So bereiten sich Immobilien-Asset-Manager auf die Mobilitätswende vor

E-Ladesäulen in Tiefgarage
Foto: Shutterstock
Gebäude lassen sich mit Ladepunkten für Elektroautos energieeffizienter machen.

Energieeffizienz im Immobiliensegment wird zunehmend wichtig und zum Wettbewerbsfaktor. Experten von EY zeigen, welche Aspekte dabei für Immobilien-Asset-Manager im Rahmen der Mobilitätswende wichtig sind.

1. Status quo im Immobiliensektor

Energieeffizienz im Immobiliensektor ist heutzutage nicht nur der „Megatrend“, sondern ist auch durch regulatorische Maßnahmen sowohl für Wohngebäude und Nichtwohngebäude zwingend erforderlich. Im Lichte der aktuellen Wirtschaftskrise und den damit verbundenen Preisexplosionen bei fossilen Brennstoffen, allen voran Gas, rückt das Thema Energieeffizienz noch stärker in den Mittelpunkt für institutionelle Investoren. Dabei beinhaltet der Großteil (mehr als 85 %) des deutschen Immobilienbestands Gebäude, welche vor mehr als 20 Jahren errichtet wurden und somit größtenteils nicht energieeffizient sind. [1] Betrachtet man die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU), so sind ca. 75 % aller Immobilien nicht energieeffizient. Zudem verursachte im Jahr 2021 der Immobiliensektor betriebsbedingt allein in Deutschland CO2-Emissionen in Höhe von 125 Mio. Tonnen (dies entspricht 16 % der Gesamt-CO2-Emissionen in Deutschland).

2. Klimaziele der EU und Deutschland im Gebäudesektor

Die EU wiederum hat jedoch in ihrem „Klima- und energiepolitischer Rahmen bis 2030“[2] das Emissionsminderungsziel von mindestens 55 % ganzheitlich für alle EU-Länder bis zum Jahre 2030 festgesetzt. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Treibhausgasemissionen von Gebäuden um 60 % und der Energieverbrauch für Heizung und Kühlung um 18 % durchschnittlich gesenkt werden.  

Deutschland hat mit dem überarbeiteten Klimaschutzgesetz (KSG) ein Gesamtminderungsziel bis 2030 von mindestens 65 % ausgegeben und geht damit über die Vorgaben der EU hinaus. Das KSG enthält für jeden Sektor klare Vorgaben bis 2030, wie viel CO2 die Sektoren emittieren dürfen. Der Gebäudesektor durfte im Jahr 2020 noch 118 Mio. Tonnen CO2 ausstoßen, im Jahr 2030 sind es maximal nur noch 67 Mio. Tonnen CO2.[3] Dies entspricht einer Minderung gegenüber 1990 von 68 % bis zum Jahr 2030.

3. Energetische Sanierung von Bestandsgebäuden

Fast zwei Drittel der Wohngebäude in Deutschland wurden vor 1979 gebaut und stammen damit überwiegend aus einer Zeit, als es fast noch keine regulatorischen Anforderungen an den Energieverbrauch von Gebäuden gab. Die erste Wärmeschutzverordnung trat im Jahr 1977 in Kraft. Das lässt erahnen, welch immenses Potenzial für Energieeinsparungen und somit Energieeffizienz im Gebäudebestand – sowohl für Wohn- und Nichtwohngebäude – liegt und dass kein Weg an einer umfassenden und intelligenten energetischen Sanierung der Bestandsimmobilien vorbeiführt.[4] Die energetische Sanierung ist auch Teil der Gebäudestrategie der Bundesregierung. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) hat jüngst eine Novelle erfahren, welche unter anderem weitere Anforderungen – neben den bereits vorhandenen – an energetische Sanierungen stellt. Diese Anforderungen stellen neue Herausforderungen für Gebäudeeigentümer dar.

4. Regulatorische Vorgaben für Stellplätze bei Neubauten und Bestandsgebäuden

Des Weiteren hat sich der regulatorische Rahmen für Gebäude mit dem Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) erweitert. Das GEIG regelt seit 18. März 2021 die Errichtung von und die Ausstattung mit der vorbereitenden Leitungs- und Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität.

Bei neuen Wohngebäuden mit mehr als fünf Stellplätzen muss demnach jeder Stellplatz mit Schutzrohren für Elektrokabel ausgestattet werden (gem. § 6 GEIG). Beim Neubau von Nichtwohngebäuden mit mehr als sechs Stellplätzen ist jeder dritte Stellplatz mit Schutzrohren für Elektrokabel auszustatten. Zusätzlich ist in Nichtwohngebäuden mindestens ein Ladepunkt zu errichten (gem. § 7 GEIG).

Bei einer größeren Renovierung von bestehenden Wohngebäuden mit mehr als zehn Stellplätzen müssen künftig sogar alle Stellplätze mit Schutzrohren für Elektrokabel ausgestattet werden (gem. § 8 GEIG). Bei einer größeren Renovierung bestehender Nichtwohngebäude mit mehr als zehn Stellplätzen gilt, dass jeder fünfte Stellplatz mit Schutzrohren für Elektrokabel ausgestattet und zusätzlich mindestens ein Ladepunkt errichtet werden (gem. § 9 GEIG). Nach dem 1. Januar 2025 ist jedes Nichtwohngebäude mit mehr als 20 Stellplätzen zudem mit mindestens einem Ladepunkt auszustatten (gem. § 10 GEIG).

