Tokenisierte Kapitalanlagen: Die Blockchain macht’s möglich

Nicht alle halten dafür Token für notwendig. So sagt Fondsbörse-Chef Gadeberg: „Mir haben sich die Vorteile von Token in unserer Branche gegenüber herkömmlichen Datenbanken noch nicht vollständig erschlossen“. Die elektronische Zeichnung und Übertragung von Anteilen sei auch ohne Blockchain und kryptografische Verschlüsselung auf herkömmlichem Weg einfach und sicher – sofern die Anbieter endlich die Digitalisierung ihrer Prozesse in den Griff bekämen.

Neue Online-Plattform ohne Token

Zudem sei auch die Verwahrung der Token nicht so sicher, wie es oft dargestellt werde und das zugrundeliegende Geschäft sei unabhängig von der „Verpackung“ ohnehin analog, also etwa Bau und Instandhaltung von Immobilien.

Das sieht Jürgen Mertens ähnlich. Er ist Vorstand der Achtstein Invest AG, die mit einer gleichnamigen Online-Plattform neu an den Markt geht. Sie hat Anfang März ihr erstes Projekt angekündigt: Die Finanzierung von Doppelhaushälften in Mönchengladbach. Die Emission erfolgt über klassische Nachrangdarlehen mit einer festen Verzinsung von bis zu sieben Prozent. „Zunächst einmal wollen wir ein Produkt ausgeben, welches von unseren Kunden problemlos verstanden wird“, antwortet Mertens auf die Frage, warum er sich gegen Token entschieden hat.

„Das Thema Blockchain und Tokenisierung beobachten wir derzeit mit Interesse“, so Mertens. „Zu einem späteren Zeitpunkt, nach einer erfolgreichen Etablierung von Achtstein Invest am Markt, könnte auch diese Anlageform für uns interessant werden. Im Moment sind wir noch skeptisch gegenüber dem Hype und glauben, dass Token für viele Kunden schlicht zu undurchsichtig ist. Sicherheitsbedenken aufgrund von Hackerangriffen sind zudem aus unserer Sicht nicht gänzlich ausgeräumt“, sagt er.

Dafür, dass Blockchain und Token mehr sind als nur kurzlebige Modeerscheinungen, spricht indes auch die Aktivität der Politik. So verabschiedete das Bundeskabinett schon im September 2019 die „Blockchain-Strategie der Bundesregierung“. Demnach will sie unter anderem „das deutsche Recht für elektronische Wertpapiere öffnen“.

Gesetzentwurf für elektronische Wertpapiere auf offene Fonds ausgeweitet

Ein erster Gesetzentwurf folgte im Oktober 2020. Darin waren im ersten Schritt nur Inhaberschuldverschreibungen rein digital, also ohne die Papierform, vorgesehen. In dem Entwurf, den die Regierung kurz vor Weihnachten verabschiedet hat, wurde dies auch auf Sondervermögen ausgeweitet. Also auf die Milliarden Euro schwere Branche der offenen Investmentfonds. Geschlossene Investmentvermögen, also AIFs, sind als elektronische Wertpapiere hingegen weiterhin nicht vorgesehen.

Damit erhalten die Plattform-Emissionen eine sichere rechtliche Basis und die Tokenisierung wird auch offene Fonds erfassen. Publikums-AIFs hingegen bleiben außen vor. Das ist wohl zunächst kein großer Verlust. Schließlich kämpft die Branche noch immer mit der herkömmlichen Digitalisierung bei Zeichungsprozessen, Anlegerverwaltung und Kommunikation.

Doch das Gesetz zur Einführung elektronischer Wertpapiere wird den Druck erhöhen, hier voranzukommen. Denn sonst ist ein weiteres Konkurrenz-Segment demnächst bei der Digitalisierung vielleicht nicht nur einen, sondern gleich zwei Schritte voraus.

Stefan Löwer, Cash.

Dieser Artikel stammt aus dem Special Digitalisierung in der aktuellen Cash.-Ausgabe 4/2021

Fotos: Exporo, Fondsbörse, Finexity

1 2 3 4Startseite
Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments