Social Media: Jeder Zweite möchte sich nicht öffentlich äußern

In Deutschland ist man deutlich negativer eingestellt als in anderen Ländern, wenn es um die Bedeutung von Social-Media-Plattformen wie Facebook und Twitter geht. Dies zeigt eine neue Studie, die weltweite Ergebnisse umfasst. Woran die Bundesbürger zweifeln.

Nach einer aktuellen Ipsos-Studie, die im Auftrag der BBC für die neue Staffel „Crossing Divides“ unter mehr als 19.700 Befragten aus 27 Ländern durchgeführt wurde, stimmen die Befragten in 25 Ländern mehrheitlich der Aussage zu, dass Facebook und Twitter Menschen die Chance geben, sich an gesellschaftlichen Diskussionen zu beteiligen, die sich normalerweise nicht äußern würden.

In Deutschland sehen nur 45 Prozent diesen Aspekt, fast ebenso viele (42%) sind unentschieden, 13 Prozent sind ausdrücklich anderer Meinung.Ähnlich niedrige Zustimmungswerte wurden in Südkorea (48%) und Belgien (50%) erreicht. In Südafrika (78%), Mexiko (76%) und Kolumbien (75%) sind die größten Mehrheiten der Meinung, soziale Medien gäben Menschen eine Stimme, die sich sonst nicht an Diskussionen beteiligten.

Der globale Durchschnitt liegt bei 61 Prozent Zustimmung.

Überwinden von Barrieren durch Social Media bleibt schwierig

Auch der Nutzen von Social Media, die Barrieren zwischen der Öffentlichkeit und den Regierenden zu verringern, wird von den Deutschen eher als unerfüllt gesehen: nur 28 Prozent der Deutschen denken, dass Social Media dabei hilft, diese Barrieren zu überwinden.

Jüngere Befragte (16-35 Jahre) sehen das allerdings mit 35 Prozent Zustimmung signifikant positiver als die ältere Generation (50-64 Jahre) mit 25 Prozent. Ähnlich negativ wie Deutschland sind nur Ungarn (24%) und Belgien (28%) eingestellt.

Die lateinamerikanischen Länder Kolumbien (67%), Peru (67%) und Chile (61%), aber auch Indien (63%) und Südafrika (63%) sind dagegen eher der Meinung, dass Social Media die Barrieren zwischen der Öffentlichkeit und den Regierenden verringert.

Spaltung der Öffentlichkeit durch Social Media wird eher unkritisch betrachtet

Weniger kritisch sehen die deutschen Befragten die Spaltung der Öffentlichkeit durch Social Media. Nur knapp die Hälfte aller Deutschen (45% im Vergleich zu 54% global) gibt an, dass Social-Media-Plattformen wie Facebook und Twitter dazu führen, dass Diskussionen über soziale Anliegen die Gesellschaft mehr spalten als früher.

Allerdings ist auch hier ein deutlicher Unterschied zwischen jung (48%) und alt (39%) zu erkennen. Die Befragten aus Russland (32%) und Polen (41%) sehen dies ähnlich unkritisch.

In Kolumbien (67%), Südafrika (65%), Mexiko (64%), der Türkei (64%) und Indien (64%) hingegen sind große Mehrheiten der Meinung, Diskussionen auf Socialmediakanälen spalteten die Gesellschaft mehr als dies früher der Fall war.

Dr. Robert Grimm, Leiter der Ipsos Sozial- und Politikforschung, zu den Studienergebnissen:

„Soziale Medien sind Fluch und Segen zugleich. In Deutschland kann jede Bürgerin und jeder Bürger, soweit technisch in der Lage, Information über Soziale Medien publizieren und ein globales Publikum erreichen. Gleichzeitig haben traditionelle Medien ihre Deutungshoheit verloren. Vielfältige Meinungen stehen sich somit ohne Legitimationsunterschiede gegenüber. Das kann einerseits als eine zunehmende gesellschaftliche Spaltung wahrgenommen werden, andererseits ist diese multi-polare Öffentlichkeit aber auch Ausdruck einer neuen hyperdemokratischen Streitkultur“.

Methode

Diese Studie wurde international mit 19.782 Befragten durchgeführt, von denen in den USA und Kanada Personen im Alter von 18 bis 64 Jahren und in allen anderen Ländern Personen im Alter von 16 bis 64 Jahren befragt wurden.

Die Feldarbeit wurde vom 26. November bis 7. Dezember 2018 durchgeführt. Etwa 1000+ Personen nahmen über das Ipsos Online Panel länderweise teil, mit Ausnahme von Argentinien, Belgien, Chile, Ungarn, Malaysia, Mexiko, Peru, Polen, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika, Südkorea, Schweden und der Türkei, wo eine Stichprobe je etwa 500+ Personen enthält.

Im Vereinigten Königreich wurden die Interviews in den Nationen verstärkt, um 206 in Schottland, 202 in Wales und 208 in Nordirland zu geben. In England wurden 874 Interviews durchgeführt. Es wurde eine Gewichtung der Daten vorgenommen, um die demografischen Merkmale auszugleichen und damit sicherzustellen, dass die Stichprobe die aktuellen offiziellen Strukturdaten der erwachsenen Bevölkerung eines jeden Landes widerspiegelt.

15 der 27 online befragten Länder generierten national repräsentative Stichproben in ihren Ländern (Argentinien, Australien, Belgien, Kanada, Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Ungarn, Italien, Japan, Polen, Südkorea, Spanien, Schweden und USA).

Brasilien, China, Chile, Kolumbien, Indien, Malaysia, Mexiko, Peru, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika und die Türkei haben eine niedrigere Internetdichte; diese Stichproben sollten nicht als bevölkerungsrepräsentativ angesehen werden. Sie repräsentieren stattdessen den wohlhabenderen Teil der Bevölkerung, die aufstrebende Mittelklasse. Diese stellt allerdings eine wesentliche soziale Gruppe dar, wenn es darum geht, diese Länder verstehen zu lernen. In China und Saudi-Arabien wurden nicht alle Fragen beantwortet.

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