Auch der Sommer 2022 ist zu heiß und zu trocken ausgefallen. Zudem war es nach vorläufigen Berechnungen des Deutschen Wetterdienstes der sonnenreichste seit Beginn der Aufzeichnung. „Wir dürften damit in Zeiten des Klimawandels einen bald typischen Sommer erlebt haben“, sagt Meteorologe Uwe Kirsche am Dienstag in Offenbach.
Konkret gehört der diesjährige Sommer zu den vier wärmsten der vergangenen mehr als 140 Jahre und ist der sechstrockenste Sommer in diesem Zeitraum. Der DWD erfasst die Sonnenscheindauer seit 1951, Temperaturen und Niederschläge werden seit 1881 aufgezeichnet.
Hohe Temperaturen – die Gesundheit leidet
Hitze: „Aus dem Stand brachte bereits der Juni den Sommer auf Hochtouren, wurde im Juli zum Dauerläufer und blieb das auch im August“, heißt es beim Wetterdienst. Der deutschlandweite Höchstwert wurde am 20. Juli mit 40,1 Grad in Hamburg gemessen. Die durchschnittliche Temperatur lag laut vorläufiger Sommer-Bilanz bei 19,2 Grad und damit 2,9 Grad über dem Wert der international gültigen Referenzperiode 1961 bis 1990. Im Vergleich zur wärmeren Vergleichsperiode 1991 bis 2020 betrug die Abweichung plus 1,6 Grad.
Besonders heiß war es zuletzt im Sommer 2019 – mit einem Temperaturdurchschnitt von ebenfalls 19,2 Grad wurde er zum bis dato drittwärmsten seit Aufzeichnungsbeginn. Nur die Sommer 2003 (19,7 Grad) und 2018 (19,3 Grad) waren noch wärmer. Alleine auf Durchschnittswerte zu schauen, sei allerdings nicht besonders aufschlussreich, sagt Andreas Marx, Leiter des Deutschen Dürremonitors am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig. „Dieser Sommer ist wohl stärker von Hitze geprägt als 2003.“ So nähmen die Anzahl der heißen Tage und die Intensität von Hitzewellen zu.
Trockene Flüsse, gestörte Lieferketten
Trockenheit: Rekord-Tiefstände in Flüssen, ausgetrocknete Felder, verdörrte Wiesen und Waldbrände: Die Trockenheit machte sich in diesem Sommer vielerorts deutlich bemerkbar. Laut Experten setzt sich damit ein Trend fort, der sich schon längere Zeit abzeichnet. Mit einem Niederschlag von rund 145 Litern pro Quadratmeter war es der sechsttrockenste Sommer seit 1881.
Demnach fielen knapp 40 Prozent weniger Niederschlag als im Mittel der Referenzperiode 1961 bis 1990. Und es gab starke regionale Unterschiede: Während das Saarland, Rheinland-Pfalz und Hessen laut DWD eine „historische Sommerdürre“ meldeten, fielen an den Alpen mehr als 500 Liter pro Quadratmeter.
Dürre wird zum Problem für die Landwirtschaft
In der Landwirtschaft habe sich die Trockenheit bei den Sommerkulturen wie Mais oder Zuckerrüben gezeigt, sagt Marx vom UFZ. Allerdings: „Die Dürre ist aber nicht erst ein Problem dieses Sommers, wir haben seit vier Jahren zu trockene Böden.“ Hinzu kommt die Waldbrandgefahr: Laut DWD war die Anzahl der Tage mit einem hohen bis sehr hohen Waldbrandgefahrenindex im Deutschlandmittel in diesem Sommer ähnlich hoch wie im Jahr 2018.
Sonnenschein: Soviel Sonne gab es noch nie, seitdem die Meteorologen die Daten erfassen. Im Juni, Juli und August kommt der DWD auf bundesweit fast 820 Sonnenstunden. Das ist deutlich mehr als der bisherige Rekord im Sommer 2003 mit 793,3 Stunden.
„Demnach ist es der sonnigste Sommer, seitdem die Sonnenscheindauer aufzeichnet wird, also seit über 70 Jahren“, erklärt DWD-Meteorologe Andreas Friedrich. Am Oberrhein schien die Sonne in den letzten drei Monaten sogar fast 1000 Stunden, im äußersten Norden waren es immerhin um die 700 Stunden.
„Ausgetrocknete Flüsse und Kleingewässer, ausgedorrte Moore und Feuchtgebiete, mehr Waldbrände, Ernteverluste und Gesundheitsbelastungen zeigen, dass die Klimakrise auch in Deutschland voll durchschlägt“, sagt WWF-Experte Tobias Schäfer – und forderte die Bundesregierung zu schnellem Handeln auf. Gefragt seien beispielsweise Maßnahmen zum Humusaufbau in Böden, zum Waldumbau, aber auch zur Wiedervernässung von Feuchtgebieten und zur Revitalisierung von Flussauen.
Extremere Sommer werden die Regel
„Der Sommer 2022 ist erneut ein Warnzeichen dafür, dass extremere Sommer bereits zur Regel geworden sind“, erklärt Peter Hoffmann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Sie seien gekennzeichnet durch häufigere Hitzewellen und anhaltende Phasen ohne flächendeckenden Regen. „Natürlich gibt es von Jahr zu Jahr und von Ort zu Ort Schwankungen.“ Aber grundsätzlich sei auch in den kommenden Jahren leider keine Entspannung zu erwarten.
Und wie sind die Aussichten auf den Herbst? Auf Basis seines Jahreszeitentrends rechnet der DWD damit, dass auch der Herbst etwas trockener wird als im Durchschnitt der letzten 30 Jahre und dass er etwa ein Grad wärmer ausfällt als in den letzten Jahren. Meteorologe Friedrich sagt: „Bei der Dürre, der Trockenheit und den Niedrig-Pegelständen kann man noch keine Entwarnung geben, das kann sich noch in den Herbst hineinziehen.“ (dpa-AFX)