Threads gegen Twitter: Kampf der Titanen und was Meta-Anleger jetzt wissen sollten

Shanna Strauss-Frank, Freedom Finance Europe
Foto: Freedom Finance Europe
Shanna Strauss-Frank, Freedom Finance Europe

Es wäre der größte Kampf der Geschichte der digitalen Welt – Elon Musk gegen Mark Zuckerberg im Cage Fight. Mit dem neuen Kurznachrichtendienst Threads macht Meta Twitter nun ernsthafte Konkurrenz und sorgt für Wirbel in der Social Media Branche.

Innerhalb der ersten fünf Tage verzeichnete Threads bereits 100 Millionen Nutzer:innen – ein Rekord. Doch ob der Hype auch von langer Dauer sein wird und ob die Meta-Aktie nun wieder Potenzial aufweist?

Seit Elon Musk nach einem monatelangen Prozess Twitter schließlich kaufte, kommt es bei der Plattform nahezu ununterbrochen zu Problemen. Nach Negativschlagzeilen, Massenkündigungen und erheblichen Änderungen für User sollte kürzlich die Übernahme von Linda Yaccarino als neue CEO für etwas Ruhe sorgen. Doch mit dem Launch von Threads Anfang Juli lies der nächste Streich nicht lange auf sich warten. Ist der soziale Netzwerkdienst derzeit die am schnellsten wachsende App in der Geschichte des Internets, muss Musk um die Zukunft seiner Plattform bangen. Der regelrechte Hype um Threads erinnert jedoch viele an die Audio-Social-Plattform Clubhouse: In Pandemiezeiten hoch gelobt, doch nach wenigen Monaten schwand das Interesse an einem neuen, weiteren sozialen Netzwerk. Dazu kommen Bedenken, Meta bewege sich mit Threads weiter in Richtung Monopolstellung, während der Konzern aufgrund von Datenschutzdelikten immer wieder in die Kritik gerät. Kann Threads also überhaupt standhalten?

Instagram als unschlagbares Zugpferd

Der gravierende Vorteil, von dem Meta bei dem Start von Threads profitieren konnte, ist die Tatsache, dass sich die neue App mit Instagram verknüpfen lässt und Nutzer:innen somit kein neues Profil anlegen müssen. Auch Aspekte wie die stark beschränkte Zeichenanzahl und die Anzahl an zu sehenden Beiträgen pro Tag fallen auf der neuen Plattform weg. Doch Shanna Strauss-Frank von Freedom Finance Europe merkt an: „Die beiden Social Media Netzwerke haben eine sehr unterschiedliche Nutzerbasis. Auf Twitter dreht es sich hauptsächlich um Politik, Finanzen und Medien – die User diskutieren hier die Nachrichten des Tages. Instagram hingegen fokussiert sich auf das Teilen von Fotos und Videos von sich selbst.“ Ob die Instagram-User nun auch auf Threads lediglich textbasierte Inhalte teilen möchten, sei fraglich. Dazu kommt: „Twitter richtet sich vorwiegend an junge Männer mit höherer Bildung, auf Instagram gibt es mehr weibliche Nutzerinnen zwischen 18 und 49 Jahren mit einem höheren Anteil an Menschen ohne Schulabschluss.“ Laut Angaben von Meta habe Instagram derzeit 500 Millionen täglich aktive und zwei Milliarden monatlich aktive User. Wenn man davon ausgeht, dass auch nur zehn Prozent dieser Nutzer:innen Interesse an dem neuen Netzwerk zeigen, wären das  potenzielle 50 beziehungsweise 200 Millionen Threads-Benutzer:innen. 

Meta: Nicht alles Gold was glänzt?

