Kapitalzuflüsse aus Mangel an Alternativen
Die Kapitalflüsse in Aktien richteten sich größtenteils auf passive Anlageinstrumente wie ETFs. Sie waren in erster Linie das Werk von Portfoliostrategen und nicht von Anlegern, die gezielt einzelne Titel auswählten. Grund für die Aktienkäufe war der „Mangel an Alternativen“, nicht die fundamentale Attraktivität. Immer wenn an einem Markt preisunempfindliche Käufer den Ton angeben, schießen die Preise deutlich über eine angemessene Bewertung hinaus. Ende 2013 notierten die Titel des MSCI All Country World Index mit einem durchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 14 auf EV/EBIT-Basis – so hoch wie zuletzt 2001. Noch wichtiger war für Stockpicker die insgesamt sehr geringe Streuung der Bewertungen. Selbst der „billige“ Bereich des Markts, das untere Fünftel, war mit einem KGV von 10x EV/EBIT so hoch bewertet wie seit 15 Jahren nicht mehr. Es handelte sich um einen Markt ohne Sicherheitsmarge, in dem kaum noch Spielraum nach oben bestand.
Zur gleichen Zeit waren die Schuldenstände seit der globalen Finanzkrise nicht gesunken, sondern gestiegen (was doch etwas überraschte). Die beispiellose Geldmengenlockerung und die Ausweitung der Notenbankbilanzen hatten die Marktteilnehmer nicht nur in Aktien getrieben, sondern sie hatten auch die Notwendigkeit eines echten Schuldenabbaus in den angelsächsischen Ländern hinausgezögert (sodass in den Staaten des Westens immer höhere Schulden tragbar wurden) und eine gewaltige Nachfrage nach Kreditinstrumenten in den Schwellenländern angefacht, wo die Verschuldung des privaten Sektors entsprechend zunahm.
Geduld und bewertungstechnische Disziplin
Hoch bewertete Aktienmärkte und überschuldete Volkswirtschaften sind dringend auf Wachstum und Inflation angewiesen. Trotz der jüngsten Entwicklung kann von beidem auf mittlere und lange Sicht derzeit noch nicht ausgegangen werden. Der US-Ökonom Paul Samuelson schrieb 1966, der Aktienmarkt habe „von den letzten fünf Rezessionen neun vorhergesagt.“ Ebenso erwiesen sich die Erholungen, die hoffnungsvoll stimmende Aktienmärkte seit 2009 verschiedentlich anzukündigen schienen, als trügerisch.
Die demografische Situation im Westen lässt nur ein begrenztes Wachstum der Nachfrage erwarten. Zugleich kam es durch die übermäßige Kreditschöpfung zu Vorzieheffekten beim Konsum und zur Entstehung von Überkapazitäten und Deflation, am sichtbarsten im Rohstoffsektor (aber nicht nur dort). Eine Fortsetzung der lockeren Geldpolitik wird diesen Zustand lediglich verlängern, indem ein Kapazitätsabbau, der für ein ordnungsgemäßes Funktionieren der Marktwirtschaft eigentlich erforderlich wäre, nicht mehr notwendig erscheint. Unterdessen dauert der Strukturwandel an – wesentliche Triebkraft sind die Auswirkungen des Internets auf das Konsum- und Freizeitverhalten. Unternehmen, die auf Grund dieser tiefgreifenden Veränderungen auf die Verliererspur geraten, sind wesentlich leichter zu finden als strahlende Gewinner.
Insofern ist das Umfeld heute das genaue Gegenteil von dem von 2012. Die Bewertungen sind deutlich höher, ebenso wie die Verschuldung der Unternehmen – besonders in den USA, wo „Financial Engineering“ oft auf die Spitze getrieben wurde. Erst jetzt beginnt die Phase, in der Unternehmen ihr Eigenkapital als Reaktion auf überdehnte Bilanzen erhöhen. Wie sich zeigt, war das
Vertrauen der Märkte in die Fähigkeit der Notenbanken, eine wirtschaftliche Erholung zu bewerkstelligen, nicht gerechtfertigt. Die Reaktion auf negative Zinsen in Europa und Japan war, vorsichtig formuliert, enttäuschend. Zudem werden politische Risiken wieder zum Faktor – die Wähler reagieren mit Unmut auf die wachsende Ungleichheit, die von „denen da oben“ nicht wirksam bekämpft wird. Die Wahl von Donald Trump zum 45. US-Präsidenten dürfte zu einem guten Teil genau hierauf zurückzuführen sein.
Volatilität bliebt erhalten
Doch trotz der derzeitigen Hausse nach der US-Wahl ist die Unsicherheit noch keineswegs aus dem Markt verschwunden – und auch die in Europa anstehenden Wahlen werden diese Unsicherheit weiter nähren. Ein solches Umfeld lässt an den Aktienmärkten nicht gerade üppige Erträge erwarten. Es sorgt vielmehr für große Nervosität auf allen Seiten, und infolgedessen dürfte die Volatilität auch bald wieder zurückkehren. Auf heftige Verkaufswellen folgen ebenso kräftige Rallys und umgekehrt.
Die Verwaltung von Anlagekapital unter solchen Bedingungen erfordert Geduld und bewertungstechnische Disziplin. Man sollte vor allem wissen, wieviel ein Unternehmen wert ist, und nur dann Kapital einsetzen, wenn der Kurs eine Sicherheitsmarge enthält. Das ist genau das Umfeld, in dem ein Fonds wie der JOHCM Global Opportunities Fund – ein konzentrierter Long-Only-Aktienfonds, der auf eine zuverlässige Gesamtrendite mit starker Absicherung nach unten setzt – überaus nützlich sein kann. Wir suchen nach Unternehmen, die Wert schaffen, indem sie ins eigene Geschäft sowie in langfristiges Wachstum reinvestieren und dabei die beiden Hauptgefahren für Kapitalerhalt in negativen Börsenphasen meiden: Überbewertung und Überschuldung. Unser Motto lautet: „Zahl heißt, dass wir gewinnen, und Kopf, dass wir nicht allzu viel verlieren“. Die Ergebnisse, die wir bisher erzielt haben, zeugen von unserem Erfolg auf diesem Weg.
Ben Leyland ist Fondsmanager des JOHCM Global Opportunities Fund bei J O Hambro
Foto: J O Hambro