Männer beschäftigen sich oft nicht gern mit der eigenen Gesundheit. Dabei kann das ewige Verdrängen lebensgefährliche Folgen haben.
Die „Männergrippe“ ist zwar eher ein Klischee als medizinische Wahrheit – aber typische Männerkrankheiten gibt es durchaus. Und auch sonst viele medizinische Probleme, die eher Männer als Frauen treffen. Meistens sind diese gut behandel- und heilbar.
Voraussetzung ist, dass sie früh erkannt werden – und daran hapert es oft. „Männer leben oft ungesünder als Frauen: Sie essen insgesamt fettreicher, trinken mehr Alkohol und rauchen häufiger“, erklärt Monika Köster, Expertin für Männergesundheit bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA).
Auch die körperliche Aktivität komme oft zu kurz: „Gut die Hälfte der Männer in Deutschland erreicht nicht das von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlene Mindestmaß an körperlicher Ausdaueraktivität von 2,5 Stunden pro Woche“, sagt Köster.
Die Folge sind Krankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes, Adipositas und schließlich daraus folgende Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Von all diesen Problemen sind Männer häufiger betroffen als Frauen. Gleiches gilt für Suchterkrankungen und für Verletzungen aufgrund von Arbeits- und Verkehrsunfällen. Und auch die Zahl der Krebs-Neuerkrankungen ist bei Männern höher als bei Frauen. Woran liegt das?
Männer kennen ihren Körper nicht
„Oft liegt bei Jungen und Männern ein Mangel an Kenntnissen und Informationen über den eigenen Körper vor“, erklärt Alex Schroeder, Präsident des Berufsverbands der Deutschen Urologen (BvDU). „Außerdem kommen den Jungen und Männern die heute leider oft noch gängigen Stereotype nicht zugute – zum Beispiel, dass ein Junge nicht weint oder ein Mann sich mit Problemen selber zu helfen weiß.“
Auch Prof. Matthias Franz, Kommissarischer Direktor des Klinischen Instituts für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Düsseldorf (UKD), zeigt sich besorgt. „Männer bringen sich dreimal häufiger um als Frauen, ihre Lebenserwartung ist im Vergleich zu der von Frauen um fünf Jahre reduziert. Der Unterschichtmann lebt sogar 15 Jahre kürzer als die Oberschichtfrau.“
Das Desinteresse an diesen Verhältnissen grenze an kollektive Empathieverweigerung, findet der Experte. Die diagnostischen Routinen in der Medizin seien viel zu häufig blind für die seelischen Beschwerden der Jungen und Männer – und damit auch für ihre rollentypisch verzerrten Symptomschilderungen.
Die Frage nach dem Umgang mit dem eigenen Körper ist für Jungen oft schwerer. „Frühzeitige Gesundheitserziehung fängt im Elternhaus und Kindergarten an. Das Elternhaus ist das A und O, aber viele Bürger wissen leider nicht gesundheitsbewusst zu leben und kennen sich in Sachen Prävention oft nicht aus“, sagt Schroeder. Dabei gebe es in vielen Praxen unterschiedliche Sprechstunden, die auf die Fragen und Bedürfnisse der Jungen und Männer ausgelegt sind.
Von der Antriebslosigkeit zur Erektionsstörung
Typische Männerkrankheiten und -gesundheitsprobleme müssen nach Ansicht des Urologen aus mehreren Perspektiven – also ganzheitlich – betrachtet und behandelt werden. Schließlich hängen viele Phänomene und Probleme irgendwie zusammen. Ein Beispiel: die Abnahme des Testosterons ab Mitte 40.
„Die Testosteronbildung hört zwar – anders als bei der Frau die Bildung von Östrogen – nie komplett auf, aber der Mann wird bei weniger Testosteron ruhiger, phlegmatischer, antriebsloser, was oft zur Folge hat, dass er weniger Zeit beim Sport, dafür mehr auf dem Sofa verbringt“, sagt Schroeder. Gewichtszunahme sei oft die Folge.