Die Meta-Aktie befindet sich seit November letzten Jahres im Aufwärtstrend und der Launch von Threads trieb das Interesse von Anleger:innen weiter in die Höhe. Doch ob sich die anfängliche Euphorie der neuen App gegenüber auch an der Börse längerfristig bewähren kann, sei laut Strauss-Frank noch abzuwarten: „Experten sind sich zwar einig, dass der Aktienkurs in naher Zukunft stabil bleibt, doch werden auch keine nennenswerten Aufwärtsbewegungen erwartet. Threads muss zuerst ein greifbares Wachstum und Rentabilität nachweisen können.“ Immer wieder gerät der Tech-Gigant jedoch in die Kritik, vor allem bezüglich seiner Steuerpraktiken in einigen Ländern sowie dem teils fraglichen Umgang mit Datenschutzbestimmungen. Erst kürzlich gab der Europäische Gerichtshof dem Kartellamt in einem Datenschutzstreit gegen Meta recht. Strafzahlungen, die strengen Aufsichten, denen der Konzern unterliegt, sowie Änderungen der Rechtsgrundlage wie beispielsweise im Steuerrecht für multinationale Unternehmen könnten dabei nicht nur Anleger:innen verunsichern, sondern sich auch negativ auf die Rentabilität auswirken. Dazu kommt: Threads ist zwar bereits in über 100 Ländern verfügbar, doch ein Start in EU-Staaten sei vorerst nicht geplant – aus regulatorischen Gründen. Denn laut Instagram Chef Adam Mosseri sei es kompliziert, „einige Gesetze einzuhalten, die im kommenden Jahr greifen werden.“

Big Tech-Player bei Anlegern beliebt

Bezüglich der Bedenken dem Konzern gegenüber will Strauss-Frank Anleger beruhigen, Meta hätte viel Erfahrung im Umgang mit solchen Risiken. Doch die beschränkte Verfügbarkeit von Threads schmälert trotz Rekord die Nutzeranzahl und auch die Möglichkeiten für Werbetreibende – die Haupteinnahmequelle vieler sozialen Medien. „Es wird erwartet, dass die Gesamteinnahmen auf dem Social Media Markt eine jährliche Wachstumsrate von 6,86 Prozent aufweisen werden, was zu einer prognostizierten Marktgröße von 183,1 Milliarden US-Dollar bis 2027 führt – das sieht wiederum recht attraktiv aus“, betont die Expertin und verweist damit ebenso auf das Wachstumspotenzial, das Meta als Big Player in der Technologiebranche sich zunutze machen könne – bleibt nur die Frage, inwiefern die örtlichen Einschränkungen von Threads dies mildern werden. Immerhin habe der Konzern mit WhatsApp, Facebook und Instagram bereits ein breites Portfolio, neue Initiativen wie das Meta Universe, Horizon Worlds oder nun Threads unterstreichen die Bemühungen, stetig innovative Tech-Trends aufspüren zu wollen und das Wachstum voranzutreiben. „Investoren suchen in der Regel nach Märkten, die erhebliche Wachstumschancen bieten – so wie der Technologiesektor“, so Strauss-Frank.

Twitter versus Meta – wer gewinnt?

Die Zahlen von einem Webanalyse-Unternehmen zeigen zum Thread-Launch einen Rückgang des Datenverkehrs von Twitter im Wochenvergleich um fünf Prozent. Doch anzumerken ist, dass Threads derzeit noch keine Schritte zur Monetarisierung eingeleitet hat und fraglich bleibt, wie User beispielsweise auf Werbung auf der Plattform reagieren werden. Auch scheint Twitter Meta mit rechtlichen Schritten zu drohen. „Kommt ein neues soziales Netzwerk auf, erzeugt das bei den Menschen natürlich Neugierde“, begründet Strauss-Frank das anfängliche Interesse. Laut ihr sei es zu früh, um sich festzulegen, welcher der Kurznachrichtendienste das Rennen gewinnen wird. Wovon Threads definitiv profitiere, seien die Ressourcen und das Knowhow, das der Plattform durch den Meta-Konzern zur Verfügung stehe: „Es ist unwahrscheinlich, dass sich ein ganz neuer Player dagegen durchsetzen kann.“ Doch auch bei Twitter handle es sich um einen etablierten Tech-Giganten, der Threads bei seiner Machtübernahme wohl nicht tatenlos zusehen wird.

Autorin Shanna Strauss-Frank ist Börsenexpertin bei der Investmentgesellschaft Freedom Finance Europe.

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