5. Nutzen Sie die Herausforderungen als Chance

Diese beiden Entwicklungen – energetische Sanierung und Vorgaben für Stellplätze – lassen sich gut miteinander kombinieren und verschaffen den Immobilieneigentümern und -nutzern eine Win-Win-Situation. Wie diese aussieht und wie wir dabei unterstützen, möchten wir gerne im Folgenden erläutern.

Um die beiden Themen Energie- und Mobilitätswende perfekt für sich zu nutzen, ist es empfehlenswert, nicht nur eine Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) beispielsweise auf dem Dach des Objektes zu installieren, sondern gleichzeitig auf den Mitarbeiter- und/oder Kundenparkplätzen entsprechende Ladestationen für Elektroautos zu errichten, welche mit dem erzeugten Strom aus der PV-Anlage gespeist werden. Dies liefert nicht nur 100%-igen Öko-Strom, sondern setzt den erzeugten Strom effizient ein.

Dieses Modell ist bereits bekannt und kann als sog. Eigenversorgungsmodell konzipiert werden, sodass mit dem neu eingeführten Energiefinanzierungsgesetz (EnFG)[5], Eigenversorgungsmodelle von der Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz-Umlage und der Offshore-Netzumlage befreit sind. Vor dem 1. Juli 2022 waren Eigenversorgungsmodelle insbesondere wegen der Erleichterungen bezüglich des Wegfalls bzw. der Reduzierung der EEG-Umlage interessant. Diese ist seit dem 1. Juli 2022 auf null reduziert worden und somit weggefallen. Neben dem Wegfall der Umlagen ist jedoch auch die günstige Produktion von „Ökostrom“ für eine „Environmental Social Governance“ (kurz: ESG) Strategie relevant.

Eine Alternative der Nutzung der PV-Anlage kann ein sog. Mieterstrommodell sein. Die PV-Anlage beliefert dann Mieter von Gebäuden mit Strom und hierfür erhält der Anlagenbetreiber den sogenannten Mieterstromzuschlag. Wenn der Mieter eine Wallbox hat, kann dann auch diese mit „Ökostrom“ versorgt werden. Ob ein solches Modell für Sie in Frage kommt, hängt vor allem von der Anzahl der Mieter (und deren Wallboxen) und der potenziellen Größe der PV-Anlage ab. Durch die Installation einer PV-Anlage fördern Sie – nicht nur bei sich und Ihren Mitarbeitern, Kunden oder Mietern – den Einsatz des erzeugten Stroms unter anderem für das Laden von Elektrofahrzeugen, sondern können selbst durch ein gezieltes Ausrichten Ihrer Unternehmensfahrzeugflotte oder dem Angebot eines bestimmten Mitarbeiter-Kfz-Leasing-Programmes den Trend zur Anschaffung von Elektroautos unterstützen.

6. E-Autos als Speicher durch bidirektionales Laden

Neben der Verknüpfung der Ladestationen mit der PV-Anlage können Sie sich ein weiteres Phänomen zu Nutze machen: E-Autos als großer Stromspeicher.

Elektroautos können neben dem Aufladen auch Strom aus der Batterie wieder in das Netz zurückspeisen. Dieses sogenannte bidirektionale Laden kann die rechtlichen Anforderungen eines netzrelevanten Kurzzeitenergiespeichers erfüllen. Zu Tages- und Jahreszeiten mit weniger bzw. gar keinen Sonnenscheinstunden kann dann das E-Auto damit die fehlende Stromproduktion der PV-Anlage ausgleichen. Je mehr Elektrofahrzeuge des Unternehmens und der Mitarbeiter oder der Mieter also während der Zeit mit den Ladepunkten verbunden sind, umso größer ist der so kurzzeitig geschaffene Stromspeicher für das Gebäude, sofern eine Einspeisung der E-Fahrzeuge in das Stromnetz oder der Kundenanlage des Gebäudes möglich ist. Dies führt in der Folge zu weiteren Kostenersparnissen, da die Anschaffung fest installierter Stromspeicher kostenintensiv ist.

7. Fördermöglichkeiten für die Installation von Ladestationen

Darüber hinaus sind für die Installation von E-Ladestationen die Fördermöglichkeiten interessant. Mit der bundesweiten KfW-Förderung für Ladestationen in Unternehmen („KfW-Förderung 441“) bekommen Sie zudem bis zu 70 % der förderfähigen Gesamtkosten für die Installation einer Ladesäule erstattet, wenn Sie in nicht-öffentlich zugängliche Ladestationen investieren. Die konkrete Zuschusshöhe ist unter anderem von der Anzahl der Ladepunkte abhängig. Pro Ladepunkt erhalten Sie maximal 900 Euro von der KfW. Voraussetzung dafür ist, dass die Beantragung des Zuschusses vor der verbindlichen Beauftragung der Maßnahme erfolgt.

