Im Sektor Technologie gibt es bislang keine Investitionsblase, stellt die Schweizer Fondsgesellschaft GAM fest. Zwar sei eine Übertreibung bei einigen Aktien feststellbar, der Sektor insgesamt jedoch nicht überbewertet.
Einzelne Unternehmen haben in jüngerer Vergangeheit bei Börsengängen Rekorderlöse erzielt, einige Titel eine Rallye hingelegt und Bewertungen erreicht, die mit Fundamentaldaten nicht mehr zu erklären sind. Das sagt Mark Hawtin, Manager des GAM Star Technology, und rät Investoren zur Gelassenheit: „Im Vergleich zu der Technologieblase, die wir um die Jahrtausendwende erlebt haben, gibt es entscheidende Unterschiede. Viele der Visionen der Dotcom-Ära wie etwa Video-Streaming in hoher Qualität sind heute Realität und Grundlage funktionierender Geschäftsmodelle geworden. Die Geschäftsmodelle der Online- und Datenwirtschaft sind ausgereift.“
Auch gibt es deutlich weniger Börsengänge und solidere Kurs-Gewinn-Verhältnisse, so Hawtins Einschätzung: „Die Online-Wirtschaft ist erwachsen geworden.“ In den vergangenen zehn Jahren habe sich das Geschäftsumfeld im Technologiesektor grundlegend geändert. Heute lebten ganze Wirtschaftszweige vom Netz und profitierten von der unstillbaren Nachfrage nach Diensten wie Video-Streaming, nach mobilen Endgeräten, aber auch von neuen Geschäftsideen in den Bereichen Social Media und Software-on-Demand.
IT-Branche erwachsen
Anders als in den neunziger Jahren könnten Investoren die Geschäftsmodelle heute besser einschätzen und den tatsächlichen Wert dieser Unternehmen auf der Grundlage von Einnahmen, Gewinnen oder diskontiertem Cashflow bestimmen, so der GAM-Experte.
„Facebook hat unter Beweis gestellt, dass es seine Nutzerbasis durch gezielte Werbung zu Geld machen kann“, sagt Hawtin. Die Marktkapitalisierung des Netzwerkes sei gerechtfertigt, obwohl sie vielen vor dem Börsengang zu optimistisch erschienen sei. Die Investoren, die Facebooks Pläne verstanden und an ihre erfolgreiche Umsetzung geglaubt hätten, würden nun belohnt: „Selbst auf dem Höhepunkt des Hypes um den Börsengang waren Facebooks Bewertungen stets durch verlässliche Zahlen und realistische kurz- bis mittelfristige Projektionen gerechtfertigt.“
Investoren machten derzeit Jagd auf Wachstumstitel, bevorzugten aber noch immer andere Sektoren wie etwa Konsumgüter, in denen das Wachstum stabiler und sicherer sowie die Geschäftsmodelle einfacher zu verstehen seien. Das führe in diesen Sektoren zu einem überfüllten und überbewerteten Markt. Obwohl auch Technologieaktien von der erhöhten Nachfrage profitierten, schreckten indes noch immer viele Investoren vor der hohen Komplexität des Sektors zurück, so erklärt er: „Technologietitel verlangen den Investoren genaue Kenntnis der jeweiligen Technologien und Märkte ab, um gute Geschäftsmodelle von schlechten zu unterscheiden.“
„Start-Ups zum Teil zu teuer“
Ohne Frage seien einige Bereiche des Technologiesektors überbewertet, so Hawtin. So nähmen die etablierten Unternehmen aus dem Silicon Valley Milliarden für den Erwerb von Start-Ups in die Hand, die über keinerlei stabile Umsätze, geschweige denn Gewinne verfügten. Auch bei aussichtsreichen Firmen mit spannenden Geschäftsmodellen seien die aktuellen Kurse mitunter durch nichts gerechtfertigt, so zum Beispiel bei der amerikanischen Immobiliendatenbank Zillow. „Solche Übertreibungen gibt es in allen Sektoren“, relativiert Hawtin. „Sie beweisen letztlich nur, dass Investoren die Kennzahlen genau analysieren und Unternehmen meiden sollten, die unrealistisch bewertet sind.“
(mr)
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