Tierkrankenversicherungen: Maklers Glück hat sanfte Pfoten

„Das erfordert viel Disziplin. Außerdem ist es mit der Tiergesundheit wie mit der Gesundheit des Menschen: Sie ist nicht planbar, so dass eine unvorhersehbare Erkrankung des Vierbeiners schon im ersten Sparjahr ein unerwartetes Loch in die Haushaltskasse reißen kann“, gibt Hanse Merkur-Vertriebsvorstand Bussert zu bedenken.

Wer auf der Seite des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft unter „Wer versichert was“ das Stichwort Tierversicherungen eingibt, erhält eine Liste von 49 Gesellschaften, die im Segment tätig sind. Auch wenn nicht alle Gesellschaften Tierkranken- oder Operationskostenversicherungen anbieten, ist die Vielfalt in diesem Segment hoch. „Bei Tierkranken läuft man schnell Gefahr, Äpfel mit Birnen zu vergleichen“, sagt deshalb auch Vema-Vorstand Neder.

Reine Operationskostenversicherungen sind nach Neders Aussage grundsätzlich günstiger als vollumfängliche Krankentarife. Bei letzteren können die Unterschiede zwischen den Tarifen recht deutlich ausfallen. „Die jährlichen Erstattungshöchstgrenzen liegen hier – auch bei Sublimits – in einer Schwankungsbreite von einem Vielfachen des schlechtesten Anbieters. In einigen Tarifen kann der vierfache Satz nach Gebührenordnung für Tierärzte abgerechnet werden, in anderen nur der zweifache. Manche leisten für alternative Heilmethoden und andere nicht. Und preislich ist das auch nicht immer so ohne weiteres zu erkennen“, sagt Neder. Gothaer-Tierversicherungs-Produktmanager Prachar bestätigt, dass ein 1:1-Vergleich zwischen Wettbewerbern anhand einzelner Merkmale wie etwa nur der monatlichen Prämie faktisch nie möglich ist.

Deutlich näher an der Krankenversicherung

Hinzu kommt, dass Tierkrankenversicherungen zwar in der Sachsparte angesiedelt sind, die Produkte aber thematisch und konzeptionell deutlich näher an einer Krankenversicherung liegen. Insofern stellt sich die Frage, wie gut ein solches Produkt digital vertrieben werden kann. Laut Prachar sind Tierkrankenversicherungen mittlerweile eine feste Größe auf Vergleichsportalen. Nicht zuletzt, weil sich die meisten Kunden regelmäßig im Internet informieren. Insofern müsse ein Produkt transparent und verständlich dargestellt werden, um den Interessenten die für die Abschlussentscheidung wichtigsten Tarifmerkmale aufzuzeigen.

Angesichts der angesprochenen Komplexität des Produktes habe die persönliche Beratung, insbesondere bei Rückfragen des Interessenten, jedoch in vielen Fällen noch deutliche Vorteile, so der Tierarzt. „Die Tierkrankenversicherung ist in der Tat ein recht komplexes Produkt. Ohne sich etwas näher mit dem Leistungsumfang und im Einzelfall auch mit medizinischen Fachbegriffen – auch zu bestimmten Diagnosen – zu beschäftigen, ist eine Beratung nicht ganz einfach“, bestätigt Prachar.

Christian Prachar
Dr. Christian Prachar: „Ohne sich näher mit dem Leistungsumfang zu beschäftigen, ist eine Beratung nicht ganz einfach.“

Agila-Tierversicherungsexpertin Obert stimmt zu: „Die Beratung ist durchaus komplex, da es mittlerweile viel verschiedene Anbieter mit teilweise sehr umfangreichen und unübersichtlichen Bedingungen und Ausschlüssen gibt. Die Agila ist Direktversicherer, das heißt, wir betreiben fast ausschließlich Direktgeschäft über unsere Website“, sagt Obert. Der stationäre Vertrieb über Makler und Tierarztpraxen macht laut Obert nur zehn Prozent des Vertriebs aus.

Auch bei der Hanse Merkur werden die Produkte überwiegend digital oder telefonisch abgeschlossen. „Der Großteil der Makler und Ausschließlichkeitsvertreter nutzen die Möglichkeit, die Tierkrankenversicherung oder die Tier-OP-Versicherung zu beantragen“, bestätigt Bussert.

„Außerdem ist es mit der Tiergesundheit wie mit der Gesundheit des Menschen: Sie ist nicht planbar.“

Eric Bussert

Vema-Vorstand Neder hält eine Beratung angesichts der Komplexität der Produktgattung für sinnvoll. Natürlich lasse sich die Tierkrankenversicherung rein digital vertreiben – wie nahezu alle Komposit-Sparten. „Wie bei allen Sparten gelingt dies je nach Komplexität des Produkts für den Kunden besser oder schlechter“, so Neder. Leider seien die Kunden über Jahrzehnte auf „Geiz geil ist“ konditioniert worden, was dazu führe, dass sich der Versicherungslaie oft aus den falschen Gründen für einen Tarif entscheide. „Die Erfahrung zeigt, dass man sich nicht lange mit den Details befasst und dadurch erst im Leistungsfall erfährt, was man da abgeschlossen hat, beziehungsweise eher erfährt, was man nicht abgeschlossen hat. Dass ein Tarif 20 Euro kostet und ein anderer 90, lässt die Alarmglocken auch nicht schrillen, um dieses Dilemma zu vermeiden“, kritisiert Neder.

Es sei die Aufgabe eines Vermittlers, aufzuklären, den nötigen Bedarf auszuloten und geeignete Tarife vorzustellen. Nur so bekomme man, was man suche und vermeide negative Erfahrungen bei der Erstattung. „Vergessen wir nicht: Die Beratung durch einen Versicherungsmakler verursacht keine zusätzlichen Kosten und ist im Preis bereits enthalten. Wie schlau wäre es da, auf diesen Service zu verzichten?“, resümiert der Vema-Vorstand.


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