8. Steuerliche Energiewende

Um Anreize für den Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Sinne des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und den Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge (einschließlich Elektrofahrrädern) zu schaffen, hat der Gesetzgeber zuletzt eine Änderung des Gewerbesteuergesetzes vorgenommen, um auch steuerlich mit den ökologischen und technischen Entwicklungen Schritt zu halten.

Vermietungsunternehmen – unabhängig von der Rechtsform – können bei der Ermittlung des Gewerbeertrags den auf die Überlassung des Grundbesitzes entfallenen Ertrag für Zwecke der Gewerbesteuer kürzen (sog. erweiterte Kürzung) und unterliegen somit im Ergebnis nicht der Gewerbesteuer. Jedoch war bisher die Erzeugung und Lieferung von Strom aus Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien oder aus dem Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge schädlich für die Anwendung dieser Begünstigung, sodass insgesamt die Möglichkeit, die erweiterte Kürzung in Anspruch zu nehmen, verloren ging und es somit den Vermietern steuerlich unattraktiv gemacht wurde, derartige Modernisierungen durchzuführen.

Mit Inkrafttreten der Gesetzesänderung können Vermietungsunternehmen nun auch von der erweiterten Kürzung Gebrauch machen, wenn sie beispielsweise das Mietstrommodell nutzen und den Mieter mit Strom beliefern. Auch der Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge und Elektrofahrräder ist jetzt nicht mehr schädlich und daher möglich. Jedoch gelten bestimmte Voraussetzungen und Bagatellgrenzen in diesem Zusammenhang, um einem Missbrauch der Regelung vorzubeugen. Damit behindert das Steuerrecht derartige Lösungen nicht mehr, auch wenn die jeweilige Konzeption im Einzelfall natürlich steuerlich geprüft werden sollte.

9. Fazit für die Immobilienwirtschaft

Das Ziel für die Immobilienwirtschaft ist klar. Die Gebäude sollen energieeffizienter werden, nicht nur aus regulatorischen Anforderungen heraus, sondern auch durch die Anforderungen der Immobiliennutzer. Neben der Installation von Photovoltaikanlagen, die in der Branche derzeit intensiv vorangetrieben werden, zeigen die Entwicklungen, dass auch das Thema Ladeinfrastruktur weiter voranschreitet.   

Die Immobilienwirtschaft als einer der größten CO2-Emittenten ist besonders gefordert, sich im Hinblick auf die ESG-Strategie gut zu positionieren und nicht gegenüber anderen Branchen ins Hintertreffen zu geraten. Wir haben einige mögliche Wege aufgezeigt.

Gerade bei der Installation von PV-Anlagen und dem Einsatz von Ladestationen in Gebäuden ergeben sich häufig Fragen steuerlicher, juristischer und unternehmensstrategischer Art. 

EY bietet Ihnen dafür in allen Bereichen den passenden Experten. Wir freuen uns, Sie unterstützen zu dürfen.

Die Autoren:

Katja Dobberow

Katja Dobberow verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung in der Finanzbranche und Unternehmensberatung. Sie ist Senior Managerin bei EY und Teil des Wealth- und Asset Management Beratungsgeschäftes in Deutschland. Ihr Fokus liegt auf der Beratung von Asset Managern und Kapitalverwaltungsgesellschaften mit dem Schwerpunkt Real Estate.

Fabian Pirzer

Fabian Pirzer ist Manager im Bereich Wealth & Asset Management Consulting. Sein Fokus liegt auf der Beratung der Fonds- und Asset Management Industrie mit Schwerpunkt Real Estate.

Dr. Boris Scholtka

Dr. Boris Scholtka ist Rechtsanwalt und Mediator (Univ.). Er ist Partner der Ernst & Young GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft (EY Law) in Berlin und leitet den Energierechtsbereich der Kanzlei. Seine Beratungsschwerpunkte liegen im Energie- und Regulierungsrecht mit den entsprechenden kartell- und europarechtlichen Bezügen. Er berät seit bald 25 Jahren Mandanten unterschiedlicher Größe und Prägung in der Energiewirtschaft. Er ist ein erfahrener Prozessanwalt und Schiedsrichter, Beirat verschiedener Fachzeitschriften sowie des energierechtlichen Instituts der Universität Köln (EnWiR).

Jan Kiesel

Jan Kiesel ist Partner bei EY im Bereich Real Estate Tax. Sein Fokus liegt auf der steuerlichen Beratung bei Immobilieninvestitionen im In- und Ausland.


[1] A-EW_247_Energiewende-Deutschland-Stand-2021_WEB.pdf (agora-energiewende.de).

[2] Klima- und energiepolitischer Rahmen bis 2030 (europa.eu).

[3] Lesefassung des Bundes-Klimaschutzgesetzes 2021 mit markierten Änderungen zur Fassung von 2019 (bmuv.de).

[4]  ZIA-Report-Klimaschutz.pdf (zia-deutschland.de).

[5] Bundestag, Drucksache 20/2580 v. 5. Juli 2022, abrufbar unter: bundestag.de.

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