Oftmals wird im Zusammenhang mit Themenfonds von einem Marketing-Gag gesprochen. Teilen Sie diese Ansicht?
Hemmer: Manchmal ist es auch gar nicht schlecht, wenn einProdukt ein bisschen Marketing hat. Denn schaut man auf die aktuellen Zahlen des Deutschen Aktieninstituts (DAI), ist nur jeder sechste Kunde oder Endinvestor in Aktienfonds investiert. In diesen Zeiten, in denen oft reale Kapitalvernichtung stattfindet, ist es von Vorteil, in Produktivkapital investiert zu sein und das dann durchaus in den einen oder anderen Fonds als gar nichts zu machen. Grundsätzlich glaube ich aber, dass thematisches Investieren insofern Vorteile hat, als der Kunde sich Themen rauspicken kann, die auch zu seinen Vorstellungen und Werten passen. Das halte ich grundsätzlich für eine gute Sache. Für Privatanleger ist es wichtig zu bestimmen, welche Fonds echte lang-fristige Investitionen darstellen und welche nur kurzlebige „Modetrends“ abbilden.
Fischer: Ich finde, das Wichtigste ist die individuelle Note, die der Kunde dort einbauen kann – also an welche Trends er glaubt. Diese Möglichkeit sehe ich eigentlich nur mit Themenfonds und nicht etwa mit einem globalen Aktienfonds, der oftmals mit einem Bauchladenansatz daherkommt und möglicherweise auch Themen enthält, die ich gerade nicht will. Deshalb sind Themenfonds für mich auf gar keinen Fall ein Marketing-Gag, sondern ein sehr sinnvolles Instrument.
Ulbricht: Auf der einen Seite kann ich mir als Anleger meine Themen heraussuchen und kann versuchen, ein entsprechendes Alpha für das Portfolio zu generieren. Auf der anderen Seite sollte es aber auch nur eine Depot-Beimischung sein.
Das A und O bei Themenfonds ist es, langfristige Wachstumstrends zu identifizieren. Wie kann das erfolgreich gelingen?
Hemmer: Wir setzen bei den thematischen Aktienfonds auf den Prozess des Carmignac Laboratoriums. Das heißt, dass wir die eigenen Fonds zunächst mit hauseigenem Geld testen, bevor wir mit ihnen an den Markt gehen. Wir wollen etwas haben, was langfristig Erfolg hat, d. h. den Fonds zu seeden und dann das Thema auch nicht zu eng zu schneiden. Selbstverständlich verantworten diejenigen Manager den Fonds, die auch eine gewisse Expertise und Erfahrung in solchen Bereichen haben. Entscheidend ist wirklich, eine langfristige Outperformance darstellen zu können und nicht etwa in sechs Monaten eine Gewinnmaximierung zu erreichen. Das ist gar nicht unser Ansatz.
Wie lange läuft die Testung?
Hemmer: Das hängt von der Performance des Fonds ab. Wir hatten einige großartige Laborerfolge, die in weniger als einem Jahr auf den Markt kamen, aber andere, die zwar getestet wurden, aber nie auf den Markt kamen. Das hat für den Anleger den Vorteil, dass er auf ein quasi bewährtes Produkt zugreifen kann.
Fischer: Bei Mediolanum International Funds haben wir das „Mediolanum Laboratory“. Dort kommen übers Jahr gesehen gute 100 Ideen aus den verschiedensten Bereichen zusammen, die im Thinktank des Unternehmens beurteilt werden. Und am Ende werden vielleicht drei, maximal fünf davon, in Form von Fonds umgesetzt. Ehrlicherweise muss man sagen, ist bei so einem Prozess timingseitig auch immer ein wenig Glück dabei, ob es passt oder ob es nicht passt. Aber die Masse der Themen wird tatsächlich wieder verworfen, weil die Zeit vielleicht einfach noch nicht reif dafür ist.
Markttiming ist bei Themenfonds nicht ganz unwichtig – allerdings auch ein schwieriges Unterfangen. Neulich hieß es mal: „Die Hall of Fame der Markttimer ist leer“.
Ulbricht: Ein Ansatz ist es, die Trends mit einem Top-Down-Ansatz zu betrachten: Wo spielt in den nächsten 20 Jahren die Musik? Dann kann man sich die Themen herausgreifen und zielgerichtet schauen, ob es dafür Produkte gibt oder nicht. Es ist wichtig, langfristig zu denken; man muss auch etwas aushalten können. Bestes Beispiel Nachhaltigkeit und Erneuerbare Energien: Wir alle kennen die Entwicklung in den letzten Jahren. Die Jahre 2018 bis 2020 waren zunächst von einem großen Hype geprägt. Jetzt ist für Anleger die sprichwörtliche Zeit der sauren Kirschen angebrochen. Am Ende des Tages muss man auch die Muße haben, abzuwarten, bis sich die Dinge erholen, oder man sagt, ein Thema, auch, wenn man das auf lange Sicht als Megathema oder Megatrend definiert hat, muss man auch noch hinterfragen können, ob dieser Trend tatsächlich da ist, oder ob er sich vielleicht umkehrt oder vielleicht für die Zukunft gar keinen Trend mehr darstellt, weil es neue Erkenntnisse gibt. Das muss man den Anlegern oder den Beratern dann auch mit an die Hand geben.
Wie oft schauen Sie sich bei Mediolanum und bei Carmignac einen Themenfonds an, im Sinne einer Review, verbunden mit Fragen wie: Hat das Thema überhaupt noch ausreichend Wachstumspotenzial?
