Tierseuchen: Wann der Staat einspringt – und wann nicht

Blauzungenvirus
Foto: Picture Alliance
Ein Schaf mit Blauzungenkrankheit bei einem Viehzüchter

Blauzungenkrankheit, Afrikanische Schweinepest und Vogelgrippe: In Deutschland grassieren gleich mehrere Tierseuchen. Die R+V rechnet mit Schäden in Millionenhöhe – nicht alle übernimmt der Staat.

„Die Blauzungenkrankheit breitet sich derzeit explosionsartig in Deutschland aus“, sagt Carsten Reimer, Agrarexperte bei der R+V. „Bei uns gehen täglich neue Schadenmeldungen ein.“ Die anzeigepflichtige Tierseuche trifft Wiederkäuer wie Rinder, Schafe und Ziegen. „Die feuchtwarme Witterung in diesem Sommer befeuert die Mückenpopulation und damit die Ausbreitung der Blauzungenkrankheit“, erklärt er. „Wir rechnen mit einem ähnlich schlimmen Ausmaß wie bei dem Seuchenzug von 2007/2008.“ Damals wurden in Deutschland rund 26.000 infizierte Wiederkäuer registriert, die R+V verzeichnete bei ihren Kunden in der Ertragsschadenversicherung einen Gesamtschaden von 14 Millionen Euro. Beim aktuellen Seuchenzug erwartet der Versicherer Schäden in einer vergleichbaren Größenordnung. Eine staatliche Entschädigung gibt es nicht.


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Gleichzeitig breitet sich in Deutschland die Afrikanische Schweinepest (ASP) weiter aus, speziell in Hessen und inzwischen auch in Rheinland-Pfalz sowie in Baden-Württemberg. „In Hessen gibt es vergleichsweise wenige auf Schweine spezialisierte Landwirte. Infiziert sich eines der Tiere, muss aber gleich der ganze Bestand des Hofes getötet werden“, sagt Reimer. In diesem Fall gibt es staatliche Ausgleichzahlungen. Für die übrigen Schweinehalter im Sperrbezirk geht der Erlös für Schlachttiere gegen Null und die Landwirte müssen die zusätzlichen Kosten für Blutproben und Transport tragen. Diese Einbußen werden nicht durch den Staat aufgefangen. Gravierende Folgen hat ein ASP-Ausbruch auch auf den Ackerbau. In den Sperrzonen gelten strenge staatliche Auflagen. „Säen, düngen, ernten – all das wird dort eingeschränkt oder sogar verboten“, erläutert er. „Das trifft die Bauern und Winzer in der Haupterntezeit.“ Es gibt zwar staatliche Entschädigungen, oft dauert es aber lange, bis die Gelder fließen.

Ein kurzes Aufatmen gibt es derzeit bei der Vogelgrippe. Die R+V registriert aktuell kaum Schäden bei Geflügelhaltern – erstmals seit mehreren Jahren. „Seit Oktober 2020 wurden uns fast durchgängig Fälle von Geflügelpest gemeldet. Insgesamt verzeichnen wir für diesen Zeitraum Schäden in Höhe von 36 Millionen Euro bei unseren Versicherten“, erläutert Reimer. „Das ist eine ungewöhnliche Entwicklung, denn eigentlich konzentriert sich die Geflügelpest auf das Winterhalbjahr.“ Für die Vogelgrippe-Saison 2023/2024 verzeichnete die R+V einen Gesamtschaden von über sechs Millionen Euro bei ihren Kunden. „Wie in den vergangenen Jahren wird die Vogelgrippe auch in diesem Herbst wieder in Deutschland aufflammen“, erwartet er.

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