So verändert Corona die Baufinanzierung

Foto: Interhyp
Jörg Utecht, CEO der Interhyp Gruppe

Corona hinterlässt Spuren, auch im Bereich der Baufinanzierung sind vorübergehende und bleibende Veränderungen sichtbar.

„Ob Beratung per Screensharing, virtuelle Objektbesichtigungen oder häufige Gespräche über die Einplanung eines Arbeitszimmers im neuen Eigenheim –  das Aufkommen der Corona-Pandemie bedeutete zahlreiche Veränderungen im Bereich der Immobilienfinanzierung. Vor allem aber verstärkte es bei vielen Menschen den Wunsch nach einem eigenen Zuhause als sicheren Rückzugsort“, erklärt Jörg Utecht, Vorstandsvorsitzender von Interhyp, Deutschlands größtem Vermittler für private Baufinanzierungen.

Das habe die Nachfrage nach Immobilien und Finanzierungen auf hohem Niveau gehalten. „Auch 2021 gehen wir angesichts niedriger Zinsen, mangelnder Anlagealternativen und dem zunehmenden Sicherheitsbedürfnis in der Krise weiterhin von einer anhaltenden Nachfrage nach Immobilien und Baufinanzierungen aus.“ Interhyp blickt auf das Baufinanzierungsjahr 2020 zurück – und zieht daraus Schlüsse für das neue Jahr.

Stärkung der Wohn-Immobilie als krisenfester Rückzugsort

„Nach ersten Unsicherheiten und Zurückhaltungen in den ersten Wochen des Lockdowns im März hat sich schnell gezeigt, dass sich Immobilien im privat-wohnwirtschaftlichen Bereich auch in Pandemie-Zeiten als krisenfestes Investment auszeichnen“, blickt Utecht zurück. „Aus unseren Beratungsgesprächen wissen wir, dass das eigene Zuhause durch die Pandemie-Erfahrungen als wichtiger Rückzugsort und sogar ‚rettende Insel‘ auch emotional wichtiger geworden ist. Schließlich waren die meisten Menschen noch nie so viel daheim wie in 2020“, erklärt Utecht.

Die Immobilienpreise in Deutschland sind stabil bzw. in Ballungszentren weiter gestiegen und auch die Nachfrage nach Immobilienkrediten lag laut Bundesbank in 2020 höher als im Vorjahr. „Wir haben ein sehr hohes Interesse an Baufinanzierungen verzeichnet, die auch zu mehreren Rekordmonaten bei den Abschlüssen geführt haben“, so Utecht. 

Dabei lässt sich ein Wandel bei Lage und Art der nachgefragten Immobilien feststellen: Laut einer Interhyp-Studie hat der Trend zur Immobilie außerhalb der Ballungszentren durch Corona weiter Fahrt aufgenommen. Metropol-Bewohner erwerben heute häufiger als in den Vorjahren eine Immobilie in Mittel- und Kleinstädten. Menschen vom Land oder aus sehr kleinen Ortschaften ziehen dort seltener fort als früher.

„Die sogenannte Landlust hat sich in der Coronakrise verstärkt. Da viele Menschen im Homeoffice arbeiten und sich diese neue Arbeitsweise auch in Zukunft etablieren wird, gehen wir davon aus, dass das Wohnen außerhalb der Ballungszentren attraktiver werden wird“, so Utecht. 

Neben dem Trend nach mehr Natur sind dieses Jahr auch Ferien-Immobilien im Inland oder Österreich in das Zentrum des Interesses gerückt, da Urlaub im Ausland nur eingeschränkt möglich war. „Besonders das Haus am Meer, also Immobilien an Nord- oder Ostseeküste, wurden 2020 stärker nachgefragt“, erklärt der Vorstandsvorsitzende. Interhyp rechnet angesichts der anhaltenden Reise-Unsicherheiten und Quaratäne-Regelungen damit, dass das Interesse an inländischen Ferien-Immobilien auch im nächsten Jahr anhalten wird.

Baufinanzierungs-Beratung 2020: Anderer Zugang, anderer Schwerpunkt

Als im Frühjahr bundesweit Kontaktbeschränkungen ausgerufen wurden, profitierten Unternehmen mit digitaler Aufstellung, die umgehend statt der üblichen physischen Beratungsgespräche ihre Expertise per Video oder telefonisch mit digitaler Unterstützung und Bildschirm-Präsentationen anbieten konnten.

„Unsere Kunden haben diese für sie zum Teil ungewohnten Kanäle, aber auch digitale Tools wie beispielsweise unser interaktives Portal ‚Interhyp Home‘ in Zeiten des Lockdown bereitwillig und verstärkt angenommen“, erläutert Utecht. Seiner Meinung nach werde die vermehrte Nutzung digitaler Tools auch nach dem Überwinden der Pandemie bleiben – der hohe Stellenwert der persönlichen Beratung, vorzugsweise von Angesicht-zu-Angesicht, aber auch.

