Steueränderungen im Überblick: Wo steckt das Geld?

Christoph Juhn
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Christoph Juhn

Was sind die bisher wichtigsten Neuerungen für Unternehmen und worauf muss die Wirtschaft noch warten? Gastbeitrag von Prof. Dr. Christoph Juhn


Höherer CO2-Preis, Plastikabgabe, vereinfachte Rahmenbedingungen für eine Mitarbeiterkapitalbeteiligung? Seit Anfang Januar sind umfangreiche Steueränderungen in Kraft getreten. Andere befinden sich nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts noch in der Schwebe. Dabei stehen einer langen Liste an Kürzungen potenziell neue Steuererleichterungen im Zusammenhang mit dem geplanten Wachstumschancengesetz gegenüber. Weil der Bundesrat jedoch bereits 2023 den Vermittlungsausschuss angerufen hat, konnte das Gesetz noch nicht verabschiedet werden. Was sind also die bisher wichtigsten Neuerungen für Unternehmen und worauf muss die Wirtschaft noch warten?

Mitmacher gesucht

Um die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen zu stärken, wurden mit dem tatsächlich verabschiedeten Zukunftsfinanzierungsgesetz zum Jahreswechsel die Regelungen zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung geändert. Konkret heißt das: Zum einen haben sich Schwellenwerte hinsichtlich des Jahresumsatzes (maximal 100 Millionen Euro) und der Jahresbilanzsumme (maximal 86 Millionen Euro) verdoppelt. Zum anderen vervierfacht sich die Anzahl der Mitarbeitenden auf weniger als 1.000, ältere Unternehmen werden einbezogen und ein neuer Betrachtungszeitraum wurde eingeführt, was den Kreis der Begünstigten erweitert. So gelten die geänderten Rahmenbedingungen nun auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) sowie Start-ups. Außerdem verlängert sich die zeitliche Komponente des Schwellenwerts von zwei auf sieben Jahre. Entsprechend profitieren Unternehmen von steuerlichen Vergünstigungen, wenn die Schwellenwerte zum Zeitpunkt der Übertragung der Beteiligung oder in einem der sechs vorangegangen Kalenderjahre nicht überschritten wurden. Anders als bisher müssen Mitarbeitende ihre Firmenanteile auch später versteuern. So fließt erst nach 15 Jahren Geld an den Fiskus – eine Änderung, die vor allem Start-ups als Lösung für die sogenannte Dry-Income-Problematik begrüßen. Darüber hinaus steigt ab 2024 der Freibetrag für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen auf 2.000 Euro, wobei er weiterhin nur unter zwei Voraussetzungen gilt. Es muss sich um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers handeln, die grundsätzlich allen Mitarbeitenden offensteht, die ein Jahr oder länger ununterbrochen für das Unternehmen gearbeitet haben. Und eine Kapitalbeteiligung muss eine Vermögensbeteiligung am Unternehmen des eigenen Arbeitgebers sein, die in Form von Sachbezügen gewährt wird. Werden die 2.000 Euro nicht vollständig ausgeschöpft, kann der Rest auch im Rahmen des normalen Gehalts fließen. Dadurch hoffen deutsche Unternehmen vor allem im internationalen Bereich im War of Talents aufzuholen und Anreize für potenzielle Fachkräfte zu setzen.

Mindestlohn und dynamische Geringfügigkeitsgrenzen

Mit der Bekanntgabe der vierten Mindestlohnanpassungsverordnung erhöht sich 2024 der gesetzliche Mindestlohn in zwei Schritten. Seit dem 1. Januar beträgt er 12,41 Euro brutto pro Zeitstunde und ab 2025 12,82 Euro. Damit steigt auch die Geringfügigkeitsgrenze für Minijobber von 520 Euro auf 538 Euro in diesem Jahr und auf 556 im nächsten. Der Vorteil für Unternehmen? Durch die dynamische Grenze sind sie nicht mehr gezwungen, Arbeitszeiten zu reduzieren. Maximal können Beschäftigte im Monat rund 43 Stunden arbeiten. Außerdem hat die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auch Auswirkungen für Beschäftigungen im Übergangsbereich, also auf Jobs mit Entgelten aus mehr als geringfügigen Beschäftigungen, die regelmäßig 2.000 Euro monatlich nicht übersteigen. Seit Anfang dieses Jahres beginnt der Übergangsbereich bei einem Bruttolohn in Höhe von 538,01 Euro. Ab Januar 2025 liegt die Untergrenze bei 556,01 Euro.

Mehrkosten für Energie

Anders als ursprünglich vorgesehen, strich die Regierung den 5,5 Milliarden Euro schweren Bundeszuschuss zu den Entgelten für das Stromnetz. Unternehmen müssen sich also auf höhere Strompreise einstellen. Entgelte für die Netznutzung steigen von 3,12 Cent pro Kilowattstunde auf 6,43 Cent. Entlastung gibt es lediglich für Industrie und produzierendes Gewerbe sowie für Land- und Forstwirte. In den nächsten fünf Jahren soll die Stromsteuer für sie von derzeit 1,537 Cent je Kilowattstunde auf den EU-Mindestwert von 0,05 Cent herabgesetzt werden. Damit werden alle Betriebe dieser Art entlastet statt wie bislang nur solche, die den Spitzenausgleich nutzen konnten. Letztere profitieren zudem von einem geringeren Bürokratieaufwand, der mit dem Spitzenausgleich einherging. Ein weiterer Pluspunkt insbesondere für KMUs? Die sogenannten Dezemberhilfen 2022 bleiben steuerfrei. Aufgrund der massiv gestiegenen Gaspreise hat die Bundesregierung vor zwei Jahren den Dezember-Abschlag für Gas und Wärme übernommen. Eigentlich war geplant, dass diese Soforthilfe versteuert werden muss. Nun machte die Bundesregierung eine Kehrtwende.

In Wartehaltung

Verbesserungen in puncto Klimaschutz, Investitionen in Innovationen sowie eine Stärkung der Liquiditätssituation von Unternehmen: Mithilfe solcher steuerlichen Erleichterungen aus dem sogenannten Wachstumschancengesetz soll die kränkelnde Wirtschaft in Schwung gebracht werden. Im Bundestag war das zwar im November 2023 beschlossene Sache, dann folgte jedoch die Haushaltskrise und Milliarden mussten her. Anstatt bei einer Jahresendrally richtig Fahrt aufzunehmen, kamen Vertreter von Bund und Ländern nicht einmal in Form eines Minimalkompromisses aus der Boxengasse. Entscheidung vertagt, hieß es von den Volksvertretern. Entsprechend hängen die großen steuerlichen Maßnahmen für 2024 in der Schwebe – allen voran eine Investitionsprämie, durch die Unternehmen Zuschüsse bei der Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen erhalten. Was sonst noch in die Rubrik TBD fällt? Weder die Rückkehr der degressiven Abschreibung beim Kauf von beweglichen Gegenständen für das betriebliche Anlagevermögen hat sich ergeben noch die neuen Reglungen für Sammelposten oder die Möglichkeit, eine 50-prozentige Sonderabschreibung gewinnmildernd geltend zu machen. Auch eine höhere Freigrenze bei Geschenken und Betriebsveranstaltungen sowie geringere Haftungsrisiken für Unternehmen bei Abfindungen sind offen. Außerdem, so der Plan, soll nicht nur der Verlustrücktrag auf drei Jahre ausgedehnt, sondern auch neue Regeln zum Verlustvortrag etabliert werden. Es bleibt also vorerst bei der steuerlichen Hängepartie.

Christoph Juhn ist Professor für Steuerrecht, Steuerberater und besitzt einen Master of Laws.

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