Die Halver-Kolumne
Als Rheinländer habe ich mir zuletzt mit großer Freude den Kölner Rosenmontagszug angesehen. Dabei wurden die Themen Staatsverschuldung und -bankrott besonders auf die Schippe genommen. Jetzt in der Fastenzeit bei wieder nüchterner Betrachtung fällt es aber schwer, weiter Spaß zu verstehen.
In der Anlagetheorie werden zwar seit Jahrzehnten die Staatsanleihen als stabile und risikolose Sicherheitsanlagen postuliert. Aber Hand aufs Herz: Ist diese Annahme noch gerechtfertigt? Wo ist der Renditeaufschlag, der die mannigfaltigen Risiken oder Instabilitäten berücksichtigt? Denn ist diese Anlageform nicht künstlich durch die Notenbankpresse überbewertet, um die Zinsen zur Konjunkturstützung möglichst gering zu halten?
Geht nicht die Schuldenaufnahme zur Notspeisung der Wirtschaft munter weiter? Und welche Erfolgsaussichten können eigentlich Sparauflagen in Ländern wie Griechenland haben, wo aufgrund der Mentalität Stabilität ähnlich populär ist wie für Frösche das Trockenlegen von Sümpfen?
Sicherlich wird der sogenannte Euro-„Stabilitäts“-Raum Zeit gewinnen können. So kann die EZB ähnlich wie 2009 beim außerordentlichen Aufkauf von Unternehmensanleihen als Sondermaßnahme auch Euros nach Athen tragen und damit die Risse in der Euro-Erbengemeinschaft vorerst kitten.
Euros nach Athen
Diese provisorische Familienharmonie wird die Finanzmärkte langfristig aber mit Sicherheit nicht ruhig stellen. Also demnächst mehr in diesem Theater! Zumindest im direkten EU-Vergleich sind wir Deutschen in puncto Stabilität immer noch die Einäugigen unter den Blinden. Aber werden am Ende nicht auch wir als Verteidiger der griechischen Stabilitätsehre Federn lassen müssen gemäß dem Motto „Eltern haften für ihre Kinder“?
Die Kardinalfrage ist aber: Wie bauen wir die Staatsverschuldung jemals wieder ab? Mit Wirtschaftswachstum allein ist hier kein Blumentopf zu gewinnen. Denn trotz solider Wachstumsraten und einer zusätzlichen Mehrwertsteuererhöhung von drei Prozentpunkten konnte Deutschland selbst 2006 und 2007 keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen!
Deutliche Steuer- und Sozialabgabenerhöhungen beziehungsweise Ausgabenkürzungen kommen auch nicht in Frage, da sie wie grüne Wiesen für den Skifan als Spaßbremsen für die Wirtschaftsstimmung wirken. Also wird es nur mit einer stärkeren Inflationierung gehen können. Selbst der Internationale Währungsfonds als Gralshüter der Stabilität hat zuletzt den Notenbanken angeraten, eine deutlich höhere Inflation zuzulassen. Ist damit jetzt der stabilitätspolitische Sündenfall finanzhoffähig geworden?
Die USA haben bereits seit den 80er-Jahren immer wieder gerne die Preiskeule zum Wegspülen von Staatsschulden benutzt. Angesichts ihrer gigantischen Verschuldungslage war diese Doktrin nie wichtiger als jetzt. Damit ist aber auch klar, dass die Ankündigung von ernst zu nehmenden Exit-Strategien der Notenbanken wohl eher unter dem Motto abläuft „Wasser predigen, Wein saufen“.