Stabübergabe: Wenn der Junior vom Senior übernimmt

Steht bei einem Makler eine Nachfolge an, ist der Fall rechtlich etwas anders gelagert. Der sogenannte Bestand gehört dem Versicherer. „Dieser entspricht der Summe aller Versicherungsverträge bei einem Ver­sicherungsunternehmen. Vertragspartner sind Versicherer und der Versicherungsnehmer“, erklärt Rechtsanwalt Hans-Ludger Sandkühler von der Kanzlei Wolter-Hoppenberg und Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes mittelständischer Versicherungs- und Finanzmakler (BMVF). Allerdings erwerbe der Makler im Zusammenhang mit den vermittelten Verträgen andere Rechte und wirtschaftliche Werte, die auf einen Nachfolger übertragen werden können. Dies seien beispielsweise Geschäftsbeziehungen des Maklers zu Kunden sowie gegenwärtige und künftige Ansprüche auf Courtage, so Sandkühler.

Bessere Preise für den Bestand

In der Vorbereitung einer Bestandsübertragung sollten Kunden und Versicherer rechtzeitig einbezogen werden. Der Kunde muss über einen Verkauf informiert werden und bereit sein, den neuen Makler zu akzeptieren. Ansonsten werden sie einen anderen mit der Vermittlung und Beratung beauftragen. Auch der Versicherer muss einbezogen werden. Hält die Gesellschaft eine Maklerverbindung für nicht erstrebenswert, wird sie kaum Interesse an einer Bestandsübertragung haben. „Andersherum wird ein Versicherer, bei dem ein bedeutender Bestand mit akzeptabler Schadenquote besteht, mit großem Interesse die Zusammenarbeit mit dem Erwerber fortführen wollen und sei es nur aus Sorge, andernfalls die Bestände durch Umdeckung zu verlieren“, sagt Sandkühler. Auch hier gilt es, den jeweiligen Fall individuell zu prüfen und eventuelle Alternativen abzuwägen.

Beim Bestandsverkauf gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Zum einen den Verkauf des Unternehmens insgesamt (je nach Rechtsform Asset-Deal oder Share-Deal), zum anderen nur den Verkauf des Kundenstamms und der Courtageansprüche (nur Asset-Deal). In den meisten Fällen hat der Inhaber ein Interesse daran, die gesamte Firma zu verkaufen. Die potenziellen Käufer hingegen wollen häufig nur die Kundenbeziehungen erwerben. Grundlage für die Verhandlungen von Verkäufer und Käufer ist der angestrebte Kaufpreis, der durch eine Unternehmensbewertung ermittelt wird und für die es verschiedene Verfahren gibt.

In der Praxis werden zumeist das Ertragswertverfahren (Barwert der abgezinsten erwarteten zukünftigen Überschüsse der Einnahmen über die Ausgaben) oder das Umsatzverfahren (Faustformel: Jahresumsatz mal den Faktor von 1,5 bis zwei) angewandt. „Nichts ist rechtlich verbindlich, egal welches Verfahren zur Anwendung kommt. Die Bewertung ist hauptsächlich eine Gesprächsgrundlage für die Verkaufsverhandlungen“, sagt Rechtsanwalt Sandkühler.

Wer seinen Maklerbestand verkaufen will, kann derzeit bessere Preise erzielen, da diese gestiegen sind. Christian Lüth, Sachverständiger für Bestandsbewertung, sieht die jüngsten Kaufpreissteigerungen im Wesentlichen in der Schwierigkeit des organischen Wachstums, der Akquirierung von Neukunden, begründet. „In Zeiten des Verdrängungs- und verschärften Preiswettbewerbs, bietet sich der Zukauf von Beständen, also eines anorganischen Wachstums, als gute Alternative zur langjährigen Einzelkundenakquisition an. Dabei steigt die Nachfrage schneller als das tendenziell zunehmende Angebot und trägt somit zur Kaufpreiserholung von Maklerbeständen bei“, erklärt Lüth, der zudem geschäftsführender Gesellschafter von Ibras ist, einem Unternehmen, das sich auf die Bewertung von Maklerbeständen spezialisiert hat.

Seite 5: Wie Kunden in den Prozess der Nachfolge einbezogen werden

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