Social Media & Co.: Mut zum Weg- und Loslassen

Wir leben in einer Zeit der Beschleunigung. Stillstand ist Rückschritt. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Beinahe jeden Tag hagelt es neue Möglichkeiten. Doch macht es wirklich erfolgreich, auf jeden vorbeifahrenden Zug blind aufzuspringen?

Die Rankel-Kolumne

Social Media
Jede Neuerung wird bejubelt, und man „muss“ auf jeden Fall dabei sein.

Die über vier Meter hohe David-Statue Michelangelos ist weltberühmt. An der Bearbeitung des riesigen Marmorblocks war zuvor schon ein anderer Bildhauer gescheitert. Papst Julius der II. war begeistert von Michelangelos Genie und fragte den Künstler nach seinem Geheimnis. Michelangelo soll geantwortet haben: „Ganz einfach: Ich habe alles entfernt, was nicht David war.“

Kunst des Weglassens

Ich liebe diese Anekdote, weil sie die Aufmerksamkeit auf eine Fähigkeit lenkt, die mehr und mehr in Vergessenheit gerät: die Kunst des Weglassens. Erfolg hängt davon ab, das Richtige zu tun. Er hängt aber mindestens ebenso sehr davon ab, das Falsche nicht zu tun.

Das Zweite hat zudem noch den unwiderstehlichen Vorteil, dass es enorm Zeit spart. Beispiel Social Media. Es begann, wenn ich mich richtig erinnere, mit Facebook und Xing. Inzwischen gibt es auch Twitter, Linkedin, Google+, Instagram, Pinterest. Von Blogs, Apps, Webinaren und anderen Entwicklungen, die längst in der Pipeline sind, ganz zu schweigen.

Es gibt Kollegen, die inzwischen extra Mitarbeiter beschäftigen, um all das im Auge zu behalten und zu bespielen. Lohnt sich das? Für manchen möglicherweise. Ich habe mich dagegen entschieden und lebe gut damit.

Social Media: Kritikloser Hype

Damit wir uns nicht missverstehen: Ich habe nichts gegen Social Media. Gerade überzeugt mich meine Tochter, dass Whatsapp die genialste Erfindung seit der Mondlandung ist. Was mich stört, ist der kritiklose Hype auch bei Menschen, die älter sind als zehn.

Jede Neuerung wird bejubelt, und man „muss“ auf jeden Fall dabei sein. Scharen von Buchautoren und Marketingexperten erklären wortreich, warum jeder, der sich ausklinkt, geschäftlichen Selbstmord begeht.

Das schafft eine Atmosphäre hektischer Betriebsamkeit, in der eines zu kurz kommt: das Nachdenken, was man wirklich will und mit welcher Strategie man dieses Ziel am klügsten ansteuert.

Pardon, aber ich möchte mein Geschäft nicht so betreiben, dass ich über jedes Stöckchen springe, das mir irgendjemand hinhält. Auch wenn es sich dabei um eine „geniale“ Webidee handelt, die irgendjemand im fernen Kalifornien ausgetüftelt hat.

Seite zwei: Ballast über Bord werfen

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