Bei der Umfrage, die im Oktober 2020 unter 50 Branchenexperten zur aktuellen Lage der Assekuranz, den Herausforderungen sowie der voraussichtlichen Entwicklung von Investitionen und Beschäftigungszahlen stattfand, wurden zudem spezielles Augenmerk auf den Einfluss der Corona-Pandemie gelegt.
Bemerkenswert: Trotz Corona betrachten 58 Prozent der Befragten die aktuelle Lage der Versicherungsbranche als gut. Der Grund dafür: In diesen Zeiten großer Unsicherheit und wirtschaftlicher Belastung haben die Versicherungskunden einen erhöhten Absicherungswunsch und wenden sich an ihre Versicherer – dementsprechend stabil ist die Nachfrage im Markt.
Dennoch sind die mittel- und langfristigen Auswirkungen der Pandemie für die Unternehmen schwer einzuschätzen. Auch wenn es den Versicherern im Vergleich zu anderen Branchen aktuell gut geht, sind sich 82 Prozent der Teilnehmer einig, dass die Corona-Pandemie langfristige Herausforderungen für die Branche mit sich bringt. Vor allem im Vertrieb und dem Neugeschäft, aber auch dem Kapitalanlagenmanagement und IT werden deutliche Auswirkungen erwartet.
Veraltete IT-Infrastruktur
Auf einer Skala von eins (überhaupt nicht relevant) bis fünf (sehr relevant) bewerteten die Befragten die veraltete Infrastruktur – mit einem Mittelwert von 4,7 – als höchst relevante Herausforderung. Dicht darauf folgt die Digitalisierung der Prozesse (4,6) und die anhaltende Niedrigzinsphase (4,5).
Auf die Bewältigung der Niedrigzinsphase fühlen sich die Versicherer gut vorbereitet. Das Verbessern der IT-Infrastruktur und Prozessdigitalisierung wird als wesentlich schwierigere Aufgabe eingeschätzt.
Online-Vertrieb gerät nun deutlich in den Fokus
Der Fokus der Assekuranz liegt auf Innovationspotenzialen in IT und Digitalisierung – auch weil Effizienzsteigerung durch digitalisierte Prozesse und die Erweiterung der Online-Vertriebsmöglichkeiten für 75 beziehungsweise 69 Prozent der Befragten zu den zukünftigen Hauptaufgaben der Branche zählen.
Hier zeige sich der Einfluss der Corona-Pandemie besonders deutlich, schlussfolgern die Studienautoren. 2018 hielten nur 37,5 Prozent der Befragten die Erweiterung der Online-Vertriebsmöglichkeiten für eine zukünftige Hauptaufgabe.
Alle Zeiger auf IT
Knapp 92 Prozent der Befragten erwarten steigende Investitionen in den IT-Bereichen der Assekuranz. Auch für die Modernisierung der Organisationsstrukturen dürfte künftig mehr Geld ausgegeben werden. Das vermuten 63 Prozent. Ein Rückgang der Investitionen wird für externe Dienstleistungen (26,5 Prozent), Personalaufbau und -entwicklung (22,4 Prozent) sowie und Vertrieb (16,3 Prozent) erwartet.
Als Folge wollen die Versicherer insbesondere im IT-Bereich Personal aufstocken. Die Beschäftigungszahlen der IT-Abteilungen sollen steigen, glauben immerhin 71 Prozent.
Spannenderweise scheinen die Fokussierung auf den Online-Vertrieb sowie die zunehmende Implementierung von Künstlicher Intelligenz oder Robo Advisor Folgen für den Vertrieb, das Schadenmanagement und den Kundenservice zu haben. Knapp 41 Prozent erwarten einen Rückgang der Beschäftigungszahlen in den genannten Bereichen.
Nachhaltigkeit immer stärker im Fokus
Neben der digitalen Transformation hat auch der Klimawandel für die Assekuranz an Bedeutung gewonnen. Das zeigt sich in verschiedenen Aspekten der Befragung: Zum einen wurden Herausforderungen durch Klimawandel beziehungsweise Unwetterereignisse – mit einem Mittelwert von 4,1 – von den Befragten als sehr relevant eingestuft. Noch 2018 galt der Klimawandel für die Studienteilnehmer als lediglich teilweise relevant.
Darüber hinaus haben die Befragten die regulatorische Richtlinie CSR/Nachhaltigkeit auf Platz drei der wichtigsten regulatorischen Herausforderungen gewählt. 2018 lag diese noch auf Platz sieben. Auf die Herausforderungen des Klimawandels fühlen sich die Versicherer gut vorbereitet. (dr)
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