Wir sehen vor allem Chancen für Unternehmen, die sich durch ihre fundamentale Qualität und ihr robustes Wachstum auszeichnen. Und davon gibt es nicht sehr viele. Daher ist es nur logisch, sich auf ein sehr konzentriertes Portfolio von internationalen Unternehmen mit langfristig erfolgreichen Geschäftsfeldern zu konzentrieren.
Die Strategie dabei ist, Veränderungen zu antizipieren und schnell darauf zu reagieren, d.h. das Portfolio dynamisch neu zu positionieren, wenn sich die Marktbedingungen ändern. Ein Beispiel aus dem Jahr 2020: Damals waren chinesische Aktien durch ein sehr starkes Wachstum gekennzeichnet. Unser Engagement lag bei rund 21 Prozent. Nur ein paar Monate später reduzierten wir es auf vier Prozent, bevor der chinesische Aktienmarkt im ersten Quartal einen Sturzflug hinlegte.
Die Strategie der Konzentration auf bestimmte Aktien und der dynamischen Neupositionierung des Portfolios, wie das Beispiel China zeigt, liefert nicht nur Performance, sondern erhöht auch die Widerstandsfähigkeit eines Portfolios. Unsere Erfahrung zeigt, dass durch eine starke Fokussierung auf die erfolgreichsten Geschäftsbereiche auch der Drawdown in schwierigen Marktphasen besser sein kann als der Durchschnitt der Fonds in der entsprechenden Morningstar-Kategorie.
USA bleiben Technologievorreiter, Mexiko profitiert vom Nearshoring
Doch wo finden sich diese speziellen Wachstumswerte, die auch langfristig überzeugen? Wenn es um Technologieunternehmen geht, sind Large Caps aus den USA aus unserer Sicht immer noch das Maß aller Dinge. Vor allem, wenn sie weiterhin viel Phantasie für zukünftiges Wachstum bieten und dies mit konkreten Zahlen belegen können. Wir sehen zum Beispiel Nvidia als ein solches Unternehmen.
Neben den USA bietet unserer Meinung nach derzeit ein weiteres Land jenseits des Atlantiks Chancen, wenn es um Wachstumswerte geht. Und das ist Mexiko. Zum einen ist die Wirtschaft sehr eng mit der US-Wirtschaft verbunden, zum anderen profitiert das Land von einem Trend, den das Coronavirus mit sich gebracht hat: Nearshoring.
Die Pandemie hat gezeigt, was eine übermäßige Abhängigkeit von China für die internationalen Lieferketten bedeuten kann. Hinzu kommen die Zölle, die die USA auf Waren aus China erhoben haben und die diese teurer machen als zuvor. Immer mehr Unternehmen suchen daher nach Alternativen. Neben den bereits engen Beziehungen zu den USA hat Mexiko weitere Vorteile: niedrige Lohnkosten und geringe Transportkosten in die USA.
Laut der Unternehmensberatung Deloitte könnte das Nearshoring das mexikanische Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den nächsten fünf Jahren übrigens um drei Prozent steigern. Wir blicken jedoch nicht nur mit Interesse auf Mexiko. Auch für einige brasilianische Unternehmen sind wir optimistisch. Damit ist Südamerika für uns jetzt die wichtigste Region nach den USA.
Und wo bleibt Europa? Diese Frage wird uns oft gestellt. Schließlich ist LFDE ein europäisches Unternehmen. Aber die europäischen Unternehmen haben einige wichtige Trends einfach verpasst. So gibt es zum Beispiel kaum Unternehmen, die im Bereich Cloud Computing oder digitales Marketing in der obersten Börsenliga mitspielen. Den meisten Unternehmen in Europa fehlt es an Wachstum und Größe. Aber es gibt eine Ausnahme: Biontech zum Beispiel ist aus unserer Sicht ein attraktives Unternehmen aus Deutschland, das bei der Entwicklung von Impfstoffen während der Coronavirus-Pandemie Pionierarbeit geleistet hat. Und es wird von der Entwicklung der europäischen Wirtschaft nicht sonderlich beeinflusst.
