Wachsende Kundenansprüche, hohe Arbeitsbelastung, schlechtes Image, mangelnde Wertschätzung – Finanzdienstleister sind häufig starkem Druck ausgesetzt. Das hat Folgen: Immer mehr Finanz- und Versicherungsberater brennen aus. Gastbeitrag von Frank M. Scheelen.
Laut einer aktuellen Umfrage des Branchendienstes Deutsche-Versicherungsbörse (dvb) fühlen sich 85 Prozent der Mitarbeiter in der Versicherungsbranche durch ihre Arbeit übermäßig belastet. Doch oftmals sind es nicht nur allein die äußeren Umstände, die psychisches Leiden der Finanzdienstleister verursachen. Viele von ihnen machen sich auch selbst Stress, weil sie bestimmte Glaubenssätze verinnerlicht haben: Sei stark! Beeil Dich! Streng Dich an! Sei perfekt! Sei gefällig!
Es handelt sich dabei um früh gelernte Fühl- und Verhaltensmuster, die als emotionale innere Antreiber wirken. Sie machen Druck und nicht selten auch krank. Hilfreich ist, diese Glaubenssätze als eigene Stressmuster zu (er)kennen und ihnen durch einen reflektierten Umgang mit sich selbst Einhalt zu gebieten. Dann ist auf dem Weg zu einer besseren Work-Life-Balance und für den Leistungserhalt schon mal viel gewonnen.
1. Stopp sagen als Stärke erkennen
Bloß keine Schwächen zeigen! Der Glaubenssatz „Sei stark!“ ist weit verbreitet im Finanz- und Versicherungsvertrieb. Viele Berater denken, immer Haltung bewahren zu müssen. Sie wollen der Fels in der Brandung sein – auch wenn sie schon lange nicht mehr können.
Um nicht ernsthaft krank zu werden, ist ein Umdenken gefragt: Nicht derjenige ist stark, der immer weiter macht und nichts sagt. Sondern der, der kommuniziert, wenn er seine Belastbarkeitsgrenze erreicht. Stopp sagen zu können ist also die eigentliche Stärke. Denn auszusprechen, wenn etwas zu viel wird, erfordert Mut – und ist ein Zeichen, dass man gut für sich sorgen kann.
2. Kleine Auszeiten dem inneren Stressantreiber entgegensetzen
Viele in der Finanzdienstleistung Tätigen wollen Motor sein, Dinge voranbringen, keine Zeit verschwenden! Sie sind getrieben vom Glaubenssatz „Beeil Dich!“ Häufige Folge: Schnell sein wird wichtiger als erfüllt sein. Dinge werden in ewiger Hetze erledigt – auch wenn es gar keine Veranlassung mehr dazu gibt.
Wer diesen inneren Antreiber in sich spürt, sollte kleine Auszeiten als Rituale einführen: sich bewusst täglich kurze Pausen von drei bis fünf Minuten nehmen, die man mit etwas Schönem und Entspannendem füllt – zum Beispiel eine schöne Pflanze betrachten oder im Internet ein Reiseportal öffnen und an exotische Ziele denken und Ähnliches. Auf Dauer gelingt es so, sich allmählich wieder umzuprogrammieren – insbesondere, weil in der Regel klar wird, dass man auch ohne ständige Eile viel erreicht.
Seite zwei: Dem Perfektionismus ein Schnippchen schlagen