Übergewicht und Adipositas, aber auch Bluthochdruck und Diabetes müsse man dann aber auch unter einem allgemeinmedizinischen und internistischen Gesichtspunkt betrachten. Ein Beispiel: „Jeder Diabetiker bekommt irgendwann Erektionsstörungen, denn die hohen Blutzuckerwerte können den für eine Erektion nötigen Blutfluss beeinträchtigen“, erklärt Schroeder. Erektionsstörungen sind also nicht nur ein psychologisches, sondern auch ein organisches Problem.
Oft sind es die ersten Anzeichen von Durchblutungsstörungen, die wiederum ein Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall sind. „Man kann all die besprochenen Bereiche eben nicht einfach losgelöst voneinander betrachten.“
Vorsorge schützt vor bösen Überraschungen
Umso wichtiger ist es, dass Männer nicht erst zum Arzt gehen, wenn der Körper Alarm schlägt. „Viele Krankheiten, vor allem bestimmte Krebsarten, führen erst relativ spät zu Symptomen“, erklärt Monika Köster von der BZgA. Früherkennungsuntersuchungen helfen, mögliche Probleme rechtzeitig zu erkennen und die Heilungschancen zu erhöhen.
Umfassende Informationen zu Früherkennungsuntersuchungen gibt es bei der BZgA unter www.maennergesundheitsportal.de. Im Rahmen des gesetzlichen Krebsfrüherkennungsprogrammes werden etwa Untersuchungen zu verschiedenen Krebserkrankungen – Brustkrebs, Darmkrebs, Gebärmutterhalskrebs, Hautkrebs und Prostatakrebs – angeboten.
Ab 35 Jahren haben Männer alle zwei Jahre Anspruch auf ein Hautkrebs-Screening. Ab 45 Jahren können sie eine jährliche Tastuntersuchung von Prostata und Genitalien vornehmen lassen. Und ab dem Alter von 50 Jahren haben sie Anspruch auf die Teilnahme an Untersuchungen zur Früherkennung von Darmkrebs.
Darüber hinaus können Frauen und Männer im Alter zwischen 18 und 34 Jahren einmalig einen Gesundheits-Check-up durchführen lassen. Ab dem 35. Lebensjahr ist die ärztliche Gesundheitsuntersuchung dann alle drei Jahre möglich. Dabei geht es unter anderem darum, Diabetes, Nieren- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erkennen.
Frühe Heilung statt später Linderung
Schroeder rät, unbedingt zur Früherkennung zu gehen. Nur dann könne schonend und heilend behandelt werden. „Prostatakrebs ist zum Beispiel behandelbar, im Frühstadium auch heilbar.“ Wer zu spät kommt, dem könne meist nur noch mit einer lindernden Therapie geholfen werden.
„Der Mann ist – etwas polemisch ausgedrückt und unter Betrachtnahme der genannten, auch soziologischen Aspekte – ein Verdränger“, sagt Schroeder. „Eine schleichende Veränderung treibt ihn nicht in die Praxis. Er muss schon einen Unfall oder große Beschwerden haben.“
Die wichtigste Prävention ist deshalb vielleicht, gerade für Männer, überhaupt ein Gesundheitsbewusstsein für den eigenen Körper zu entwickeln: Wie kenne ich meinen Körper? Wie fit bin ich wirklich? Sollte ich mein Essverhalten ändern?
Im Idealfall wird aus dieser Selbsterkenntnis auch ein gesunder Lebensstil – beim Essen, aber auch anderswo. „Bei der Bewegung darf es durchaus mehr als ein Spaziergang sein“, sagt Schroeder und empfiehlt zwei bis drei Einheiten Ausdauertraining pro Woche. Mit fortgeschrittenem Alter sei es zudem ratsam, den Muskelaufbau zu fördern: Das hält beweglich, zu Fuß unterwegs sein fällt leichter. (dpa-AFX/IhreVorsorge)
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