Hemmer: Genau aus diesem Grund fassen wir das thematische Investieren nicht zu eng, da populäre Themen wechseln. Wenn wir zum Beispiel über unseren Enkelkinderfonds reden, und darüber, über Generationen hinweg zu investieren, muss das Portfolio über lange Zeiträume funktionieren. Beispielsweise hat das Thema Nachhaltigkeit einen massiven Impact auf der Risikomanagementseite. Dabei gilt es über die Jahre hinweg zu schauen, was sind die Themen, mit denen man mit einem absehbaren Horizont Geld verdienen kann?
Fischer: Bei uns wird das häufig über die Managerstruktur gemacht. Wir managen keinen der Fonds selbst, sondern geben das immer an Dritte ab und haben normalerweise immer so ein Konglomerat aus ca. drei gemeinsamen Managern. So sehen die meisten unserer Fonds aus, wo wir dann innerhalb des Fonds die Managerergebnisse gegeneinander benchmarken. Dieser Ansatz kommt nur an seine Grenze, wenn einmal ein kompletter Themenbereich überhaupt nicht läuft. Herr Ulbricht hat vorhin das Beispiel „Erneuerbare Energien“ genannt. Da kann ich über die jüngste Vergangenheit jetzt wahrscheinlich 20 Manager gegeneinander laufen lassen. Wenn der Bereich gar nicht läuft, kommt auch ein Multi-Manager-Ansatz ans Ende seiner Möglichkeiten. Aber im Normalfall sieht man oft schon erhebliche Unterschiede bei der Managerqualität in speziellen Themenbereichen. Selbst unter den vermeintlich besten Experten. Und dann ist es unsere Aufgabe, die Managementanteile via Feinsteuerung zu verändern oder auch einen Manager mal komplett auszutauschen. Das hat sich in der Vergangenheit sehr gut bewährt.
Welche Vorteile bieten Themenfonds. Wo liegen die größten Risiken?
Hemmer: Ein Punkt ist das Thema Passgenauigkeit. Der Anleger kann mit Themen spielen, die ihm liegen, die zu seinen Werten passen, die er beim Asset Manager vielleicht auch dann in Auftrag geben kann. Auch das Thema Alpha-Generierung: Ich habe die Möglichkeit, zu investieren, bevor etwas überhaupt ein Megatrend wird, der dann vielleicht auch in den Märkten wieder eingepreist ist und damit wirklich in Plain Vanilla überall wieder drin ist, und die Alpha-Mehrwerte auch runtergehen. Da liegt der Mehrwert, weil ich damit auch spezifische, dafür ausgebildete Manager aussuchen kann, wenn ich das bei einem aktiven Asset Manager in gute Hände gebe.
Fischer: Ich würde noch das Thema Korrelation als dritten Punkt hinzufügen. Denn wenn ich bestimmte Themenfonds zusammenpa-cke, habe ich eigentlich kaum Gleichlauf. Ich will mal ein Praxisbeispiel machen: Wenn ich einen Mediolanum BB Global High Yield, also einen Hochzinsanleihenfonds, mit einem Mediolanum BB Green Building, also REITs-Fonds, und dann vielleicht noch mit einen Mediolanum BB India Opportunities zusammenpacke, dann werde ich kaum eine gleichlaufende Kursentwicklung zwischen den Dreien haben. Das ist ja genau das, was gerade viele strategisch agierende Fondsmanager, also Dachfondsmanager, Fondsvermögensverwaltungsmanager suchen und wollen und was natürlich einem Privat-kunden ebenso auch anzudienen wäre, wenn es der Berater ihm richtig vermitteln kann. Ich glaube, das ist auch ein Riesenmehrwert von Themenfonds. Ist aber natürlich kein Selbstläufer. Wenn ich die letzten Jahre beispielsweise einen Rohstofffonds mit einem New-Energy-Fonds gemischt hätte, dann hätte ich zwar auch zwei unterschiedliche Bereiche gehabt, gelaufen sind aber beide nicht. Das ist aber die Ausnahme. In der Regel ist es ein sehr, sehr guter Ansatz, womit man wirklich sein Portfolio vernünftig und stabil aufstellen kann.
Ulbricht: Anleger haben eine Riesenchance auf eine gute Performance, wenn sie zum richtigen Zeitpunkt in die richtigen Themen investiert sind. Hat man das vermeintlich richtige Thema aber das falsche Timing, ist es Pech. Daneben gibt es aber natürlich auch Megatrends, die sich langfristig entwickeln und eine gute Performance liefern können. Deshalb noch einmal: Themenfonds bitte immer nur als Beimischung wählen. Man sollte nie nach dem Motto handeln: „Ich konzentriere mich jetzt mit meinem Vermögen oder mit einem großen Teil meines Vermögens nur auf ein Thema“. Dazu raten wir ausdrücklich nicht.
Fischer: Vielleicht als letzte Ergänzung noch: Sparpläne bieten auch bei dieser Fondsart Vorteile, weil die meisten Themenfonds sehr stark schwanken und dadurch der Cost-Average-Effekt voll zum Tragen kommt.
Hemmer: Und da wir gerade über das Thema Beimischung sprachen: Ich glaube, ein weiterer Vorteil ist auch, dass ich im Core-Portfolio Dinge ergänzen kann, ohne dieses komplett umbauen zu müssen. Das, glaube ich, ist auch für Berater ein guter Ansatz.