Die USA bleiben für uns daher ein Schwerpunkt für Wachstumswerte, und zwar nicht nur regional. US-Unternehmen waren schon immer Trendsetter. Nehmen wir zum Beispiel künstliche Intelligenz (KI). Dieser Megatrend wurde insbesondere durch den kometenhaften Aufstieg von ChatGPT angeheizt. Die Anwendung brauchte nur neun Monate, um die ersten 500 Millionen Nutzer zu erreichen. Ein Meilenstein, für den das Internet zehn Jahre brauchte.
Wir sehen einen weiteren Megatrend im digitalen Marketing. Sein Stellenwert wird unserer Ansicht nach in den kommenden Monaten zunehmen, da sich hier grundlegende Veränderungen vollziehen. Third-Party-Cookies verlieren an Bedeutung, da sie in den vergangenen Jahren datenschutzrechtlich zunehmend in die Kritik geraten sind. Das langsame Sterben der Cookies von Drittanbietern bedeutet jedoch nicht das Ende des Trackings. Dafür sind die Nutzerdaten viel zu wertvoll. Aber nur wer direkten Zugriff auf diese hat, wird in Zukunft zu den Gewinnern gehören. Daher sehen wir Google als ein Unternehmen, das von dieser Entwicklung profitieren wird, ein weiteres ist Amazon. Seit der zweiten Jahreshälfte 2023 weist das Bezos-Unternehmen seine Einnahmen aus dem digitalen Marketing erstmals separat aus. Ein starkes Indiz dafür, dass dieser Bereich zunehmend an Bedeutung gewinnt. Auch Cloud Computing sehen wir als einen wichtigen langfristigen Trend, den Anleger in Zukunft im Auge behalten sollten.
Auch der Gesundheitssektor gewinnt weltweit immer mehr an Bedeutung. Sowohl Industriestaaten als auch Schwellenländer wie Brasilien und China stehen aufgrund ihrer alternden Bevölkerung und der damit verbundenen steigenden Gesundheitskosten vor enormen demografischen Herausforderungen. Ein US-amerikanisches Unternehmen aus dem Gesundheitssektor, das wir als Profiteur dieses Trends sehen, ist Stryker. Es stellt nicht nur orthopädische Implantate her, sondern auch Roboter für othopädische Operationen. Stryker hat seinen Mako-Roboter bereits vor zehn Jahren in seine Produktpalette aufgenommen. Im vergangenen Jahr wurden 40 Prozent der Knieimplantate von Stryker mit Hilfe des Mako-Roboters implantiert. Allein in den USA lag der Durchdringungsgrad bei 60 Prozent.
Nicht nur Tech-Aktien bieten Wachstum
Stock-Picking steht also wieder auf der Tagesordnung. Und das gilt besonders in Zeiten hoher Inflation und hoher Leitzinsen. Beides ist normalerweise ein besonders schlechtes Umfeld für Wachstumswerte. Einige Marktteilnehmer hatten in diesem Jahr mit bis zu sieben Zinssenkungen durch die US-Notenbank (Fed) gerechnet. Diese Annahmen sind bisher enttäuscht worden. Unserer Ansicht nach spricht die immer noch relativ hohe Inflationsrate in den USA eher für wenige Zinssenkungen, und dann auch erst gegen Ende des Jahres.
Daher machen nach wie vor Aktien Sinn, die unserer Meinung nach einen guten Schutz gegen die Inflation bieten. Typischerweise fallen Aktien aus dem Finanzsektor in diese Kategorie. Unternehmen wie Mastercard, Visa oder Institute wie die mexikanische Bank Banorte profitieren von steigenden Zinsen, Amazon oder Walmart de Mexico von höheren Preisen, die die Verbraucher zahlen müssen.
Wachstumsaktien müssen also nicht immer Tech-Unternehmen sein, geschweige denn die Magnificent Seven. Es ist daher wichtig, die richtigen Einzeltitel auszuwählen. Eine weitere der Goldenen Regeln ist daher zu einem unserer Leitprinzipien geworden: Kaufe die Zukunft und verkaufe die Vergangenheit. Trends wie KI, die Alterung der Bevölkerung, Cloud Computing oder digitales Marketing sind die Zukunft.
Autor Louis Bersin ist Manager des LFDE Echiquier World Equity Growth.