Thomas-Cook-Pleite: Verstößt Haftungsbegrenzung gegen EU-Recht?

Im September stellte der Reiseveranstalter Thomas Cook einen Insolvenzantrag, viele Reisende konnten deshalb ihre Reisen nicht antreten. Der Schaden dafür geht in die hunderte Millionen Euro. Die Mutschke Rechtsanwaltsgesellschaft hat die Bundesregierung nun aufgefordert, die Ansprüche der geschädigten Urlauber anzuerkennen.

Rechtsanwältin Nicole Mutschke

Momentan können Betroffene ihre Forderungen bei der Kaera AG anmelden, die für die Abwicklung von Ansprüchen seitens des Versicherers von Thomas Cook, der Zurich Versicherung, beauftragt wurde. Allerdings haftet die Zurich nach Angaben der Rechtsanwaltsgesellschaft nur mit 110 Millionen Euro pro Kalenderjahr. Die Zurich habe bereits kundgetan, dass diese Summe bei Weitem nicht ausreichen wird, damit alle Geschädigten ihr Geld zurückerhalten. 

Allerdings: Seit 2015 gibt es die EU-Richtlinie zum Reiserecht. Diese verpflichtet die Mitgliedsstaaten dazu, Pauschalreisenden vollumfänglichen Schutz im Falle einer Insolvenz des Reiseveranstalters zu bieten – was allerdings bei der Umsetzung der Richtlinie in Deutschland schlicht versäumt wurde, so die Ansicht von Rechtsanwältin Nicole Mutschke.

„Klarer Verstoß gegen EU-Recht“ 

Umgesetzt wurde die EU-Richtlinie in Deutschland durch Paragraf 651r des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Der Paragraf regelt aber auch, dass Versicherer ihre Haftungssumme begrenzen können, und zwar auf 110 Millionen Euro pro Kalenderjahr. Hierin besteht nach Auffassung der Kanzlei Mutschke ein klarer Verstoß gegen das geltende EU-Recht. Der deutsche Gesetzgeber sei seiner Pflicht, die sich aus dem europäischen Recht ergibt, nicht nachgekommen. „Wenn der deutsche Gesetzgeber das geltende EU-Recht korrekt umgesetzt hätte, gäbe es jetzt keinen Engpass bei der Haftungssumme“, so Rechtsanwältin Nicole Mutschke.

Die Rechtsanwaltsgesellschaft vertritt nach eigenen Angaben eine steigende Anzahl von Thomas-Cook-Kunden, die sich nicht mit dem Schaden abfinden und Ansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen von Staatshaftungsansprüchen geltend machen. (kb)

Foto: Kanzlei Mutschke 

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