geworden, dass die Schweizer Tochter der insolventen Signa-Gruppe, die Signa Retail Selection AG, bei Gericht eine Nachlassstundung beantragen
will. Die Geschäfte sollen geordnet abgewickelt werden, wie die Firma in Zürich mitteilte. Ihr ist auch die deutsche Galeria mit Hauptsitz in Essen unterstellt.

Aus Sicht von Handelsexperten hat die Warenhauskette nur geringe Überlebenschancen. „Die Aussichten sind düster. Unter betriebswirtschaftlichen Aspekten macht das keinen Sinn“, sagte
Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein der Deutschen Presse-Agentur, zur Frage der Erfolgsaussichten im Falle eines Verkaufs. Der Chef der Handelsberatung BBE, Johannes Berentzen,
erwartet eine schwierige Investorensuche. „Zur Niedrigzinszeit wäre ein Eintritt in den deutschen Markt vielleicht für internationale Investoren oder sogar Handelsgruppen interessant gewesen. In der
heutigen Markt- und Zinslage gibt es kaum Chancen, einen Käufer zu finden.“

Die in Turbulenzen geratene Signa Holding GmbH des Immobilien- und Handelsunternehmers Benko hatte am Mittwoch ein Insolvenzverfahren angekündigt. Die Holding beantragte nach eigenen
Angaben beim Handelsgericht Wien die Eröffnung eines Sanierungsverfahrens in Eigenverwaltung. Signa besteht aus einem komplexen Firmengeflecht mit Hunderten Einzelfirmen.

SportScheck stellt Insolvenzantrag

SportScheck teilte am Donnerstag mit, nach dem Insolvenzantrag der Holding zahlungsunfähig zu sein. Das Unternehmen mit bundesweit 34 Filialen und rund 350 Millionen Euro Jahresumsatz teilte mit,
Insolvenzantrag stellen zu wollen. Die im Herbst angekündigte Übernahme von SportScheck durch den britischen Modehändler Frasers Group werde jetzt zwar „erst einmal nicht vollzogen werden; Frasers
hält jedoch weiter an seinen Übernahmeplänen fest“, teilte das Unternehmen mit.

 Alle Filialen, der Kundenservice und der Online-Shop arbeiteten ganz normal weiter. Geschäftsführer Matthias Rucker sagte, die Insolvenz sei bitter, aber auch eine Chance, das Unternehmen mit
seinen Vertragspartnern und Gläubigern nachhaltig zu stärken.

 Der Handelsverband Deutschland (HDE) sieht die Entwicklungen rund um die Signa-Insolvenz und mögliche Auswirkungen auf Galeria mit Sorge. „Kauf- und Warenhäuser sind vielerorts zentrale Anlaufpunkte in den Innenstädten. Viele Kundinnen und Kunden kommen ihretwegen in
die Stadtzentren. Davon profitieren in der Folge auch die benachbarten Geschäfte und Unternehmen anderer Branchen“, sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Das Format Kauf- und Warenhaus
habe in der Handelslandschaft nach wie vor seinen Platz.

Deutscher Städtetag fordert Einbindung

Der Deutsche Städtetag forderte nach der Signa-Insolvenz eine Einbindung möglicher betroffener Städte. „Sollte die Insolvenz der Signa Holding Auswirkungen auf Standorte von Galeria Karstadt Kaufhof haben, müssen die betroffenen Städte aktiv in die Gespräche zwischen Gläubigern und Eigentümern, Anteilseignern und Insolvenzverwaltern einbezogen werden“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städtetages, Helmut Dedy, den Zeitungen der Funke-Gruppe. Darüber hinaus forderte Dedy für Städte Möglichkeiten, sich bei Pleiten betroffene Gebäude zu sichern. „Perspektivisch sollte das Insolvenzrecht so geändert werden, dass die Städte potenziell Zugriff auf zentrale Immobilien
bei Insolvenzen bekommen.“ (dpa-AFX)

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