Teilhaberfonds statt Negativzinsen

Die Negativzinsen, geldpolitisch gewollt, aber bei den Bankeinlagen der meisten Bürger längst noch keine Realität, entfachen die politische Debatte um Gegenmaßnahmen. Die Naumer-Kolumne

Hans-Jörg Naumer, AllianzGI

Es geht im Kern darum, wie diese, zumindest für Kleinsparer, abgewendet und wie Kapital aufgebaut werden kann. Es geht um nominalen (!) Vermögenserhalt, oder sogar Vermögensaufbau. Keine einfache Aufgabe „rentieren“ doch gut 30 Prozent der weltweit in Umlauf befindlichen Staatsanleihen, 67 Prozent der europäischen und fast 100 Prozent der deutschen unter der Null. Staatsfonds, auch „Bürgerfonds“ in unterschiedlichen Modellvarianten und mit unterschiedlichen Zielsetzungen und Motivationen, ja sogar mit unterschiedlichen Finanzierungsmethoden wurden bereits in die Debatte eingebracht.

Die Crux dabei: Wie immer das Kapital aufgebaut, wie immer es auch angelegt/investiert wird, bei Staatsfonds bleibt es letztlich in staatlicher Hand. Privater Vermögensaufbau, echte Teilhabe durch Eigentum inklusive der Wahrnehmung von Eigentumsrechten, kommt dabei nicht vor.

Es ginge auch anders: Teilhaberfonds statt Negativzinsen lautet die Devise.

Bei einem Teilhaberfonds, wie ihn mein Kollege Tobias Pross vorgeschlagen hat, bilden die Anleger Kapitalvermögen über die Zeit, wie dies auch für herkömmliche Publikumsfonds üblich ist. Breit gestreut, gut diversifiziert, mit der Aussicht am Wachstum und dem voranschreitenden technologischen Wandel durch anteiliges Eigentum an Firmen und deren Ertragsausschüttungen teilzuhaben.

Zusätzlich zu den bekannten Fondscharakteristika kommt die Rückübertragbarkeit von Stimmrechten auf die Eigentümer dazu. Bisher werden diese Rechte, also zum Beispiel die Abstimmungen auf den Hauptversammlungen, per sogenanntem „Proxy Voting“ von den Kapitalanlagegesellschaften stellvertretenden wahrgenommen. Im Zeitalter der Digitalisierung wäre es aber ein Leichtes die Stimmrechte auf die Anteilseigener zu übertragen. Besser noch: Die Stimmrechte ließen sich auch zwischen den Anteilseignern übertragen und tauschen. Übertragen: z.B. auf Interessengemeinschaften. Tauschen: z.B. derart, dass Anteilseigener bevorzugt die Stimmrechte bei jenen Firmen wahrnehmen, bei denen sie arbeiten. Mitarbeiterkapitalbeteiligung also ohne Klumpenrisiko.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Anstatt Kapital in staatlicher Hand zu konzentrieren, wird der Vermögensaufbau der Bürger gefördert. Echte Teilhabe wird gestärkt. Eine nachgelagerte Besteuerung, vereinfachte Vorgaben für die Beratung und eine Nicht-Einführung der Börsensteuer wären die wichtigsten, staatlichen Begleitmaßnahmen, wenn es darum geht, die Bürger aus der Negativzinsfalle zu befreien.

Autor Hans-Jörg Naumer ist Volkswirt und leitet Global Capital Markets & Thematic Research bei AllianzGI.

Foto: AllianzGI

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