Gero Nießen, Director bei der Unternehmensberatung Towers Watson in Köln, ist Experte für Pricing und Produktmanagement in der Kfz-Versicherung. Er spricht über die aktuelle Finanzlage der Branche und die Frage, wie Telematik-Tarife und selbstfahrende Autos den Markt verändern könnten.
Cash.: Die Kfz-Versicherer verzeichneten in 2014 erstmals nach sechs Jahren wieder ein versicherungstechnisches Plus, ergaben aktuelle Zahlen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft. Was sind die Gründe hierfür?
Nießen: Die Versicherer haben es in den letzten Jahren geschafft, konsequent an der Preisstabilität zu arbeiten, die Gewinne sind nun der Lohn ihrer Bemühungen. Insbesondere die Großen der Branche müssen nun die „Disziplin wahren“, um den Markt nicht erneut in eine Abwärtsspirale zu ziehen – das gilt für die Neugeschäftsprämien ebenso wie für das Bestandsgeschäft.
Wie stellt sich der deutsche Markt für Kfz-Versicherungen gesamtheitlich dar?
Erfreulich ist, wie Sie bereits anmerkten, dass die Branche erstmals seit vielen Jahren wieder Gewinne schreibt. Zentrale Voraussetzung für die Fortführung dieses positiven Trends ist das Beibehalten der Preisdisziplin im Markt, die in den letzten Jahren die Trendwende zu einem signifikanten Anteil ermöglichte. Die Herausforderungen sind jedoch groß, denn es zeichnen sich gleich mehrere neuralgische Punkte in der Entwicklung ab.
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Als „neuralgischer Punkt“ dürfte sicherlich auch die Einführung von Telematik-Tarifen gelten. Wie verfolgen Sie hier die Entwicklung?
Viele Versicherer haben wie erwartet den ersten Schritt gemacht und bieten heute oder in naher Zukunft Telematik-Tarife an. Je mehr Anklang dies beim Verbraucher findet, desto stärker geraten die übrigen Versicherer in Zugzwang. Sie müssen sich entscheiden, ob sie nachziehen oder bewusst eine andere Strategie verfolgen – mit dem Risiko, dass sie langfristig eher schlechtere Risiken im Portfolio haben werden als die Telematik-Anbieter und ihre Tarife entsprechend teurer anbieten müssen.
Seite zwei: „Stärke von Vergleichsportalen stagniert zurzeit“