Taping: „Die Technik ist nicht das Problem“

Vor allem letzteres war manchen Teilnehmern anscheinend neu, obwohl es schon lange bekannt ist. Viele der Vermittler scheinen sich ausschließlich auf das Thema „Taping“ zu konzentrieren und könnten dadurch die weiteren Herausforderungen der Regulierung aus dem Blick verlieren. Darauf jedenfalls ließen sowohl die Fragen aus dem Publikum als auch einige Gespräche am Rande der Veranstaltung schließen.

So scheint manchen Vermittlern noch immer nicht klar zu sein, dass sie künftig nur noch vermitteln dürfen, wenn der Kunde zu dem vom Anbieter definierten „Zielmarkt“ des Produkts passt. Dafür müssen sie den Kunden nach den Zielmarkt-Kriterien rastern und dies in einer Geeignetheitserklärung dokumentieren, die das Beratungsprotokoll ersetzt.

Keine Ausnahmen vom Zielmarkt?

Diese Vorschrift könnte den Vertrieb am Ende stärker behindern als das Taping – jedenfalls dann, wenn sich die neue FinVermV in diesem Punkt gegenüber dem Entwurf nicht ändert. Dann wären künftig Vermittlungen außerhalb des Zielmarkts für den 34f-Vertrieb – anders als für Banken – auch im begründeten Ausnahmefall verboten. Zeit für dieses Thema sowie andere Aspekte der neuen FinVermV wie die künftige Kostendarstellung blieb beim Bit-Jahresauftakt jedoch nicht.

Nun ist das Taping eine gewaltige Herausforderung für den Vertrieb, keine Frage. Es ist lästig, wird viele Kunden (ver-)stören und den Vermittler hemmen, weil er befürchtet, dass ihm später einmal ein Strick aus seinen Aussagen gedreht werden könnte.

Doch wahrscheinlich ist es bald Routine, auch für die Kunden. Zudem kann das Taping den Finanzdienstleister vor Gericht gegebenenfalls auch entlasten, falls wieder einmal ein Anleger ins Blaue hinein behauptet, er sei nicht oder falsch informiert worden oder hätte diese oder jene Anlageziele geäußert.

Gewaltiger Datenfriedhof

Die gefühlte Bedrohung wird vielleicht auch durch die Antwort auf eine Frage kleiner: Was passiert eigentlich mit den vielen Aufzeichnungen? Sie lautet nämlich: Nichts, in den allermeisten Fällen jedenfalls. In erster Linie entsteht ein gewaltiger Datenfriedhof. Über 99 Prozent der aufgezeichneten Gespräche wird wahrscheinlich niemals ein Mensch zu hören bekommen.

Vielleicht werden der WP oder die Aufsicht sich die eine oder andere Datei stichprobenweise anhören. Aber selbst das ist nicht sicher. Sofern es nicht zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommt, schlummern die Daten ansonsten wahrscheinlich nutzlos auf dem Server eines Providers und werden dort nach fünf bis sieben Jahren sang- und klanglos gelöscht. Niemand wird Notiz davon nehmen.

Also: Nach der Eingewöhnungsphase ist das Thema „Taping“ vielleicht gar nicht ganz so groß wie vielfach befürchtet. Bei anderen Aspekten der neuen FinVermV hingegen – insbesondere dem Stichwort „Zielmarkt“ – könnte es sich umgekehrt verhalten.

Stefan Löwer ist Geschäftsführer der G.U.B. Analyse Finanzresearch GmbH und betreut das Cash.-Ressort Sachwertanlagen. G.U.B. Analyse gehört wie Cash. zu der Cash.Medien AG.

Foto: Bit Treuhand

1 2 3Startseite
Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
1 Kommentar
Inline Feedbacks
View all comments