Trotz steigender Immobilienpreise, die Mieter und Käufer zunehmend vor finanzielle Probleme stellen, scheint die Situation in Deutschland im europäischen Vergleich entspannt. Das sind Ergebnisse einer Befragung der ING-Diba.
An der Befragung nahmen Konsumenten aus 13 europäischen Ländern sowie den USA und Australien teil. In zehn von 13 europäischen Ländern hätten Immobilienbesitzer größere Probleme, ihre Hypothekenzahlungen aufzubringen, als in Deutschland, wo lediglich zwölf Prozent Probleme damit hätten.
Probleme vor allem im Süden und Osten
Auch bei Mietern sei die Lage bislang entspannt: 17 Prozent der deutschen Mieter haben laut eigenen Angaben Probleme, ihre Wohnkosten zu tragen – dies sei der geringste Wert in der Umfrage.
Dass die steigenden Immobilienpreise langsam zu finanziellen Problemen führen, würde sich jedoch vor allem im Süden und Osten Europas zeigen. In der Türkei, Italien, Spanien und Polen sowie Rumänien hätten teilweise über 40 Prozent der Befragten Schwierigkeiten, ihre Hypothekenraten oder Mieten zu zahlen.
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Preise verhindern Umzug
Jeder zweite Europäer habe angegeben, seine Wohnsituation gerne zu verändern , sich das aber aufgrund der derzeitigen Hauspreise nicht leisten zu können. Spitzenreiter sei Rumänien mit 73 Prozent. Am wenigsten eingeschränkt seien die Deutschen mit 37 Prozent aller Umfrageteilnehmer an, die von den Immobilienpreisen abgehalten würden, in ihr Traumhaus umzuziehen.
Deutschland: Große regionale Unterschiede
54 Prozent der Befragten würden die Immobilienpreise in ihrer Gegend als teuer oder sehr teuer empfinden- dieser Wert liege aber unter dem europäischen Mittel von 60 Prozent. Dabei sei in Deutschland die regionale Streuung groß und reiche in den Stadtstaaten von 19 Prozent in Bremen bis zu 78 Prozent in Berlin und in den Flächenländern von 31 Prozent in Thüringen bis zu 67 Prozent in Bayern.
„Auch wenn der deutsche Immobilienmarkt auf den ersten Blick noch immer sehr entspannt aussieht, so verbirgt die nationale Sicht doch große regionale Unterschiede“, meint ING-Diba Chefvolkswirt Carsten Brzeski.
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Lage bleibt größter Preistreiber
Wo die Preise schon als hoch empfunden werden, würden auch die stärksten Preissteigerungen erwartet. Bundesweit würden 45 Prozent einen leichten, 16 Prozent einen starken und 32 Prozent keinen spürbaren Anstieg erwarten. Zwei Prozent würden von sinkenden Preisen ausgehen.
In Berlin und Hamburg liege der Anteil der Befragten, die einen starken Anstieg der Immobilienpreise erwarten, mit 27 beziehungsweise 28 Prozent fast doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt, während es in Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen nicht einmal fünf beziehungsweise acht Prozent seien.
Der größte Preistreiber bei Immobilien nach Empfinden der Deutschen bleibe die Lage. 81 Prozent der Befragten, die die Immobilienpreise an ihrem Wohnort als teuer oder sehr teuer einschätzen, hätten die Lage als einen der drei Hauptgründe genannt. Auf den Plätzen zwei und drei folgen Bevölkerungswachstum sowie ein Mangel an Neubauten.
„Mamma-und-Papa-Bank“
Gerade einmal sechs Prozent würden das Zinsniveau für den Hauptgrund halten; insgesamt würden es 30 Prozent als einen der drei wichtigsten Gründe nennen. Der Grund für diese Ergebnisse könnte darin liegen, dass 59 Prozent nach eigenen Angaben keinerlei Finanzbildung erhalten haben – auch wenn 85 Prozent diese für notwendig halten.
Derzeit seien in Deutschland 38 Prozent der Befragten der Meinung, dass Eltern ihre Kinder bei einem Hauskauf finanziell unterstützen sollten – im europäischen Durchschnitt seien dies schon 47 Prozent. „Die ‚Mama-und-Papa-Bank‘ erfreut sich in Deutschland noch keiner großen Beliebtheit. Bei weiter steigenden Immobilienpreisen könnte sich das in den kommenden Jahren allerdings ändern“, so Brzeski. (kl)
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