DIW-ForscherInnen berechnen, was ein niedrigeres Rentenniveau für die Altersarmut und den Bezug von Grundsicherung bedeuten würde – Deutlich mehr RentnerInnen als bisher stünden finanziell schlecht da, wenn nicht gegengesteuert wird – Langfristig sollten unter anderem die private und betriebliche Altersvorsorge ausgebaut werden
Sinkt das Rentenniveau wie erwartet von heute 48 Prozent auf etwa 43 Prozent im Jahr 2045, steigt die Armutsrisikoquote bei Älteren – wenn sich an den derzeitigen Rahmenbedingungen nichts ändert – um bis zu 20 Prozent. Auch der Anteil derer, die Grundsicherung im Alter beziehen, nähme deutlich zu – es sei denn, die Renten wachsen schneller als der Grundsicherungsbedarf. Das sind die zentralen Befunde einer neuen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).
Das voraussichtlich sinkende Rentenniveau bedeutet vereinfacht ausgedrückt, dass man nach 45 Jahren Berufstätigkeit zum Durchschnittslohn aktuell – nach Abzug der Sozialbeiträge – 48 Prozent des Durchschnittslohns als Rente erhält, in Zukunft aber nur noch 43 Prozent des dann aktuellen Durchschnittslohns.
Verschärfung der Altersarmut?
„Die Gefahr der Altersarmut droht sich infolge des sinkenden Rentenniveaus zu verschärfen“, sagt der DIW-Rentenexperte Johannes Geyer, einer der Studienautoren. In der Studie wurde der Effekt der Rentenniveausenkung auf die Altersarmut – davon sind Personen betroffen, die weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens zur Verfügung haben – und der Grundsicherungsbedarf zwar isoliert von anderen Faktoren berechnet.
Beispielsweise könnte es künftig verstärkte Anreize und Möglichkeiten für private Vorsorge auch für BezieherInnen niedriger Einkommen geben und damit die Armutsrisikoquote im Alter sinken. Derzeit ist die private Vorsorge insbesondere in dieser Gruppe noch recht gering. Die Ergebnisse zeigen aber deutlich, dass es einen starken Zusammenhang von Rentenniveau und Armutsrisiko gibt.
Die Studie unterstreicht somit, dass es Maßnahmen bei der gesetzlichen Rente und der privaten Vorsorge geben müsse, und zwar möglichst schnell. „Die Zeit läuft davon. Man muss Lösungen finden, die die Rente nicht nur finanziell, sondern auch sozial nachhaltig auszugestalten“, so Geyer.
Armutsrisikoquote steigt in allen vier untersuchten Szenarien
Die Auswirkungen des bis zum Jahr 2045 sinkenden Rentenniveaus haben Hermann Buslei, Björn Fischer, Johannes Geyer und Anna Hammerschmid anhand von vier Szenarien untersucht, die sich in der allgemeinen Preisentwicklung und in den Unterkunftskosten als wichtiger Komponente der Grundsicherung unterscheiden. Dafür verwendeten sie ein Mikrosimulationsmodell und Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP).
Den Berechnungen zufolge steigt in jedem der vier Szenarien die Armutsrisikoquote, und zwar um 2,1 bis 3,5 Prozentpunkte. Ausgehend von 17,5 Prozent aller mindestens 65-Jährigen, die im Jahr 2015 hierzulande von Armut bedroht waren, entspricht das einem Anstieg von bis zu einem Fünftel. Nehmen die Unterkunftskosten, die einen großen Teil der Grundsicherungskosten ausmachen, um mehr als drei Prozent jährlich zu, steigt auch der Anteil der GrundsicherungsempfängerInnen infolge des niedrigeren Rentenniveaus deutlich. Bei einer schwächeren Entwicklung der Unterkunftskosten – angenommen wurden jährlich 1,4 Prozent – sinkt diese Quote.
Um ein höheres Altersarmutsrisiko zu vermeiden, müsste nach Ansicht der AutorInnen betroffenen Personen und Haushalten gezielt mit zusätzlichen Maßnahmen geholfen werden. Kurzfristig könnten wohl nur die Regelungen der gesetzlichen Rentenversicherung oder die Grundsicherungsleistungen angepasst werden.
Längerfristig komme es aber vor allem darauf an, die betriebliche Altersvorsorge auszubauen und auch GeringverdienerInnen private Vorsorge zu ermöglichen. Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Politik durch weitere Reformen, etwa in den Bereichen Bildung, Arbeit und Steuern, die Beschäftigungsmöglichkeiten verbessert und langfristig dem Altersarmutsrisiko vorbeugt.
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