Silber vor „Goldenen“ Zeiten

Silber Barren gestapelt
Foto: PantherMedia / doomu
Silber "performt" besser als Gold.

Zu Beginn der vergangenen Woche zahlten Edelmetallhändler für eine Feinunze Silber mit 32,30 Dollar so viel wie zuletzt im Frühjahr 2012. Damit legte der Silberpreis allein in den ersten drei Maiwochen um mehr als fünf Prozent zu.

Seit Beginn dieses Jahres ist Silber in der Spitze um 30 Prozent teurer geworden und hat sogar die eindrucksvolle Gold-Rally in den Schatten gestellt. Dass dieser steile Anstieg nach einer Atempause verlangen würde, lag in der Luft. Den Anstoß dafür lieferte die US-Notenbank: In ihrem in der vergangenen Woche veröffentlichten Protokoll zur Zinsentscheidung Anfang Mai ließ die Fed durchblicken, dass große Zinsschritte in diesem Jahr unwahrscheinlich sind. Einige Mitglieder zeigten sich sogar offen für eine weitere Leitzinsanhebung.


Das könnte Sie auch interessieren:

Auch wenn dies nur wenige Beobachter für wahrscheinlich erachten, dürften die US-Währungshüter mit Blick auf die hartnäckige Inflation vermutlich länger an ihrer restriktiven Geldpolitik festhalten als von den Marktteilnehmern gewünscht. Zwar ging die Teuerung im April mit 3,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf ein Dreijahrestief zurück. Das Inflationsziel der Fed von zwei Prozent liegt aber dennoch in weiter Ferne. Dies spiegeln auch die Terminmärkte wider: Laut dem FedWatch Tool der Chicagoer CME wird die US-Notenbank die Leitzinsen bei ihrem September-Treffen unverändert in der aktuellen Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent belassen. Bis zum Jahresende erwarten die Märkte zwischenzeitlich nur noch eine Senkung um 25 Basispunkte.

Gute Gründe gegen einen Preiseinbruch


Die enttäuschten Hoffnungen auf eine frühere Zinswende dürften dennoch nicht das Ende der Rally bedeuten. Dafür spricht nicht zuletzt das Verhältnis des Gold- und Silberpreises. Es zeigt an, wie viele Unzen Silber nötig sind, um eine Unze Gold zu kaufen. Nachdem diese viel beachtete Relation zuletzt auf den gleitenden Zehnjahresdurchschnitt gefallen ist, könnte nun der 20-Jahres-Durchschnitt in Sichtweite rücken, der sich bei 68 befindet. Mit Blick auf den aktuellen Goldpreis von rund 2.350 Dollar entspricht dies einer Bewertung für Silber von 34,60 Dollar je Feinunze. Charttechniker geben derweil grünes Licht, solange das jüngste Ausbruchslevel bei rund 30 Dollar je Feinunze nicht mehr signifikant unterschritten wird.

Auch das derzeitige Marktumfeld liefert gute Argumente gegen einen Preiseinbruch, allen voran die Unterversorgung des Marktes. Das weltweite Angebot, das seit einigen Jahren bei rund einer Milliarde Unzen pro Jahr liegt, wurde im vergangenen Jahr von der Nachfrage um rund 190 Millionen Unzen übertroffen – es war das dritte Jahr hintereinander, in dem ein deutliches Angebotsdefizit verzeichnet wurde.

Steigende Investmentnachfrage spricht für ein ungebrochenes Marktdefizit

Für dieses Jahr rechnen das Silver Institute und das unabhängige Londoner Analysehaus Metals Focus mit einer Ausweitung des Defizits auf 215 Millionen Unzen. Der wichtigste Treiber ist der prognostizierte Anstieg der weltweiten Silbernachfrage auf 1,2 Milliarden Unzen – was dem zweithöchsten jemals verzeichneten Wert entsprechen würde. Dieses Wachstum ist vor allem auf die starke industrielle Nachfrage zurückzuführen. Seine hohe Leitfähigkeit macht Silber nämlich nicht nur für die Chipherstellung unentbehrlich; auch aus der Elektromobilität ist es nicht mehr wegzudenken. China wiederum benötigt große Mengen an physischem Silber für seine schnell wachsende Solarindustrie, die die Welt mit günstigen Solarpaneelen überschwemmt. 

Auch die nun wieder zunehmende Investmentnachfrage spricht für ein anhaltendes Marktdefizit. Chinesische Investoren etwa suchen ihr Glück neben Gold auch in Silber, nachdem sie wegen des Absturzes der heimischen Börse und des Immobilienmarktes erhebliche Verluste erlitten hatten. Westliche Anleger hingegen haben zuletzt die höheren Preise als Gelegenheit zum Verkauf genutzt und ihre Silberbestände erheblich reduziert. Jetzt sind sie unterinvestiert und schauen dem Preisanstieg des Edelmetalls von der Seitenlinie zu. Es dürfte daher nur eine Frage der Zeit sein, wann auch sie wieder ihr Engagement erhöhen – und Silber damit weiter beflügeln. Edelmetallexperten zufolge könnten die zunehmenden Zuflüsse in ETFs das Angebotsdefizit im Silbermarkt auf das höchste Niveau seit vier Jahren steigen lassen.

Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments