Rechtsanwalt Werner Klumpe schreibt über die Verantwortung der Richter und dem mäßigen Erfolg bei „Stillhalteabkommen“.
Wahrscheinlich haben Sie selbst schon einmal einen Boxkampf live oder am Fernsehen mitverfolgt. Dann wissen Sie, dass der Ringrichter zu Beginn des Kampfes die Kontrahenten zusammenführt und sie zu einem fairen Umgang miteinander ermahnt. Wenn es um die Befriedigung von Rechtsstreitigkeiten geht, kommt diese Aufgabe den Richtern zu, die nach der Zivilprozessordnung in jeder Phase des Rechtsstreits auf eine gütliche Einigung hinwirken sollen.
Anders als bei einem Boxkampf, bei dem es meist einen Verlierer und einen Sieger gibt, besteht bei Rechtsstreitigkeiten häufig die Chance, dass sich bei Vereinbarung eines wirtschaftlich vernünftigen Konsenses jede Seite als Gewinner fühlen kann. Dies setzt weitsichtiges Handeln und Verhalten voraus. Neben dem (Schieds-) Richter und den Kontrahenten haben regelmäßig deren juristische Beistände einen Einfluss darauf, ob sich ein Streit zu einer Prügelei oder zu einem von gegenseitigem Respekt getragenen Verhandeln entwickelt.
Viele sich bietende Chancen werden allerdings vertan und gerade in diesen Tagen dürften manche Landgerichte und vor allem auch Gütestellen in Klageschriften und Güteanträgen regelrecht versinken. Auch unsere Bestrebungen, mit potenziellen Haftungsadressaten Ende letzten Jahres „Stillhalteabkommen“ zu vereinbaren, waren von nur mäßigem Erfolg gekrönt.
Dabei wäre es in den meisten Fällen sinnvoll gewesen, zumindest befristete Verjährungsverzichtserklärungen abzugeben, um in diesem Jahr ohne Verjährungsdruck Verhandlungen zum Zwecke einer gütlichen
Streitbeilegung führen zu können.
Vor allem die Banken, die um die Jahrtausendwende Hunderte von Millionen an Anlegergeldern eingesammelt haben, haben ganz offensichtlich gemauert und auf Zeit gespielt. Mancher Anleger sprach dann auch vom Kampf „David gegen Goliath“. Die wenigstens haben sich jedoch in Kenntnis von der „Jahrhundertverjährung“ davon abhalten lassen, diese Einstellung zu akzeptieren. Und wir alle wissen ja, wie der Kampf „David gegen Goliath“ endete. Einmal mehr wurden leider sinnvolle Chancen vertan.
Aber eines ist sicher: Im Jahr 2012 wird es neue Herausforderungen und Möglichkeiten für weitsichtiges Handeln geben. Und in vielen Gerichtssälen wird es ebenfalls spannend bleiben.
Werner Klumpe ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Klumpe, Schroeder + Partner GbR, Köln.