Niemand gibt gerne Geld aus – eigentlich. Auf der anderen Seite sind Menschen definitiv bereit, zu investieren, wenn sie entsprechenden Nutzen fürs Ersparte bekommen. Über den Mehrwert steht und fällt die Entscheidung zum Kauf. Bietet ein Honorarberater beispielsweise eine tolle Anlagenberatung für 3.000 Euro, wird jeder Gesprächspartner erst mal schlucken. So viel Geld! Profis gehen anders an die Sache: „Lieber Kunde, ich habe ein tolles Konzept entwickelt, damit du vier Jahre früher deinen Ruhestand genießen kannst. Dieser Fahrplan kostet nur 3.000 Euro.“ Jetzt wird dein Gegenüber hellhörig. Denn plötzlich steht der gleichen Summe ein individueller und überzeugender Nutzen gegenüber.
Erfolgreiche Unternehmer arbeiten genau so. Sie ermitteln den größtmöglichen Nutzen für ihren Kernkunden und bauen das gesamte Business darauf auf. Bei einer Fluglinie, die sich auf Geschäftskunden spezialisiert, sieht das etwa so aus: Die Bedürfnisse der Kernkunden sind viele Flüge und günstige Preise. Die Entscheidung der Strategen: Wir konzentrieren uns auf die Businessflughäfen der Welt. Nur wenn ein achtmaliges Pendeln pro Tag möglich ist, kommt die Stadt auf den Flugplan. Zudem fliegt die Airline mit nur einem Flugzeugtyp. Das sorgt für hohen Wiedererkennungswert bei den Passagieren, schnellere Abläufe und weniger Aufwand fürs Unternehmen. Und garantiert günstige Preise.
Wie Topf und Deckel
Will ein Finanzberater sein Nutzenversprechen abbilden, funktioniert das im Grunde ebenso. Er stellt sich die Frage: Welcher Effekt ist für meine Kundschaft attraktiv? Gehen wir davon aus, dass Sie Ihre Kernkunden kennen – denn ohne diese Infos geht es nicht. Sie kennen die wichtigsten Bedürfnisse, größten Ängste, Sorgen, Wünsche und Träume. Außerdem kennen Sie Ihren eigenen Wettbewerb und wie Sie sich als Experte abheben und positionieren. Mit diesem Wissen im Gepäck kann jeder Berater problemlos sein einzigartiges Nutzenversprechen kreieren. Oberste Prämisse dabei: Am Ende matchen Kundenbedürfnis und -mehrwert wie Topf und Deckel. Je größer die Schnittmenge, desto besser.
Als Erstes schauen Berater sich ihr eigenes aktuelles Portfolio an: Welche Dienstleistungen und Produkte biete ich meinen Kernkunden? Bleiben Sie dabei bitte nicht zu allgemein, sondern beschreiben Sie die einzelnen Elemente detailliert. Ihr Angebot wird sich vermutlich aus mehreren Bereichen zusammensetzen:
- aus physischen (wie Finanzgutachten),
- immateriellen (zum Beispiel Anlageberatung oder Schadensregulierung),
- digitalen (bspw. digitalen Kundenakten oder digitale Depotzugänge) und
- finanziellen Angeboten (wie Investmentfonds oder Versicherungen).
Aus dieser Übersicht können Berater ihr Nutzenversprechen ableiten – indem sie das Angebot nach Relevanz für die Klienten sortieren. Einige der Angebote wird der Kernkunde als unerlässlich einstufen, andere als eher unwichtig.
Problemlöser & Gewinnerzeuger
Im zweiten Schritt geht es nur um die Kundenbedürfnisse: Welche Schwierigkeiten löst das Programm und welche Wünsche bekommt der Klient erfüllt? Am Ende braucht jeder Finanzexperte „Problemlöser“ und „Gewinnbringer“ in seiner Schublade – Produkte oder Pakete, die Ängste beseitigen oder Träume erfüllen. Wichtig bei den Überlegungen zum idealen Nutzenversprechen: Es geht ausschließlich und immer um die Interessen der Abnehmer! Nicht um die größten Umsatzbringer der Berater. Schnell rutschen Unerfahrene bei der Angebots-Planung in die Perspektive des Unternehmers. Profis stellen sich daher bewusst in die Schuhe ihrer Klienten: Welche Maßnahmen sparen Herrn Meier Geld und Zeit? Wann kann Ehepaar Schulze nachts besser schlafen? Wie lassen sich die Schwierigkeiten des Kunden auflösen und seine Herausforderungen meistern? Durch welche Pakete lässt sich finanzielles Risiken minimieren? Und wie kann Familie Schuster soziale Nachteile vermeiden? Das gleiche Spiel bei den Gewinnerzeugern: Wie erträumt der Kernkunde sich seine Gegenwart und Zukunft? Wie gestaltet sich sein Idealleben? Durch welche Veränderung entstehen Glücksgefühle? Ob Frustvermeider oder Lustbringer – bei beiden Lösungsansätzen geht es nicht darum, alle Probleme oder Wünsche des Kunden zu erfüllen. Wer sich als Berater auf die wichtigsten Aspekte konzentriert, startet von einer Top-Basis, um neue wertvolle Neukunden anzulocken.
Zentrales Element für Erfolg
Egal ob Honorar-, Provisionsberater oder Mischform –der Nutzen, den der Finanzprofi mit seinem individuellen Know-how seinen Kunden liefert, ist zentrales Element für den Erfolg. Leicht gesagt und oft unterschätzt: Die versprochene Wirkung entscheidet, ob der Kunde Geld in die Hand nimmt oder nicht. Natürlich plagt sich die Finanzberatung auch hier mit dem bekannten Problem, dass Menschen die Produkte nicht in die Hand nehmen können. Daher ist der Benefit oft nicht greifbar. Das ändert sich, wenn es gelingt, den Vorteil messbar zu machen. Wie im Eingangsbeispiel: Vier Jahre früher in den Ruhestand? Das lässt sich eichen und zündet schon beim Gedanken enorme Emotionen. Allein deswegen lohnt es sich für Berater extrem, ein eigenes Nutzenversprechen zu designen. So erschaffen sie ein starkes Fundament für eine erfolgreiche Zukunft.
Autor Marcus Renziehausen ist Betriebswirt und leidenschaftlicher Unternehmer, Autor und Speaker. Seit 2002 ist er als Vorstandsvorsitzender bei der The Engineers of Finance AG tätig. Renziehausen hat aus The Engineers of Finance ein erfolgreiches Unternehmen mit 15 Mitarbeitern und 1.000 angeschlossenen Finanzberatern gemacht. Er ist zudem zertifizierter scale up Senior Coach. www.renziehausen.de / www.engineers-of-finance.de