„Die Aussichten sind nicht so schlecht, wie uns die energieintensive Wirtschaft weismachen will, aber sie sind auch nicht besonders rosig“, sagte Feld, im Hauptberuf Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg und Leiter des dort ansässigen Walter Eucken Instituts. Problematisch sind demnach vor allem die für Deutschland besonders wichtige Automobilbranche und die energieintensive Chemieindustrie. Zudem leide die export-orientierte deutsche Wirtschaft unter anderem durch die aktuelle Schwäche Chinas.
Für 2023 ist demnach ein negatives Wachstum der Wirtschaft zu erwarten, und auch für 2024 haben alle wesentlichen Institute und Institutionen die Prognose für Deutschland reduziert. Sie bleibt aber durchweg positiv, wenn auch teilweise nur unter ein Prozent Wachstum des Bruttoinlandsprodukts im kommenden Jahr. „Es droht demnach kein schwerer Einbruch, es ist aber nicht so richtig erkennbar, wo die Dynamik herkommen soll“, so Feld.
Die Erwartung, dass die Inflation schon 2024 unter drei Prozent fallen wird, rücke zudem „weiter in die Ferne“, sagte Feld. Als Gründe führte er die zuletzt hohen Lohnabschlüsse und -forderungen und entsprechende Zweitrundeneffekte durch Weitergabe der erhöhten Kosten über die Preise an die Kunden sowie die Unsicherheit bezüglich des Ölpreises durch den neuen Krieg in Nahost an. Man müsse daher davon ausgehen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) zur Bekämpfung der Inflation „mit den Zinssteigerungen noch nicht am Ende ist“, so Feld bei seinem Vortrag am Mittwoch, also unabhängig von der heutigen Entscheidung der EZB, den Zins zunächst unverändert zu lassen.
Industriestrompreis keine „Brücke“, sondern nur „Steg“
Neben den externen Herausforderungen gibt es auch diverse hausgemachte Defizite. Dazu zählen unter anderem im internationalen Vergleich hohe Unternehmenssteuern, weiter gestiegene Bürokratiekosten und die hohen Strompreise für die Industrie.
Einem subventionierten Industriestrompreis erteilte Feld dennoch eine Absage. „Das wäre keine Brücke, sondern nur ein Steg“, sagte der Ökonom. Der Markt-Strompreis ist seit seinem Höhepunkt Mitte 2022 wieder deutlich zurückgegangen und war auch schon vor Beginn des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 spürbar gestiegen. Der Strompreis wird daher voraussichtlich dauerhaft nicht weiter unter das aktuelle Niveau sinken, prognostiziert Feld.
Wenn der Steg, also der subventionierte Preis, nach einiger Zeit ende, werde die Industrie demnach das gleiche Problem haben und die gleichen Forderungen stellen wie heute. „Der Industriestrompreis wird dann zu einer Dauersubvention in der Größenordnung von zehn Milliarden Euro pro Jahr“, sagte Feld. „Das ist nicht tragbar.“ Spielraum sieht er lediglich bezüglich einer Senkung der Stromsteuer auf EU-Mindestniveau sowie bei den Netzentgelten.
Generell sei die Transformation der Wirtschaft weg von fossilen Energieträgern nur über einen international abgestimmten CO2-Preis möglich, so Feld. Das von der Bundesregierung angenommene Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren Energien sei aber ohnehin nicht realistisch.