Tapering im kommenden Jahr, Zinserhöhungen erst später

Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) Mario Draghi hat angefangen, eine Normalisierung der Geldpolitik vorzubereiten. Weiteres hierzu dürfte er im Zusammenhang mit der dieswöchigen EZB-Sitzung äußern, meint Franck Dixmier, Global Head of Fixed Income AllianzGI, im Vorfeld der EZB-Sitzung am 20. Juli.

Franck Dixmier fiebert der Fed-Entscheidung entgegen.
Franck Dixmier, Allianz-GI, rechnet bei der EZB-Sitzung mit einer Diskussion zur geldpolitischen Normalisierung.

Das Treffen der Europäischen Zentralbank (EZB) dieser Woche ist das erste von drei hochrangigen Ereignissen für EZB-Beobachter. Zusammen mit seiner bevorstehenden Rede bei der Fed-Konferenz in Jackson Hole und dem nächsten Treffen der EZB im September hat Mario Draghi reichlich Gelegenheit, die mit Spannung erwartete Vorgehensweise bei der geldpolitischen Normalisierung zu erläutern.

Diskussion um geldpolitische Normalisierung

Europa verzeichnet derzeit günstige ökonomische Fundamentaldaten, eine positive Wachstumsdynamik und einen sehr langsamen Anstieg der Kerninflation. Infolgedessen diskutieren die EZB-Ratsmitglieder offen die geldpolitische Normalisierung. Vor allem Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat sich zu diesem Thema sehr klar positioniert. Die Märkte wiederum sind hier stark sensibilisiert.

Sitzung entscheidend zur Lenkung der Markterwartungen

Beim „ECB Forum on Central Banking“ im portugiesischen Sintra hat Draghi im Juni verdeutlicht, dass er es mit dem Tapering – der Reduktion der Anleihenkäufe also – ernst meint. Bei einer sich bessernden Wirtschaftslage wäre ein unverändertes Fortführen der Kaufprogramme nur schwer vertretbar. Daher wird die EZB-Sitzung am 20. Juli entscheidend für die weitere Lenkung der Markterwartungen (Forward Guidance) sein.

Wir erwarten, dass Draghi seine politische Botschaft wiederholen wird. Gleichzeitig dürfte er die Gelegenheit wahrnehmen, um die Märkte auf eine Ankündigung der EZB im September vorzubereiten. Wir teilen die Konsens-Meinung, dass es zu Beginn des nächsten Jahres zum Tapering kommen wird und dass Zinserhöhungen erst zu einem späteren Zeitpunkt folgen werden. In diesem Zusammenhang dürfte Mario Draghi drei Worte betonen: „allmählich“, „langsam“ und „vorsichtig“.

Zinsschritt im September 2018

Die Märkte scheinen die Botschaft verstanden zu haben: Die Forward-Zinssätze für den Eonia (Euro OverNight Index Average) preisen einen ersten Zinserhöhungsschritt um zehn Basispunkte für September 2018 ein. Dies erscheint uns vernünftig. Die EZB ist sich bewusst, dass es eine Reihe an Faktoren gibt, die die Erholung Europas noch zum Entgleisen bringen könnten. Aus diesem Grund muss jegliche Anpassungen der Geldpolitik graduell und umsichtig erfolgen.

Draghis Äußerungen in Sintra zeigten bereits Wirkung. Die langfristigen Renditen erhöhten sich deutlich, bei 10-jährigen Bunds lag der Renditeanstieg bei 30 Basispunkten. Der Markt wird daher mit Argusaugen die nächsten Schritte beobachten. Sollte die Marktreaktion am Donnerstag sehr volatil ausfallen, dürfte die EZB zurückhaltender agieren. Denn eine signifikante Marktkorrektur zusammen mit einem stärkeren Euro wäre kontraproduktiv. Vorläufig ist der Prozess zur Normalisierung der Geldpolitik allerdings gut angelaufen.

Foto: AGI

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