„Ich bin nicht angetreten, um alles neu zu machen“

Ulrich Leitermann ist seit Anfang Juli neuer Vorstandsvorsitzender der Signal-Iduna-Gruppe. Er sagt, in welchen Bereichen der in Dortmund und Hamburg beheimatete Versicherungskonzern wachsen will und nimmt Stellung zur Lage der Lebensversicherung sowie zur Beitragsdynamik in der privaten Krankenversicherung.

„Die Politik muss aufhören, auf Kosten der Sparer ihre Haushalte zu sanieren. Der deutsche Staat hat die höchsten Steuereinnahmen in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.“

Cash.: Der langjährige Signal-Iduna-Chef Reinhold Schulte sagte im Sommer: „Das Haus ist gut bestellt, und ich kann es beruhigt an meinen Nachfolger Ulrich Leitermann übergeben.“ Nun haben wir Ende Herbst: In welchen Bereichen müssen Sie Ihr Haus noch sturm- beziehungsweise winterfest machen?

Leitermann: Die Signal-Iduna-Gruppe ist ein erfolgreiches Unternehmen und gut aufgestellt. Ich möchte gemeinsam mit meinen Vorstandskollegen und unseren Mitarbeitern diese Erfolgsgeschichte fortschreiben. Ich bin nicht angetreten, um alles neu zu machen. Signal Iduna hat die richtige Strategie, um auch in Zukunft zu wachsen. Aber wir schauen uns auch gerade an, wo wir noch besser werden können und wie wir uns stärker von unseren Wettbewerbern absetzen können.

Chancen für Wachstum sehe ich in der Gesundheits- und Altersvorsorge sowie bei Finanzdienstleistungen. Aber auch im Kompositbereich haben wir erhebliches Potenzial, wie die aktuell marktüberdurchschnittliche Wachstumsrate zeigt. Wir müssen uns darüber hinaus darauf vorbereiten, dass unsere Gesellschaft immer älter wird. In einem halben Jahrhundert könnten Studien zufolge mehr als 60 Prozent der Deutschen über 65 Jahre alt sein. Jedem jungen Menschen muss klar sein, dass er einen Teil seiner Altersversorge selbst absichern muss. Unsere Aufgabe ist es, hier die richtige Beratung anzubieten.

Im Gesundheitssektor sind deutliche Kostensteigerungen zu verzeichnen, gleichzeitig können laut einer Untersuchung der Finanzaufsichtsbehörde Bafin 18 von 43 PKV-Unternehmen aufgrund der Niedrigzinsphase nicht versprechen, dass sie im nächsten Jahr den Aktuariellen Unternehmenszins (AUZ) von 3,5 Prozent erwirtschaften. Ihr Haus gehört nicht dazu, aber ist es nicht trotzdem ein Wagnis, dass die beiden privaten Krankenversicherer der Gruppe – die Signal Kranken und der Deutsche Ring Krankenversicherungsverein – bis Ende 2014 auf Beitragserhöhungen verzichten wollen? Wird nicht so mancher Kunden für 2015 einen umso größeren Beitragsanstieg fürchten?

Die Menschen werden immer älter, der medizinisch-technische Fortschritt schreitet immer weiter voran und die Menschen wollen selbstbestimmt so lange wie möglich ihr Leben gestalten – Gesundheit wird also immer wertvoller und auch teurer. Damit steigen die Kosten sowohl bei den gesetzlichen als auch bei den privaten Krankenversicherern. Wir geben ein lebenslanges Leistungsversprechen und reduzieren nicht unseren Leistungskatalog.

Deshalb steigen die Beiträge in der privaten Krankenversicherung und auch bei uns sicherlich in den nächsten Jahren auch wieder an. Dabei ist wichtig, dass es keine Beitragssprünge gibt, sondern die Beiträge moderat steigen, das gilt übrigens auch für die gesetzliche Krankenversicherung durch Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze und bei Lohnerhöhungen.

Die Entwicklung des Deutschen Ring Krankenversicherungsverein dürfte Sie freuen – im vergangenen Jahr legte dieser um fast sechs Prozent gegenüber 2011 zu. Wird der Ring mittelfristig in der Signal Kranken aufgehen oder seine Selbstständigkeit behalten?

Ja, wir werden die Marke Deutscher Ring Krankenversicherung erhalten und das besonders gute Image bei den freien Vertrieben weiter ausbauen.

Die staatlich geförderte Pflegezusatzversicherung, der sogenannte Pflege-Bahr, entwickelt sich laut PKV-Verband zu einem Verkaufsschlager: 330.000 Policen wurden demnach bis Ende Oktober abgeschlossen. Überrascht Sie dieser große Zuspruch?

Nein, hier zeigt sich, wie staatliche geförderte Vorsorge – auch mit kleinen Beiträgen – funktioniert. Wir dürfen die Bürger eben nicht überfordern. Viele sind vorsorgewillig, aber nur begrenzt vorsorgefähig. Gerade bei der privaten Pflegeabsicherung gilt: Umso früher, desto besser, weil es einen deutlich geringeren finanziellen Aufwand bedeutet.

Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung Ihrer geförderten und nicht geförderten Produkte zur Pflegeabsicherung in Ihrem Haus?

Sehr zufrieden! Wir haben rund 26.300 geförderte Produkte – unseren mehrfach ausgezeichneten Tarif PflegeBahr – verkauft. Auch der nicht geförderte Zusatzbaustein PflegeBahr-Plus wird sehr gut angenommen.

Seite zwei: „Die Politik muss aufhören, auf Kosten der Sparer ihre Haushalte zu sanieren.“

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