Sollen hier auch fast bis zu neun Monatsbeiträge als angemessen angesehen werden? Darf der Versicherungsberater nur ein Stunden- oder Pauschalhonorar in Abrechnung bringen, auch wenn eine Tarifoptimierung aus gesundheitlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht möglich oder sinnvoll ist? Will die Gesetzgebung wirklich ein solches Vergütungsmodell als vollkommen unangemessen disqualifizieren?
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Es steht auch fest, dass der Versicherer nicht verpflichtet ist, eine Courtage für die Beratung eines Tarifwechsels zu bezahlen. Wie bei der Beratung zu Netto-Tarifen muss also der Versicherungsmakler dem Grunde nach berechtigt sein, eine angemessene Vergütung gegenüber seinem Kunden abzurechnen. Natürlich ist die Beratung zu einem Wechsel der Tarife als Versicherungsvermittlung zu qualifizieren.
Schließlich hat der Kunde neue wirtschaftliche und rechtliche Vertragsgrundlagen. Dementsprechend sind auch die Altersrückstellungen vom Versicherer in den neuen Tarif, also den neuen Vertragsgegenstand, zu übertragen. Eine „Übertragung“ ist rechtlich nur dann möglich, wenn auch etwas Neues vereinbart wurde. Die erfolgreiche Vermittlung von etwas Neuem muss doch dann zwangsläufig auch als „echte“ Vermittlung angesehen werden. Denn wie heißt es so schön, der Vermittlungsbegriff ist weit auszulegen! Siehe EU-Vermittlerrichtlinie. Die Beratung eines Bestandskunden kann daher auch nicht als unerlaubte Rechtsberatung angesehen werden.
Erfolgsabhängige Vergütung ist legitim
Die erfolgreiche Vermittlung eines Tarifwechsels berechtigt meines Erachtens dazu, eine erfolgsabhängige Vergütung zu vereinbaren. Die angemessene Partizipation des Versicherungsmaklers an der Prämienersparnis seines Kunden kann daher nicht als unangemessene Benachteiligung qualifiziert werden. So sehen es wohl auch die meisten Kunden nicht, die bereitwillig einige Monate lieber ihre Ersparnis dem Makler überweisen, als lebenslänglich höhere Krankenversicherungsbeiträge zahlen zu müssen.
Zum Glück sind beide landgerichtlichen Entscheidungen noch nicht rechtskräftig, sodass möglicherweise eine erforderliche Korrektur durch die jeweiligen Oberlandesgerichte erfolgen könnte. Oder wir vertrauen darauf, dass der BGH die nötige Weitsicht hat, um die Verbraucherinteressen auch wirklich durch den ungebundenen Versicherungsvertrieb sicherzustellen. Denn die Versicherer werden nicht freiwillig ihren Kunden auf die gesetzlichen Möglichkeiten nach Paragraf 204 VVG eines Tarifwechsels eindringlich beraten. Wer sägt schon gern an dem Ast, auf dem er sitzt!
Autor Stephan Michaelis LL.M., Rechtsanwalt bei der Hamburger Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte, ist Fachanwalt für Versicherungsrecht.
Foto: Kanzlei Michaelis