Doch nicht nur Weg der Beratung veränderte sich durch die Corona-Krise, auch inhaltlich verlagerten sich die Beratungsschwerpunkte: Der Bedarf an Planungssicherheit und Flexibilität bei der Rückführung der Darlehen ist gestiegen, um auch auf eventuelle Änderungen der Einkommenssituation reagieren zu können. Der stärkere Wunsch nach Planbarkeit und Flexibilität zeigt sich zum Beispiel an der durchschnittlichen Zinsbindungslänge von mehr als 13 Jahren sowie der vermehrten Nachfrage nach Baufinanzierungsprodukten mit Option zu mehrmaligen Tilgungssatzwechseln während der vereinbarten Zinsbindungsdauer. 

Angepasste Banken-Angebote und digitalisierte Einreichungsprozesse 

Der Ausbruch der Corona-Pandemie hatte kurzfristig zu Unsicherheiten bei Banken und im Markt geführt, da schwer abzuschätzen war, wie sich Lockdown und Kurzarbeit auf die Immobilienpreise und auf das Interesse nach Baufinanzierungen auswirken würden. Entsprechend stellten zwischenzeitlich einzelne Banken etwas höhere Anforderungen an die Bonität der Kreditnehmer – z.B. Mindestüberschuss nach Abzug aller Kosten oder Mindesttilgung bei bestimmten Finanzierungskonstellationen. Dies betraf aber nicht das Gros der Banken und einige dieser Kreditgeber haben die Anpassungen wieder zurückgenommen. Die plötzliche Umstellung auf remote working führte zu Umstellungen der internen Prozesse, so dass sich z.B. die Bearbeitungszeiten bei einigen Banken verlängerte.

Gleichzeitig boten etliche Banken ihren Kunden einen kulanten und flexiblen Umgang wenn corona-bedingt Zahlungsschwierigkeiten drohten. Ob das Herabsetzen der Tilgung bis sogar deren komplettes Aussetzen oder die Möglichkeit die Darlehensrate über die gesetzlichen Vorgaben hinaus zu stunden – die Kreditgeber zeigten im Kundenservice unbürokratische, pragmatische Reaktionen.

Utecht erklärt: „Insgesamt hat die Corona-Pandemie zu einer höheren Digitalisierungsakzeptanz in der Branche, aber auch in der Gesamtbevölkerung geführt. Diese Energie ermöglichte auch beschleunigte Entscheidungen bei Prozessveränderungen auf Seiten der Bankpartner, die sonst Wochen oder Monate dauerten. Virtuelle Besichtigungstermine, Beratungsgespräche per Videotool und Screensharing, gescannte Unterlagen, die digitale Einreichung der Kreditakte, die Ausweitung von Video-Ident-Verfahren zur Kundenlegitimation – das alles ist nun breit akzeptiert und möglich.

Auf der Kundenseite sehen wir auch einen geübteren Umgang mit digitalen Tools und dem weiter bestehenden Wunsch, viel online abwickeln zu wollen.“ Corona habe die Erwartungen und technischen Anforderungen nachhaltig verändert, der Digitalisierungsschub wird sich in 2021 fortsetzen ist Utecht überzeugt.

Pandemie hält Baugeldzinsen unter 1% – Mini-Zinsen auch 2021 zu erwarten

Große Unsicherheiten bestimmten das Jahr 2020: der Brexit, der Handelskonflikt zwischen den USA und China sowie die US-Wahl – und über allem lag der Schatten der Corona-Pandemie. Doch bei allen Herausforderungen gab es auch immer wieder Anlass zur Hoffnung: Sei es die Erwartung eines möglichen Impfstoffs, der die Märkte – zumindest kurzfristig – stark bewegte oder die massiven Konjunkturhilfen, die eine noch schlimmere Rezession bisher verhindern konnten.

Die Baugeld-Zinsen, die in 2020 historisch niedrig lagen, haben in vielen Fällen den Kauf zu leistbaren Raten möglich gemacht. Kreditnehmer können zum Jahresausgang anhaltend günstig finanzieren – Bestanbieter vergeben zehnjährige Darlehen bei entsprechender Bonität um 0,5 Prozent. Das Interhyp Bauzins-Trendbarometer, unsere monatliche Umfrage unter den Experten von zehn deutschen Kreditinstituten, zeigt: Mit leicht steigenden Konditionen für Baudarlehen wird frühestens im weiteren Verlauf von 2021 gerechnet.

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